»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
der einen Seite bedient, dann zieht man das Wägelchen zurück und fängt auf der anderen Seite an. Getränke und Vorspeisen werden einzeln und von Hand gereicht. In der Business-Class werden Vorspeisen und Drinks ebenfalls einzeln serviert, Salate und Desserts jedoch nur von einem gewöhnlichen und nicht von einem dreistöckigen Wagen ausgegeben.
In der Holzklasse setzten wir die Wagen für alles ein. Bei der Mehrzahl der Flüge erfolgte der Service von vorn nach hinten, manchmal jedoch funktionierte es umgekehrt viel besser. So blieb es, bis ein oder zwei Jahre später der Service von hinten nach vorn – zumindest für die Economy-Class – komplett abgeschafft wurde. Seither ist die Servicerichtung abhängig von der Flugnummer (gerade oder ungerade) und der Flugrichtung (Nord-Süd oder Ost-West). Auf kürzeren Flügen mit größeren Maschinen mussten wir den Service mit zwei Trolleys machen, sonst wurde man bis zur Landung nicht fertig. Ein Wagen ging von vorn nach hinten und einer von hinten nach vorn, bis sie sich in der Mitte trafen, um das Ganze ein bisschen zu beschleunigen. (Seit dem 11. September wird diese Methode nicht mehr angewandt, da nur sehr selten ausreichend Flugbegleiter an Bord sind, um zwei Wagen gleichzeitig durch die Economy zu schieben.) Dann gab es die Großraummaschinen mit zwei Gängen und die sogenannten Kurzstreckenflugzeuge mit nur einem Gang. Die Ausbilder trichterten uns ein, beim Service in den breiten Maschinen – der 767, der MD 11, der DC 10 und dem A300 – mit unseren Wagen so dicht wie möglich beisammenzubleiben. Das ist nicht immer leicht, weil einige Crewmitglieder nun mal schneller arbeiten als andere.
Einen Test auf einem Flugzeugtyp mit Erfolg zu bestehen bedeutete keineswegs, dass wir für den Einsatz auf einem anderen gewappnet waren. Notausgänge zum Beispiel können für ein- und für zweibahnige Notrutschen geeignet sein, direkt auf die Tragflächen eines Flugzeugs oder über die Rumpfausgänge hinausführen. Bei jedem Flugzeugtyp funktionieren die Fenster- und Notausstiegsmechanismen anders. Und selbst wenn es sich um dieselbe Maschine handelte, lauteten die Befehle, die meine Klassenkameradin an einem Fensterausstieg rufen musste, völlig anders als meine an der Tür. Geprüft wurden wir in einer nachgebauten Flugzeugkabine, die wie ein echtes Flugzeug aussah – mit dem Unterschied, dass sich die Einstiegstüren der First Class etwa acht Reihen von den Fensternotausstiegen entfernt befanden, die wiederum etwa zehn Reihen von den hinteren Einstiegstüren trennten. Das ganze Prozedere wurde noch verwirrender und komplizierter, da sich stets mindestens drei Flugbegleiter gleichzeitig beweisen mussten. Jeder von uns stand an einem anderen Notausgang und durfte sich nicht von der Stelle rühren, was die Kommunikation ziemlich schwierig machte. Wir konnten uns nur anbrüllen. Um das Ganze noch mehr zu erschweren, legten uns die Ausbilder weitere Steine in den Weg: ein plötzliches Feuer, ein Notausgang, der sich nicht öffnen ließ, eine Notrutsche, die nicht aufgehen wollte, oder ein Passagier, der sich weigerte zu springen, was eine wahre Kanonade an Befehlen und weiteren Manövern nach sich zog. Die Aufgaben am Computer, mit denen man unser Wissen in Medizin und Flugsicherheit testete, wurden mit Noten zwischen A und D bewertet. Beim Notfalltraining dagegen gab es nur zwei Alternativen: »bestanden« oder »nicht bestanden«. Sahen wir aus einem Notausstiegsfenster in die verkehrte Richtung, um sicherzugehen, dass sich unsere vermeintliche Ausstiegsrutsche auch aufgeblasen hatte, hieß es: herzlichen Dank und auf Wiedersehen. Wenn wir in den hinteren Teil der Maschine zeigten, wo sich das imaginäre Triebwerk befand, und die Passagiere anwiesen, »dort entlang« zu kriechen, sprich, in die falsche Richtung – adios! Vergaß man, sich zwischen den Klappsitz und die Bordwand zu stellen, während sich die Notfallrutsche mit Luft füllte, konnte es durchaus passieren, dass man von einem panischen Passagier, der aus dem brennenden Flugzeug fliehen wollte, hinausgestoßen wurde und in die Tiefe stürzte. Ein falsches Wort, ein winziger Ausrutscher, ein einziger mikroskopisch kleiner Fehler bedeutete, dass die Prüfung sofort und ohne weitere Erklärung abgebrochen wurde. Nach dem dritten Mal war man endgültig draußen.
Linda steigerte sich dermaßen in das Training hinein, dass ihr regelrecht übel vor Aufregung wurde. Das Einzige, was mir den kalten Angstschweiß
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