Wir beide nahmen die Muschel
hatten
Unbekannte dieses Kreuz innerhalb von drei Wochen drei Mal abgesägt. Der
Herbergsvater von Manjarín hat es immer wieder aufrichten lassen. Also gibt es
nicht nur bei uns Verrückte! Sehr lästig sind hier am Cruz die vielen
Heuschrecken. Sie werden hier mit Bussen hin gekarrt, rauf zum Cruz, Fotos
geschossen, rein in den Bus zur nächsten Sehenswürdigkeit. Wenn wir ihnen begegnen,
schütteln wir nur mit dem Kopf. Für uns geht der Weg weiter, zusammen wandern
wir abwärts Richtung Manjarín. Der Himmel ist drohend bewölkt und wir haben zur
linken Seite atemberaubende Ausblicke in die Berge der Sierra Teleno. Jeden Tag
erfreuen wir uns an dem Gesang der Vögel, aber heute fand ich ihn besonders
schön. Manchmal fliegt ein Storch über unseren Köpfen, um für seine Familie in
einem nahen Tümpel Frösche zu fangen. Millionen von wilden Blumen sehen wir auf
unserem Weg, besonders viel weißen Ginster. Er erreicht manchmal eine Höhe von
vier Metern, oh Natur wie bist du schön! Heute sind wir dem Himmel ein ganzes
Stück näher gekommen! Aus voller Brust schmettere ich das Halleluja gegen die
dunklen Wolken, es war wie eine Befreiung meiner Seele. Wir passieren am
Wegesrand das Kreuz eines Pilgers, welcher im Jahre 2005 im Alter von 77 Jahren
hier zu Tode kam. Wie viele von diesen Gedenkstätten haben wir auf unseren 560
Kilometer schon zu Gesicht bekommen? Viele Pilger legen dort einen Stein ab. Ich
denke an so einer Stelle still über mein vergängliches Leben nach. Nach einer
halben Stunde erreichen wir Manjarín. Dieser Ort wurde schon 1180 schriftlich
erwähnt. Heute ist er bis auf einem Haus verfallen. In diesem betreibt Tomás
eine ganz einfache Albergue mit zwanzig Betten mit Namen »De Los Templarios«.
Er ist ein sympathischer Aussteiger, und wie er von sich selbst behauptet, der
letzte Tempelritter am Camino. Im Jahre 1993 war er auf einer Pilgerreise nach
Santiago hier hängen geblieben. Die Hygiene bei ihm ist einfach mangelhaft und
nicht jedermanns Sache. Wenn man bei ihm übernachtet, muss man sich am Brunnen
waschen. Das Plumpsklo steht in einem Toilettenhäuschen ohne Abspülung auf der
Wiese. Neuerdings gibt es sogar Solarstrom und eine Satellitenschüssel, leider
aber keine vernünftige Sanitäreinrichtung. Bei Nebel läutet er regelmäßig eine
große Glocke, damit jeder auch seine Herberge findet. Jeden Tag werden hier
noch die Rituale der Tempelritter aufrecht gehalten. Wer hier nicht einkehrt,
war nicht auf dem Weg nach Santiago. Um meinen Körper nicht zu schädigen, habe
ich nur eine Dose Cola getrunken. Als Andenken kaufte ich mir einen Armreifen
mit dem Pfeil des Caminos. Terry und Helen wollten noch etwas bleiben und so
gingen wir allen weiter. Der Geröllweg stieg wieder an und nach anderthalb
Stunden erreichten wir die höchste Stelle. Von hier oben sahen wir in das weite
Tal des Río Sil in ca. 20 Kilometer Entfernung Ponferrada liegen. Diese Stadt
wird hoffentlich morgen unser Ziel sein. Unser Weg ging nun sehr steil nach
unten und das zweieinhalb Stunden lang. Diese Strapaze werde ich so schnell
nicht vergessen. Es wurde uns alles, aber auch wirklich alles abverlangt. Jeder
Schritt in der nun sehr warmen Mittagssonne musste überlegt gesetzt werden.
Soviel Geröll kann es doch eigentlich gar nicht geben. Der Weg zur Linken ist
atemberaubend. Wie steht in unserem Pilgerführer, die Landschaft ist wie in
Tibet. Die Information ist falsch, wir sind nicht mehr auf dem Camino, wir sind
in Tibet auf dem Dach der Erde. Hoffentlich ist der Weg bald zu Ende, sagen
meine Füße. Hoffentlich endet der Weg niemals, sagt meine Seele. Nach einer
Stunde ging nichts mehr. Mit schmerzenden Gliedern haben wir uns am Straßenrand
hingesetzt. Viele hatten die Asphaltstraße vorgezogen und hatten es bestimmt
einfacher gehabt. Mir war diese Straße zu gefährlich. Vom Gipfel bis nach
Ponferrada hat die Straße auf einer Länge von 20 Kilometer ein Gefälle von fast
tausend Metern. Die Radpilger rasen ohne Rücksicht auf die Fußpilger zu nehmen
den Berg hinunter und es kommt in jedem Jahr auf dieser Strecke zu schlimmen
Unfällen. In El Acebo neben der Friedhofsmauer mahnt ein »Marterl« in der Form
eines Fahrrades an den Tod des deutschen Radpilgers Heinrich Krause, der auf
der steilen Abfahrt tödlich verunglückte. Wir beide hatten uns geschworen,
diesen Geröllweg bis zum bitteren Ende zu gehen und haben es auch durchgeführt.
Ich bin sehr stolz auf meine Mitpilgerin, welche niemals in all
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