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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Knecht, der in den Stall trat, sofort zu fühlen: von einem Schlag, der aber nicht nur die brennende Zigarette traf, flog der Stummel auf den Hof und der Knecht gegen die Wand.
    Im Stall wird nicht geraucht, sagte Gäntschow ruhig. Gefüttert und gemolken habe ich schon. Jetzt putzt!
    Sie fingen an zu suchen. Aber sie brachten nicht eine Kartäsche und nicht einen Striegel zusammen.
    Los! Anspannen! Was habt ihr gestern gemacht?
    Wir haben noch kein Frühstück, bockte einer.
    Anspannen, schrie er, trotzdem er wußte, daß er unrecht hatte. Denn ohne Frühstück schickt man die Leute nicht aufs Feld.
    Warum seid ihr nicht eher aufgestanden?
    Weil die Alte sagt, wir sollen das Vieh man nur schlafen lassen. Wenn es schläft, frißt es nichts.
    Wieder ein Schlag: Ich werde dir das »Alte« schon abgewöhnen.
    Aber Herre, schrie der Knecht wütend, wo sie selbst du zu mir sagt und verlangt, ich soll sie auch du nennen – ich tu’s gar nicht so gerne, Herre, das mögen Sie mir glauben, setzte er hinzu und grinste.
    Schön, schön, sagte Gäntschow zerstreut und sah die beiden Helden an. Keiner älter als zwanzig. Der eine blaß, mit einem faltigen, verlebten Gesicht, der andere dunkel, wie ein junger Stromer von der Walze.
    Aber vom Lande seid ihr doch nicht?
    Nee, nee, sagte der Blasse empört abwehrend, ich bin aus Leipzig, und der da ist aus Essen.
    Und dafür werde ich sorgen, daß ihr da wieder hinkommt, |390| sagte Gäntschow. Kommt mal mit ins Haus. Hier im Stall kann ich euch nicht brauchen.
    Im Vorübergehen sammelte er sich gleich noch den dritten auf, aus dem Kuhstall. Also, ihr könnt eure Sachen packen und gehen, sagte er. Den Lohn für diesen Monat kriegt ihr noch voll. Los, los, los, was kriegt ihr? schrie er plötzlich.
    Nee, nee, sagte der Essener abwehrend, so können Sie es vielleicht mit den dummen Bauernknechten machen, aber nicht mit uns. Wir sind von der Ollen angenommen – von der Frau. Und die Frau hat uns noch nicht gehen geheißen. Und das soll sie gleich tun, rief Gäntschow zornig und holte die Mutter, die gespenstisch in der Küche spukte.
    Als die alte Frau eintrat, war es, als straffte sich den Bengels der Buckel. Sie schnitten Gesichter und lächelten einander verstohlen zu. Der, zeigte der dritte, ein langer dunkler Laban, mit Flossen wie Kornschaufeln, der will uns rausschmeißen, Frau. Haben wir was versehen, Frau, daß Sie uns nicht mehr leiden mögen? Er grinste und sah die alte Frau herausfordernd an.
    Der, sagte sie alte Frau hastig, und zeigte auf den Sohn, hat hier gar nichts zu sagen. Der wird heute früh noch mit dem Landjäger vom Hof gebracht.
    Einen Augenblick war Stille. Dann sagte der Sachse: Wir danken auch scheene, Herr Gäntschow, daß Sie uns heute früh das Waschen abgenommen haben und die Pferde gefüttert. Das passiert einem armen Knecht nicht alle Tage von einem Bauernsohn.
    Aber Gäntschow hörte ihn kaum. Er stand nachdenklich. Jawohl, mit dem Kopf wieder einmal durch die Wand. Er hätte besser gewartet, bis ihm der Gemeindevorsteher klaren Wein eingeschenkt hatte. Rausschmeißen, mit Gewalt rausschmeißen, jawohl, das ging schon – aber welcher Stunk dann über ganz Fiddichow! Und der Hof dann in seiner Abwesenheit nie sicher vor der Attacke dieser Kerls. Zornig werden, brüllen, alles ging. Ging nur viel zu leicht. Einen durch die Scheiben feuern, die beiden andern niederschlagen – sein |391| Hof, oh, sein Hof! Es ging um Vaters Hof, um Großvaters Hof, um aller sagenhafter Gäntschows Hof, den hingeopferten Gunnar eingeschlossen – nein, man sollte keine Kapitänstochter heiraten, von Kapitän Düllmann, der immer aus der Tüt’ kam, mit seiner ollen Seemannskiste …
    Da hatte er es! Einen Augenblick mal, sagte er ganz fröhlich zu dem Quartett, schoß aus dem Zimmer in die Schlafstube der Mutter – es stank. Wie es stank! Ganz egal, laß stinken dahin! Ein Griff in die schwarze Höhle unter dem Bett, eine Katze riß miauend aus. Da stand etwas, an der Schmalseite, Mensch, an der Schmalseite muß doch der Griff sein – Ruckzuck, da ist die alte Seemannskiste vom Kapitän Düllmann, uralt, aber noch immer sehen die gezackten Eisenbänder recht solide aus.
    Elise, schreit er, los, komm, faß an.
    Und ehe die Frau noch begreift, was los ist, hat sie den einen Kistengriff in der Hand, er den andern. Und die Stufen hinunter, über den immer noch dunklen Hof fort, den Fahrweg zur Suhler Landstraße entlang, die Kiste zwischen sich.
    Gut, daß Elise eine

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