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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Männer von ihr fern. Bewußt wie die Berta, die ihn einfach schlecht behandelte wie einen überwiesenen Verbrecher, unbewußt wie die Ärztin eben, die nachdenklich zu ihm sagte: Aber das steht wohl nicht in Ihrer Macht. Christiane tat auch alles unbewußt. Aber schon die Art, wie sie lächelte, wie sie mit ihm sprach, ihn fernhielt von allen Vorbereitungen, das zeigte doch, wie sehr in diesen Wochen die Frauen in einem Geheimbunde gegen die Männer lagen.
    Er hätte sich ja nun den ganzen Kram ganz anders und sehr viel schöner vorstellen können. Wenn nämlich der Mann als der künftige Vater und der ehemalige Liebende an allem teilnahm. Er fühlte alle Fähigkeiten dafür in sich, aber man ließ ihn nicht zu, er durfte mit ihr nur Mittag essen, und wenn er zu dem riet und vor jenem warnte, so fand er in der höflichen Zerstreutheit, mit der ja und nein gesagt und etwas ganz anderes getan wurde, wieder jene Sonderwelt, die ihn so irritierte.
    Ja, sie irritierte ihn, und er durchschaute sie. Aber so gut er auch alle diese Frauenmachenschaften durchschaute, das Schuldgefühl blieb. Irgendein Rest blieb. Und das wenigstens |576| muß dem selbstherrlichen Grübler am Frühstückstisch des Romanischen Cafés zugute gehalten werden, daß er sich nun nicht damit beruhigte, daß alles von seiner Seite aus logisch, rechtlich und gefühlsmäßig stimmte, sondern daß er jetzt zum Beispiel aufstand, zahlte und schnurstracks nach jener Privatklinik marschierte, deren Adresse er eben erfahren hatte. Was er da eigentlich wollte, wußte er so genau nicht. Aber er war jedenfalls auf der Jagd, diesem Schuldgefühl auf den Grund zu kommen.
    In der Klinik fand er nun freilich den Grund auch nicht. Er kam vorläufig überhaupt der Sache nicht sehr viel näher. In der Klinik fand er nur nach einigen Fragen der eiligen Schwestern eine ältliche, grauhaarige Oberin, die ihm kurzweg erklärte, daß sie gar keine Zeit für Unterhaltungen habe, daß sie weder etwas von einer Frau Wendland, noch einer Frau Gäntschow wisse und darum auch deren zukünftiges Zimmer nicht zeigen könne. Daß aber Frau Doktor Säule für die nächste Zeit fünf Geburten angezeigt habe, und daß darunter die Dame wohl auch sein werde, und: Übrigens, guten Morgen. Ich komme schon, Schwester Hilde. Nummer Sieben muß auch einen Eisbeutel kriegen.
    Es war ein wundervoller Frauenbetrieb, genau wie er im Buch stand. Irgendeine Herabminderung männlichen Schuldgefühls kam hier keinesfalls in Frage. Und nie war Johannes Gäntschow so wie ein Mensch zweiter Güte behandelt worden wie von dieser Oberin. Die Vorstellung aber, daß sich Christiane schon unter den fünf von Frau Doktor Säule angezeigten Geburten befinden und dann als Nummer Sieben von diesem Drachen mit Eisbeuteln versorgt werden würde, hatte nicht das geringste Beruhigende.
    Er stand also wieder auf der Straße. Es war erst vormittags um halb elf. Gegessen wurde um zwei. Zehn Minuten vorher wurde Christiane sichtbar. – Gäntschow winkte einer Taxe und ließ sich ins Alte Museum fahren.
    Irgend etwas mußte er ja tun. Immer lesen konnte er nicht. Außerdem störten ihn in seinem Pensionszimmer die |577| Geräusche aus Christianes Raum. Er war immer in Versuchung, hinzuhören, was sie mit der Berta redete, oder gar hinüberzugehen und sich auf ihre Bettkante zu setzen. Das wäre schon eine ausgezeichnete Sache gewesen, da wieder einmal zu sitzen und zu plaudern wie in alten Kinderzeiten, ohne Vorbehalt, frisch von der Leber weg, der ganze Schurrmurr von Ansichten und Plänen und Lebensappetit.
    Das ging nun freilich alles nicht mehr. Christiane war lieber allein. Ganz abgesehen davon, daß die holden Gärten der Kinderzeit längst abgeblüht waren und sich alles auf einen kleinen Fleck Erde beschränkt hatte und den Ehrgeiz, die beste Weizenernte einer ganzen Halbinsel da herausholen.
    Nein, Gäntschow hatte für den Tag seine Museen, und so übel waren die schließlich auch nicht, wenn auch eine etwas ausgefallene Beschäftigung für einen stark verschuldeten Bauernhofsbesitzer, der daheim keine richtige Vertretung hatte. Er hatte durch Zufall die Museen entdeckt, erst die Bildergalerien, aber auch die, in denen Steine herumlagen und Skulpturen standen. Er ging da für sich herum mit seinem grünen Hütchen, er suchte sich Dinger nach seinem Geschmack aus. Er fand da Bilder, die irgendwie zu ihm sprachen. Es war etwas Neues in seinem Leben, manchmal kam doch noch etwas Neues dazu.
    Für Steine

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