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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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mit Kerzen. Gemütliche alte Sessel luden zum Sitzen ein.
Zur Linken eine Musikanlage mit vielen CDs mit klassischer Musik. In einem
Hotel konnte es nicht schöner sein. Dahinter ein sehr großer Schlafsaal mit
vielen Betten, sehr gute Duschen und Toiletten. Wir konnten uns unsere Betten
sogar aussuchen. Wir nahmen die letzten an der Wand. Der Vorteil, man hat nicht
links und rechts neben sich Rhinozerosse, auch wenn in der Nacht jemand zur
Toilette geht, kommt er nicht an uns vorbei. In einem großen Schlafsaal ist
dies ein sehr großes Problem. Entweder macht der Betreffende laut die Türe zu
und man wird wach, oder er lässt die Türe offen stehen und man hört jedes Mal
wie der Spülkasten voll Wasser läuft. Helga hatte ihr Bett oben bekommen und
legte sich hin. Nun aber schnell ausgezogen, alles mitgenommen zum Rasieren und
Zähneputzen und unter die Dusche. Wie schnell ich doch mit 66 Jahren noch bin!
Oh Schreck, jetzt bin ich gründlich gesäubert und habe mein Handtuch vergessen.
Alt und blöde, manche können damit leben, ich nicht! Wie gut, dass ich bei
vielen Sachen mein Rundumsorglospaket bei Helga gebucht habe! Schnell noch
meine Wäsche gewaschen und in die Sonne gehangen. Alles ist getan, ich habe nun
Zeit an meinen Buch zu schreiben. Ich kaufte mir beim Herbergsvater zwei
Flaschen Wein, eine für mich, weil es sich trocken nicht so gut schreiben lässt
und eine für Helga. Ich frage nach der Uhrzeit des Abendessens, um 19:00 Uhr
war seine Antwort, meine Mutter hat schon alles vorbereitet. Als ich meiner
Mitpilgerin die Weinflasche brachte war sie nicht sehr erfreut, es war Vino
Tinto — einen trockenen Wein, sie liebt mehr süßen Wein, den es leider hier
nicht gab. Ich denke sie wird es überleben. Nun sitze ich hier bei bestimmt
20°C draußen im Schatten schreibe an meinem Buch. Über meinem Kopf Weinranken
und in der Anlage viele blühende Bäume. Sind es Apfelblüten? Ich weiß es nicht,
es ist auch egal, für mich ist es die schönste Albergue am Camino. Hoffentlich
kann ich diesen Satz auf unserem weiteren Weg noch öfters schreiben! Mein Herz
ist glücklich, was will ich mehr. Ich bin auch glücklich, dass wir den gesamten
Weg in den drei Wochen bis heute zu Fuß gegangen sind und dabei Menschen aus
der ganzen Welt kennen gelernt hatten. Besonders Helgas freundliches Wesen
hatte viel dazu beigetragen. Auf meinem Tisch liegen eine ganze Menge
Brotkrümel von meinem Vorgänger. Die frechen Spatzen laufen hier zwischen meine
Beine. Ein Spatz setzt sich auf einem gegenüber hängendem Ast und schaut zu mir
rüber. Plötzlich kommt er angeflogen, stibitzt einen Krümel und fliegt zurück.
Wenn ich auf schaue bleibt es sitzen, wenn ich schreibe kommt er wieder rüber.
Aus dem Wohnzimmer höre ich klassische Musik, ein Pilger verwöhnt mich damit am
Klavier beim Schreiben. Leider höre ich auch schon seit zwei Stunden die
Eheprobleme zweier deutscher Pilger welche hinter mir sitzen. Auch höre ich vom
gegenüber liegenden Kirchturm das Geklapper der Störche. Hier in diesem Haus
müsste man eine Woche Urlaub verbringen können. Leider ist alles nur für einen
Tag. Zwischenzeitig habe ich einmal nach meiner Wäsche geschaut, sie war
trocken und liegt nun auf meinem Bett. Nachher werde ich sie wieder in Zipptüten
wasserdicht verstauen. Ein Blick auf meine Uhr, es ist Zeit zum Abendessen.
Meine Mitpilgerin im Schlafraum geweckt, unser Speisesaal war im Haupthaus in
der ersten Etage. Die Mutter des Hospitalero stellte große Suppentöpfe,
Brotkörbchen und Weinflaschen auf den Tisch. Schnell den Teller gut gefüllt
bevor der Topf leer ist. Wir waren mit Mutters Kochkünsten sehr zufrieden.
Leider gab es für Helga wieder Vino Tinto. Sie verzog schon den Mund, einen
guten süßen Wein hätte sie lieber gehabt. Auf einmal hatte sie etwas
ausgespäht, es gab auch noch eine andere Suppe. Die davor sitzenden Pilger
hatten scheinbar daran kein Interesse. Schnell gefragt, wir bekamen den Topf
und hatten noch einen leckeren Teller Blumenkohlsuppe. Als Hauptgericht gab es
gebackenen Fisch mit Salat. Als Nachtisch wie so oft Karamellpudding. Da sie
ihn nicht mag, bekam ich ihn noch dazu. Welch ein Festtag für mich. Vollpension
mit Nachschlag dank Helgas Aufmerksamkeit. Bettruhe war um 21:00 Uhr. Leider
war die Nacht um 3:00 Uhr für mich beendet. Ich hatten zwei Rhinozerosse neben
mir bei ihrer Schnarcharbeit. Ich kann nicht verstehen, dass Helga dabei weiter
schlafen kann.

Boadilla
del Camino — Carrión de

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