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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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hebt den Kopf und sieht ihn zum ersten Male gerade an. Ich weiß, warum du kommst, sagte sie. Du bist draußen zu Ende. Und jetzt soll ich dich und deine feine Dame hier durchfüttern. Aber hier ist nichts, hier ist gar nichts. Alles haben die Männer verludert und versoffen und mit ihren Weibern verbracht.
    Das ist auch nicht wahr, sagte der Sohn. Zu Vaters Zeiten war der Hof schön instand. Und Max ist doch vor dem Vater gestorben, nicht wahr?
    Ich gehe nicht runter von dem Hof, schrie sie plötzlich. |387| Es ist mein Hof. Hier habe ich meine Lebtage geschuftet und mich geelendet und bin ausgelacht worden von euch allen. Nun ist es auch mein Hof! Du bist fein in der Welt herumgereist, während ich nie eine gute Stunde gehabt habe. Du willst bauern? Wer so einen feinen Anzug trägt, der ist kein Bauer, war keiner, wird nie einer.
    Das werde ich dir schon weisen, sagte der Sohn hitziger, wer besser wirtschaften kann, du oder ich.
    Nicht auf meinem Hof, schrie sie. Ich lasse dich morgen mit dem Landjäger runterjagen.
    Sieh doch den Hof an, Mutter, wie er aussieht, sagte Johannes überredend, du mußt doch selbst einsehen, daß du ihn nicht bewirtschaften kannst.
    Aber er bringt Geld, murmelte die Mutter plötzlich listig, vieles, schönes Geld. Sie sah um sich, als erwachte sie. Also morgen reist du, sagte sie wieder. Was willst du auf einem Bauernhof? Deine Frau zieht ja zum Kartoffelschälen Handschuhe an. Handschuhe!
    Sie lachte gespenstisch vor sich hin, dann schob sie sich aus dem Zimmer. Sie hatte völlig vergessen, sich vor dem Sohn zu fürchten.
    Das Bett der beiden stand unter der Dachstelle der Giebelstube, die vielleicht nicht tropfen würde. Es gab nur ein Bett, mehr war nicht aufzutreiben gewesen. Zum erstenmal seit ihren Liebestagen im Lehrerhaus von Klein-Kirschbaum schliefen sie wieder eine ganze Nacht so nah beisammen. Aber der Abend mit all seinen Eindrücken, die eigentlich hätten niederdrücken sollen, ließ alles vergessen. Seit langer, langer Zeit zum erstenmal wieder sprachen sie eifrig miteinander. Jedes von seinen Plänen.
    Die Mutter mußt du nicht zu scharf anfassen, sagte sie mahnend. Sie ist einfach krank und völlig verwirrt.
    Vor allem muß ich sehen, wo sie mit dem Gelde geblieben ist, murmelte er. Das bißchen, was wir uns in den fünf Jahren gespart haben, reicht nicht, den Hof in Gang zu setzen. Und in Gang muß er!
    |388| Das sage ich auch, rief sie. Du solltest mal sehen, wie es in ihrer Schlafstube aussieht.
    Ach, die Schlafstube, sagte er wegwerfend, aber der Hof – ich glaube, nicht ein Wagenrad ist mehr heil. Alles zuschanden gefahren.
    Er sah bitter in die kleine funzlige Glühbirne an der Decke, die rötlich glimmte.
    Morgen gehe ich jedenfalls erst einmal zu Wilms, dem Gemeindevorsteher, damit ich weiß, was hier gespielt wird. Du paßt unterdes auf Mutter auf. Sie soll in einer braunen Truhe Geld haben. Paß gut auf. Und laß sie nie mit den Stallknechten allein.
    Aber Hans, was denkst du denn!
    Ich denke, daß du sie nie mit den Stallknechten allein lassen sollst. Das verstehst du doch?
    Ja, so ging es doch weiter. Nebeneinander her, oder auch einmal gegeneinander. Aber die Nähe im Bett und die Heimat machten es, daß Elise endlich doch ihren Willen bekam. Und sie schwor sich, wenn es gutgegangen sein sollte, daß sie dieses Mal auf kein Fensterbrett steigen werde, es komme, wie es wolle.
    Um fünf war er draußen und wartete auf Mägde und Knechte. Aber niemand kam. Als um sechs sich noch keiner hatte sehen lassen, schlug er mit der Faust gegen die Kammertüren. Aufstehen! Füttern, melken!
    Um halb sieben war immer noch niemand da. Er hatte den Pferden schon ihr zweites Futter gegeben, den Kühen die Wruken geschnitten.
    Unter der Hofpumpe füllte er zwei Eimer mit kaltem Brunnenwasser, ging ins Haus, hob leicht die Tür zur Knechtekammer aus den Angeln und starrte doch, als er die drei Betten leer sah.
    Aus der Mägdekammer aber hörte er wispern und tuscheln. Er überlegte einen Augenblick, dann hob er auch die Tür aus (die alten Angeln taugten alle nichts) und sandte die zwei Güsse aufs Geratewohl in den dunklen Raum.
    |389| Er kümmerte sich nicht um das Schimpfen und ging in den Kuhstall, wo er mit Melken anfing. Es war, wie er gefürchtet hatte. Jede Kuh vermolken, mit entzündeten Eutern, verhärteten Strichen oder Strichen, die überhaupt keine Milch mehr gaben. Er stand, glühende Entschlossenheit im Herzen, vom Melkschemel auf.
    Die bekam der erste

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