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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Seiende recht hatte.
    Es fielen ihm mindestens ein Dutzend Leute ein, die er um Geld angehen konnte. Aber leider wohnte keiner von denen in Stralsund. Da er also auf nichts Besseres kam, ging er noch einmal zu Herrn Schöning. Weiß der Himmel, wenn der Engländer ihm seinen Korb gab, würde ihm schon etwas Rechtes einfallen, man mußte immer erst alle Möglichkeiten ausschöpfen und ganz im Ausweglosen stehen, und sofort war die schönste Chaussee fertig. Herr Schöning war zu sprechen. Dieses Mal stand er sogar auf, ging seinem Besucher entgegen und drückte ihm die Hand. Keine schlechte Präambel für einen Korb, dachte Gäntschow. Ein gerissener Hund.
    Ich habe Sie schon am Vormittag um elf erwartet, sagte Herr Schöning. Ich habe nicht gern soviel Bargeld im Haus liegen.
    Gäntschow sah Herrn Schöning an und lächelte etwas dünn.
    Die Sache ist also in Ordnung. Das Geld steht zu Ihrer Verfügung.
    Wann? fragte Gäntschow etwas atemlos. In seinem Gehirn schoß es auf in tausend strahlenden Flammen. Diesmal war er völlig erschlagen.
    Als Antwort auf seine Frage hatte Herr Schöning nur auf einen Klingelknopf gedrückt und sagte nun zu dem jungen Mann: Bringen Sie das Geld für Herrn Gäntschow, Warderhof.
    Wieviel? fragte Gäntschow.
    Vierzigtausend, sagte Herr Schöning.
    Hier wurde selbst dem pfenniglosen Gäntschow aus dem leergestohlenen Hof die Sache zu bunt, und er sagte grob: Vierzigtausend sind Unsinn, ich brauche keine vierzigtausend.
    |542| Man kann nie Geld genug haben, beruhigte Herr Schöning.
    Aber zuviel Schulden, sagte Gäntschow. Zwanzigtausend und keinen Pfennig mehr.
    Herr Schöning dachte nach. Dann sagte er: Vierzigtausend ist Bedingung. Hören Sie zu, Herr Gäntschow. Sie kennen den Geldmarkt nicht so wie ich. Die Sache ist ganz einfach. Jemand möchte vierzigtausend anlegen. Kurzfristig, zu einer guten Verzinsung. Sie sind sein Mann. Aber er will den Geldbetrag nicht teilen, er will mit einem Schuldner zu tun haben, aber nicht mit zweien oder sieben. Das ist doch verständlich.
    Jaha, sagte Gäntschow gedehnt, und wer ist dieser Jemand?
    Ein Kaufmann aus Berlin, sagte Herr Schöning. Übrigens haben Sie mit dem Mann nichts zu tun. Es ist genauso, als gäbe ich Ihnen das Geld. Ich gebe es Ihnen ja auch.
    Die Tür tut sich auf, und herein kommt der junge Mann mit dem Geld. Es ist erstaunlich wenig Papier für soviel Geld. Für so ungeheuer viel, was man mit diesem Gelde anfangen kann. Jetzt liegt dies Geld vor Herrn Schöning auf dem Schreibtisch. Es ist, als habe sich die Luft in diesem Zimmer geändert.
    Wie sind die Bedingungen? fragt Gäntschow kurz, fast gereizt.
    Sie geben uns vier Halbjahrswechsel à zehntausend Mark. Der Wechselkredit ist mit zwölf Prozent zu verzinsen. Sie verpflichten sich schriftlich, während der Laufzeit der Wechsel den Hof nicht hypothekarisch zu belasten.
    Gäntschow lächelt. Halbjahreswechsel, das bedeutet erster März. Bis dahin habe ich nicht einen Pfennig Einnahmen aus dem Hof gehabt. Das ist blanker Unsinn.
    Sie glauben doch nicht, Herr Gäntschow, daß Sie aus einer Jahreseinnahme des Hofes die Wechsel abdecken können?
    Nein, nein, sagt Gäntschow ärgerlich, aber …
    Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Sie müssen natürlich sehen, daß Sie in diesem halben Jahr sich einen Hypothekenkredit |543| verschaffen. Das wird unter den veränderten Umständen nicht die geringsten Schwierigkeiten machen. Ich habe mich erkundigt. Ihr Hof hat mit vollem Beschlag einen Wert von mindestens fünfundsiebenzigtausend Mark.
    Neunzig, sagt Gäntschow.
    Na sehen Sie, sagt Herr Schöning ermunternd.
    Aber ich soll mich ja verpflichten, keine Hypotheken in dieser Zeit aufzunehmen?
    Wenn Sie die Hypotheken zur Abdeckung Ihrer Wechselschuld verwenden, legen wir Ihnen natürlich nichts in den Weg.
    Gäntschow denkt nach.
    Es ist ja alles ganz einfach, sagt Herr Schöning dann. Aber ich rate Ihnen nicht einmal zu. Es ist teures Geld. Der Gläubiger macht ein gutes Geschäft. Zwölf Prozent Halbjahreszinsen sind ein hübscher Verdienst.
    Halbjahreszinsen? fragt Gäntschow. Ich dachte Jahreszinsen.
    Nein, Halbjahreszinsen, sagt Herr Schöning, geduldig lächelnd. Ach, Gäntschow ist fast erleichtert, als er hört, daß er vierundzwanzig Prozent Zinsen zahlen soll. Es ist alles in bester Ordnung. Es ist ein richtiges Wuchergeschäft, Halsabschneiderei. Gottlob, er hatte beinahe etwas anderes gedacht. Etwas Schlimmes. Nun gut, damit ist es nichts. Er reitet den Hof bös

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