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Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Titel: Wir haben Sie irgendwie größer erwartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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ein bißchen Arbeitseifer zu zeigen.«
    »Na gut«, erwiderte Gedanke. »Dann fangen wir eben wieder von vorn an.«
     
    Nach einer Weile fiel Malcolm auf, daß er Floßhilde schon seit dem Ende des Sturms nicht mehr gesehen hatte. Im Hinterkopf regte sich bei ihm der Gedanke, daß es jetzt, da Ortlinde nicht mehr existierte, eigentlich für ihn an der Zeit wäre, die nächstbeste Möglichkeit zu ergreifen. Doch diesen Instinkt entlarvte er sogleich als solchen und strich ihn bewußt aus dem Kopf. Es handelte sich nur wieder um den alten Malcolm-Fisher-Instinkt, der ihm bereits die unglückliche Liebe eingebrockt hatte. Mit dem allem war er jetzt fertig. Natürlich wußte er, daß es noch so etwas wie Liebe gab und man ihr unmöglich ausweichen konnte und das auch gar nicht erst versuchen sollte, wenn sie einen, wie anscheinend die meisten Leute, zufällig erwischte. Aber man kann eben nicht einfach losziehen und sie suchen, denn Liebe ist nicht so leicht zu fassen wie irgend etwas Stoffliches. Die Redewendung ›Mich hat es voll erwischt‹ war nach seinem Dafürhalten äußerst treffend. Liebe ist etwas, in das man mit Karacho hineinbraust wie in ein Schlagloch. Der Vergleich ist sogar ziemlich genau. In seinem Fall hatte er jedoch das Glück oder Pech gehabt, nicht in die Liebe zu brausen, sondern in einen Dachs, und da er nur höchst selten Unfälle baute, würde er wahrscheinlich keine weiteren glücklichen Zufälle mehr erleben. Was Floßhilde anging – nun ja, seit dem Ende der Walküren war sie zwar offiziell eine der drei schönsten Frauen der Welt, aber nach dem äußeren Erscheinungsbild urteilen nur oberflächliche Menschen. Malcolm konnte ja selbst eine viel schönere Frau als Floßhilde sein, indem er einfach dem Tarnhelm den entsprechenden Befehl erteilte, obwohl es ihm unwahrscheinlich schien, dazu jemals wirklich den Wunsch zu verspüren. Daß Floßhilde ein Wassergeist war, spielte überhaupt keine Rolle. Schließlich war er nun selbst ein Held, der von Erda und einem inzwischen nicht mehr existierenden Gott abstammte, und er bezweifelte doch sehr, daß seine Herkunft einen Einfluß auf seinen Charakter oder sein Verhalten haben könnte. Wotan, Erda und alle anderen waren seine Verwandten, das wurde ihm auf einmal bewußt. Wenigstens erklärte das, warum er sich vor ihnen gefürchtet und solche Schwierigkeiten im Umgang mit ihnen gehabt hatte.
    Bei dieser Vorstellung mußte Malcolm lächeln. Familie ist immerhin Familie, und er hatte gerade den größten Teil seiner Verwandtschaft ausgelöscht. Nun war er auf sich allein gestellt, und das war in Anbetracht seines unglücklichen Vorgängers wahrscheinlich gar nicht mal so schlecht. Es wäre geradezu töricht gewesen, jetzt, da das Schicksal der Welt allein von ihm abhing, auf Brautschau zu gehen. Schließlich ist geteiltes Leid doppeltes Leid.
    Trotzdem fragte sich Malcolm, wo Floßhilde wohl steckte. Anscheinend waren alle seine Bekannten und Verwandten verschwunden, und einen Augenblick lang geriet er in leichte Panik. Er setzte sich auf die Treppe und versuchte, in aller Ruhe nachzudenken, was ihm zu seiner großen Erleichterung ohne große Schwierigkeiten gelang.
    Wotan, überlegte er, war ins eine Extrem gefallen und Ingolf ins andere. Der eine hatte sich in einem lauten und nervtötenden Haushalt verfangen, der ihn klammheimlich in den Wahnsinn getrieben hatte. Der andere hatte sich in seinem Bau zusammengekugelt und es zugelassen, daß die Welt durch die Schuld seines dahindämmernden Unterbewußtseins in das zwanzigste Jahrhundert mit allen unerfreulichen Konsequenzen geschlittert war. Er, Malcolm, suchte hingegen die goldene Mitte zwischen diesen beiden Extremen. Insbesondere zog er dabei sorgfältig Erdas Worte in Betracht. Er stand auf und stieß einen lauten Pfiff aus. Zu seiner Überraschung geschah nichts, doch dann bemerkte er seinen Fehler und ging in den Salon. Dort kauerten die beiden Raben bereits auf der Fensterbrüstung.
    »Ist alles in bester Ordnung«, meldete Gedanke, nachdem Malcolm die beiden Raben durchs Fenster hereingelassen hatte. »Die Götter sind alle verschwunden.«
    »Bis auf Loge«, fügte Gedächtnis hinzu. »Er hat uns sämtliche toten Schafe versprochen, wenn wir dir nichts von seiner Existenz berichten, aber wir haben gedacht …«
    »Gegen Loge habe ich ja gar nichts«, unterbrach ihn Malcolm. »Aber wie kommt es eigentlich, daß er nicht zusammen mit den anderen verschwunden ist?«
    »Darüber war er selbst

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