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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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Pfad,
so still ist mir zumut, es dunkelt mir sich jeder Weg und jedes Wetter gut.
     
    Wohin mein Weg mich führen mag,
der Himmel ist mein Dach.
     
    Die Sonne kommt mit jedem Tag,
die Sterne halten Nacht.
     
    Und kam ich früh und kam ich
spät ans Ziel das mir gestellt, verlieren kann ich mich doch nicht, oh Gott aus
deiner Welt.
     
    Joseph von Eichendorf
     
     
    Ich fand
diese Sätze so wunderbar, dass ich mir vorgenommen habe, mir von diesem
bedeutenden Lyriker ein Buch zu kaufen. Deutsche Pilgereintragungen in diesem
Gästebuch sind sehr selten. Ich denke wir sind einfach zu faul dazu. Pilger aus
aller Welt haben sich eingetragen. Ein Pilger aus Kirgistan, einer aus Korea.
Leider kann ich diese gestochen schöne Schriftzeilen nicht lesen. Ein Eintrag
von einem Pilger aus Hongkong. Gibt es dort auch Katholiken? Ein weiterer
Pilger aus Japan. Die letzte Eintragung von gestern war ein Pilger aus
Argentinien. Es ist nun kurz nach 14:00 Uhr, mal sehen ob meine Mitpilgerin
Lust hat, mit mir einen kleinen Stadtbummel zu machen? Leider ging der Bummel
nur bis zum ersten Kiosk, er hatte geschlossen und öffnete erst um 17:00 Uhr.
Man sah keine Einheimischen auf der Straße, nur Pilger auf ihrem Weg zu den
Albergues. »Ich habe keine Lust durch einen toten Ort zu gehen«, sagte sie mir.
»Dann gehe ich lieber zurück und wasche mir meine Haare.« So schaute ich mir
den Ort alleine an. Noch mal zurück über diese herrliche alte Brücke. Die
Renovierung muss eine Unsumme Geld kosten. Als letzte Schicht auf der
Lauffläche werden dicke Kieselsteine eingesetzt. Wenn sie ganz fertig ist, wird
sie bestimmt die schönste Brücke am Camino sein. Auf dem Kirchturm nisten vier
Storchenpaare. Alle haben mehrere Jungvögel. Wie gerne hätte ich sie bei der
Fütterung beobachtet, aber dieses Glück blieb mir verwehrt. Auch nicht schlimm,
ich werde auch nicht gerne beim Essen beobachtet. Ich ging zurück und schaute
mir den Ortsausgang zur anderen Seite an. Hier sind für morgen zwei
Wegealternativen ausgeschildert. Geradeaus geht es 16 km neben der N 120 nach
San Justo de la Vega, rechts runter 17 km durch die Natur. Wir werden den
rechten Weg nehmen, der N 120 möchten wir am liebsten nicht mehr begegnen.
Zurück in der Herberge setzten wir uns in der Bibliothek und trafen dort ein
englisch sprechendes Ehepaar an. In den letzten Tagen hatten wir uns schon
öfters gesehen und gegrüßt. Ich schätzt beide in meinem Alter. Der Mann war
eine Frohnatur. Nun haben wir Zeit, uns gemeinsam zu unterhalten. Als Helga ihm
sagte er würde wie Joe Cocker aussehen, nur etwas besser, sprang er auf und
sang ein Lied von ihm. Wir haben Tränen gelacht. Das Ehepaar hieß Helen und
Terry Guest und sie kamen aus Australien. Wir wollten natürlich von ihnen
wissen, wie sie an den Jakobsweg gekommen wären? Helen hatte ein Buch über den
Camino Francés gelesen und war von ihm fasziniert. Die Liebe zu diesem Weg war
geboren. Viele Wochen im Internet hatte dies alles noch verstärkt. Sie wollten
zum Grab des Apostels Jakobus pilgern. Über Dubai waren sie nach Spanien
geflogen und waren restlos begeistert von diesem Weg und den Kontakten mit
Menschen aus aller Welt. Wir hatten ein sehr schönes Gespräch und hoffen, sie
noch oft auf unserem Weg zu begegnen. Unser Abendessen in einer Pizzeria war
leider sehr enttäuschend. Um 21:00 Uhr begann unsere Bettruhe.

Hospital de Órbigo — Astorga
     
    17,5
km, 190 m Aufstieg, 90 m Abstieg
    Sonntag den
15. Mai 2011
     
     
    S chon vor
6:00 Uhr waren die ersten gegangen und hatten mich geweckt, nur meine
Mitpilgerin schlief den Schlaf des Gerechten. Um 6:30 Uhr wurde es auch für sie
Zeit, wir waren fast wieder die Letzten. Nachdem unsere Sachen verpackt waren
ging es zum Frühstücksbüffet. Zwei Frauen standen draußen auf der Terrasse und
rauchten. Als sie rein kamen brachten sie eine sehr große Kälte mit. Was war
das, wir hatten den 15. Mai. Als wir losgingen waren wir sehr überrascht, es
hatte in der Nacht gefroren, alles war weiß vom Raureif. Die Berge in der Ferne
hatten alle eine weiße Mütze bekommen. Unser Weg war auf den ersten beiden
Kilometer sehr schlecht. Wir konnten von Glück sagen, dass wir trockenes Wetter
hatten. Bei Regen hätten wir bestimmt Schwimmflügelchen nötig gehabt. Aber er
hatte auch für uns noch viele schöne Überraschungen für uns. Nach 45 Minuten
erreichen wir mit blauen Fingern von der Kälte Villares de Órbigo, wo wir uns
in der privaten Albergue noch einen

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