Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
Vom Netzwerk:
nach Hause nehmen. Kaum eine habe ich fotografiert. Das erste, was
einem auf dem Weg schmerzt sind die Knie. Da kommt man nicht mehr auf die Idee
sich zu bücken. Heute, sage ich schon, sollte ich noch einmal einen anderen
Camino gehen, werde ich kürzere Etappen gehen und mir noch mehr Zeit lassen und
noch mehr den Weg genießen. In meinem Alter braucht man sich doch nichts mehr
zu beweisen. Ich habe alles im Leben erreicht, was ich mir vorgenommen hatte,
was will ich mehr? Kurz vor El Burgo Ranero überholten wir eine sehr große
Gruppe Heuschrecken. Es waren bestimmt 25 Personen. Wo die einfallen hat ein
alter Pilger keine Chance mehr. Wir waren schneller und bekamen in der Albergue
»Domenico Laffi« zwei Betten. Sie hatte nur 26 Betten. Sie ist eine der
gelungensten und elegantesten Herbergen am Pilgerweg. Der Schlafraum im
Obergeschoss hat freien Blick bis zur Dacheindeckung. Die Wände sind aus Lehm
und durch nach oben offene Trennwände hat man kleine Nischen mit jeweils 6
Betten geschaffen. Man hört zwar jedes Knarren der Betten in der Nacht und auch
die Schnarcher in jeder Zelle, aber ich finde es hier sehr romantisch. Leider
waren die Duschen und Toiletten nicht auf der Ebene der Schlafräume. Wir waren
sehr spät angekommen. Keine Zeit für eine ganze Flasche Wein. Ein kaltes
Amstelbier wird mich beim schreiben unterstützen. Kurz vor der Herberge hatte
ein herrlicher Esel am Rande gestanden. Helga konnte nicht daran vorbeigehen,
ohne ihn zu begrüßen und zu drücken. Ihre Tierliebe ist unvorstellbar. Jede
Katze, welche wir auf unseren Wegen antreffen, versucht sie zu streicheln.
Kommt ein verbittert aussehender Mann mit einem Hund, schon geht sie auf ihnen
zu und streichelt den Hund. »Hast du gesehen wie der Mann auf einmal lächelte.
Über die Liebe zum Tier bekommst du Kontakt zu jedem Menschen.« Neben dem Esel
stand eine zweirädrige geschmückte Karre mit vielen Plastikblumen, darauf ein
Plastikstuhl. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen. Da hättet ihr einmal
Helga hören sollen, du könntest hier den Esel ersetzen, alt, grau und viele
Gehirnzellen abgestorben. Das sieht doch jeder, dass hier einer seinen
Junggesellenabschied feiert. Herrlich so etwas hier zu erleben. Aber es sollte
ganz anders kommen. Es gab schräg gegenüber der Albergue zwei Restaurants. Im
rechten hatte ich für uns das Abendessen ab 19:00 Uhr bestellt. Es machte einen
sehr gepflegten Eindruck. Im linken, welches nicht so gepflegt aussah setzte
plötzlich sehr laute Musik ein. Es war schon mehr als Straßenlautstärke. Der
Wirt hatte die Verstärkeranlage vor seinem Eingang aufgebaut und ein Möchtegerncaruso
sang ununterbrochen seine Lieder. Von wegen ein Junggesellenabschied mit vielen
Freunden. Nur eine Handvoll Jugendliche brach immer lauter in Begeisterungsrufe
aus. Zwei Stunden habe ich im rechten Restaurant gesessen und an meinem Buch
geschrieben. Auf der linken Seite ein lauter Fernseher, rechts die laute
Musikbox, in der Mitte viele Spanische Pilger, welche sich sehr laut
unterhielten. Draußen eine Musik auf Dorflautstärke. Heiliger Jakobus beschütze
mich! Am Nebentisch saß ein Pilger und schrieb genau so wie ich in seinem Heft.
Ein kurzer Blick mit schmunzeln, ein Kopfschütteln, damit müssen wir leben.
Diese Menschen haben eine ganz andere Mentalität wie wir. Wir sind leider viel
zu sehr materiell eingestellt. Mir ist es zu laut, besser ich mache einen
Rundgang durchs Dorf. Das erste Stück hatte heute nicht sehr einladend
ausgesehen. Wie immer einen Blick zum Kirchturm. Drei Storchennester gab es
dort und die Störchenväter flogen ununterbrochen, um alle zu füttern. Manche
Nester sind über 1,5 m hoch. Jedes Jahr kommen wieder etliche Zentimeter dazu.
Kurz vor 19:00 Uhr gingen wir noch schnell für den morgigen Tag alles einkaufen
danach zum Abendessen. Leider sprach die Wirtin kein Englisch, sie rasselte
alles so schnell auf Spanisch runter, dass wir kaum etwas verstanden. Gerne
hätten wir als Vorspeise Spaghetti gehabt, sie wollte es nicht verstehen, so
bestellten wir eben Suppe. Nachher sahen wir, dass andere sie bekamen. Unsere
Suppe war eine warme grüne Brühe, welche nach nichts schmeckte. Als Hauptgericht
gebratene Dorade, oh mein Gott nur nicht schon wieder Fisch. Leider gab es
nichts anderes. Als Nachtisch wie fast immer Karamellpudding, mein Leibgericht.
Unser Pilger von gestern, welcher mir einen guten Rat gegeben hatte, setzte
sich zu uns am Tisch und meinte, er wäre klüger gewesen

Weitere Kostenlose Bücher