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Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Titel: Wir haben Sie irgendwie größer erwartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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sollte man keine Zeit und Gelegenheit versäumen.
    »Jetzt vergiß endlich diesen ganzen Mist!« sagte er. Linda schreckte hoch. »Komm, wir gehen los und kaufen einen Ring.«
    Malcolms Vorschlag hatte eine tiefe Stille unterbrochen, und auch danach war kein Laut zu hören. Malcolm hatte das Gefühl, Selbstgespräche zu führen. So wurde das nie was.
    »Komm schon!« bat er. »Wenn es denn unbedingt sein muß, kannst du das doch später erledigen. Es wird schon alles in Ordnung kommen.«
    Merkwürdigerweise schien Linda – im Gegensatz zu ihm selbst – verstanden zu haben, was er damit gemeint hatte. Sie lächelte (warum lachte sie eigentlich nie, sondern lächelte immer nur?) und entgegnete, ja, darauf habe sie auch Lust. Also gingen sie die Treppe hinunter, und Malcolm begab sich in die Garage, um den Wagen zu holen.
    Auf der Motorhaube saß Alberich. Er aß ein Schinkenbrötchen.
    »Wie Sie sehen, ist das mein Mittagessen«, erläuterte der Nibelung. »Abgesehen von Hummer ist das so ziemlich das Schlechteste, was ich kriegen konnte.«
    »Was tun Sie denn hier?« fragte Malcolm.
    »Ich bin direkt aus Deutschland zurückgekommen«, fuhr Alberich fort. »Ich habe euch beide eben zusammen gesehen, und da war mir sofort klar, was passiert ist.«
    »Danke.«
    »Sie wissen doch, wer dieses Mädchen ist, oder?«
    Malcolm starrte ihn an. »Natürlich weiß ich das. Sie auch?«
    »Ja, klar.«
    Malcolm runzelte die Stirn. Woher, in drei Gottes Namen, wußte Alberich, wer Linda in Wirklichkeit war? Besaß er etwa auch eine Bibliothek? Auf einmal spürte Malcolm, daß er eigentlich gar nichts davon wissen wollte. »Ich weiß alles über sie«, klärte er Alberich auf. »Wir haben uns gerade verlobt. Jetzt wollen wir nach London, um einen Ring zu kaufen.«
    »Um einen Ring zu kaufen?« fragte Alberich, der wirklich überrascht war. »Ich habe immer gedacht, das sei gar nicht nötig.«
    Diese Bemerkung verstand Malcolm überhaupt nicht, weshalb er sie für einen Witz hielt. Vielleicht regte sich in seinem Hinterkopf der Verdacht, Alberich versuche ihm etwas höchst Wichtiges mitzuteilen. Wenn das der Fall war, gelang es Malcolm allerdings hervorragend, sich nicht darum zu kümmern. Er rang sich ein höfliches Lachen ab und schloß die Fahrertür auf.
    »Warten Sie bitte!« bat Alberich.
    »Tut mir leid, ich habe keine Zeit«, entgegnete Malcolm. »Ich glaube, wir fahren am besten in die Bond Street. Da sind doch die ganzen Juweliere, oder?«
    »Warum nicht Amsterdam? Oder Johannesburg?« schlug Alberich mit ruhiger Stimme vor.
    »Weil sie das mit dem Tarnhelm bestimmt nicht versteht«, antwortete Malcolm. »Das würde ihr angst machen.«
    »Äußerst unwahrscheinlich. Wissen Sie ganz bestimmt, wer sie …«
    Malcolm startete den Motor und ließ ihn ordentlich aufheulen. Möglicherweise erzählte Alberich gerade etwas außerordentlich Wichtiges. Falls das zutraf, hörte Malcolm jedenfalls kein einziges Wort davon. Der König der Nibelungen sprang von der Motorhaube und hämmerte gegen die Seitenscheibe. Malcolm kurbelte das Fenster herunter und brüllte: »Wir sehen uns, wenn ich wieder zurück bin. Meine Haushälterin macht Ihnen bestimmt gern einen Tee.« Er ließ die Kupplung kommen und raste mit quietschenden Reifen aus der Garage.
    Alberich stand einen Moment lang ratlos da und kratzte sich am Kopf – allmählich gelangte er zu der Überzeugung, daß all seine Bemühungen reine Zeitverschwendung gewesen waren. Er hob einen Schraubenschlüssel auf, der auf dem Boden der Garage lag, und warf ihn wütend gegen die Wand.
     
    Malcolm parkte den Wagen auf der Bond Street absichtlich im strikten Halteverbot – solch ein Tag war das. Falls eine Politesse kommen und ihm einen Strafzettel verpassen sollte, könnte er ihr erzählen, er sei mit der tollsten Frau der Welt verlobt. Der ganzen Menschheit wollte er diese Neuigkeit mitteilen, und sei es nur, um es sich selbst sagen zu hören. Auf jeden Fall fühlte er sich jetzt schon viel besser, auch wenn er vielleicht etwas überspannt wirkte.
    Linda schien ebenfalls fröhlicher geworden zu sein. Eigentlich hatte sie zum erstenmal, seit Malcolm sie kannte, richtig gelacht, und diese Laute klangen in seinen Ohren über alle Maßen bezaubernd. Allerdings konnte er sich überhaupt keinen Reim darauf machen, was in sie gefahren war, denn sie benahm sich in allen Juweliergeschäften, die sie gemeinsam betraten, äußerst kindisch. So bestand sie darauf, jeden Ring anzuprobieren, der

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