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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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breitete sich aus über das Land, und eines Tages kam ein Gerede zurück aus Fürstenhagen, zweiundzwanzig Kilometer weiter, daß dort eine Bauernfrau lebe, die habe noch zwei Kürbisse zum Einmachen im Kartoffelkeller liegen, weil sie zur eigentlichen Einmachezeit krank gelegen habe und seitdem immer etwas dem Einmachen zuwider gewesen sei, gerade als solle es nicht sein.
    Da bekam Gäntschow von Frau von Brest das Auto geliehen und fuhr mit dem hochfeinen Chauffeur durch das verschneite Land bis nach Fürstenhagen, und da er den Namen der Bauernfrau nicht wußte, fuhr er gleich zum Gemeindevorsteher. Ehe er aber dort noch recht mit seinem Anliegen hervorkommen konnte, wurde er auch schon begrüßt als ein bekannter Mann, von dessen Sorgen das ganze Land spricht. Und die dicke Frau des Gemeindevorstehers schob sich zögernd, die Hände unter der Schürze, in die Stube, und er mußte genau Auskunft geben über seine Frau. Und andere Frauen kamen danach, und sie nickten teilnahmsvoll mit den Köpfen, und sie schüttelten sie, nein so was – und auf einem ganz hübschen, langsamen Höllenfeuer rösteten die Weiber |373| aus Fürstenhagen den Herrn Administrator Johannes Gäntschow!
    Aber schließlich drängten sich dann doch zwei recht kräftige Burschen durch die Weibermenge in der Gemeindevorsteherstube, und statt alles Gekakels von Fehlgeburten, Schwangerschaftsbeschwerden, Versehen und seltsamen Gelüsten trat eine erwartungsvolle Stille ein. Die Burschen aber, etwas rot im Gesicht vor Anstrengung, legten vor Gäntschows Füßen zwei Prachtexemplare von Kürbissen nieder, jeder wohl einen Zentner schwer, schön weiß-gelb mit genetzter Haut, länglich rund, wahre Elefanteneier. Und wie Gäntschow doch etwas zurückfuhr bei dem Gedanken, die schönen kleinen Füße seiner Frau in diese Untiere zu stecken, da redeten sie wieder alle eifrig los, gegen viel müsse auch viel helfen, und bessere Kürbisse gebe es nicht, und wo denn wohl ein Ort wäre im ganzen Lande Hinterpommern, der jetzt zur Winterszeit solche Kürbisse aufzuweisen habe? Aber als er nun vom Bezahlen zu reden anfing, da verzogen sie alle böse die Gesichter und drehten die Köpfe von ihm weg. Denn diese Kürbisse für die schwangere junge Frau waren eine Ehrensache für das ganze Dorf, und nie konnte er dahinterkommen, welche Bauernfrau denn nun eigentlich die ursprüngliche Besitzerin gewesen war.
    Aber schließlich saß er dann in seinem Auto – und es war gut, daß der Fond so breit war, rechts auf dem Sitz einen Riesenmelonenkürbis und links auf dem Sitz einen Riesenmelonenkürbis, die er festhalten mußte, damit die Kürbisse nicht etwa auf der Fahrt kaputtschlugen. Jeder Kürbis war schön in eine Decke gehüllt, denn der Frost durfte ihnen ja nichts tun, aber für ihn war keine Decke übriggeblieben. Und so fuhr er denn seine zweiundzwanzig Kilometer Schneeweg durch die Februarkälte nach Haus zurück und konnte Betrachtungen darüber anstellen, wieso auch der bärbeißigste Mann eigentlich immer sofort lächerlich wird, sobald seine Frau ein Kind erwartet. Und an diesen Betrachtungen ließ er es dann ja auch nicht fehlen.
    |374| Zu Haus aber wurde er schon erwartet wie der liebe Heiland und Erlöser, und weder seine Frau noch Frau von Brest fanden die Kürbisse auch nur eine Spur zu groß. Aus seinem großen Armsessel mit der starken Rückenlehne wurde mit Tüchern und Federkissen ein hoher Thron gebaut, und vor den Thron wurden die Kürbisse gerollt. Ganz obenauf kletterte die junge Frau, denn sie mußte ja die Füße in die hohen Kürbisse stecken. Sie zog rasch die Strümpfe aus und sagte sehr höflich zu Frau von Brest: Sie entschuldigen doch, gnädige Frau. Ihre Augen aber glänzten, und ihre Backen waren rot vor Freude.
    Gäntschow aber schnitt mit seinem schönsten Rasiermesser und mit unendlicher Sorgfalt nach dem Umriß ihrer Füße einen Schacht in die schönen, saftigen Kürbisse. Und dann kam der große Moment, wo sie die armen geschwollenen Füße in das kühle Fruchtfleisch einsenkte. Und während die andern sie abwartend ängstlich ansahen, schloß sie die Augen, legte den Kopf zurück und sagte mit ganz seliger, heller Stimme: Gott, tut das gut, Gott, bin ich glücklich!
    Und da saß sie nun mit geschlossenen Augen, als schliefe sie, und die andern saßen still um sie herum und wagten nicht, sich zu rühren, und sahen auf das erlöste Bild.
    Da aber fuhr die junge Frau plötzlich zusammen, und ihr Gesicht verzog sich. Und sie

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