Wir in drei Worten
weiterhin Schweigen.
»Sogar mit Pippa hast du Schluss gemacht«, sprach ich ohne Rücksicht auf Verluste weiter.
»Was soll das heißen?«
»Nichts, nur dass Pippa wunderschön und intelligent ist und auch noch diesen hübschen irischen Akzent hat. Und trotzdem ist sie in die Wüste geschickt worden. Wie hoch sind da wohl die Chancen, dass jemand es mit mir aushält?«
»Ich kann deiner Logik nicht folgen, sorry«, entgegnete Ben auffällig kühl. »Ihr zwei seid völlig verschieden, und eure Situation ist es auch.«
»Sie ist umwerfend. Im Gegensatz zu mir. Also wird es mir wohl kaum besser ergehen als ihr.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Und« – ich ahnte, dass ich gleich etwas Dummes sagen und es bereuen würde, wenn ich wieder nüchtern war, doch die Worte sprudelten einfach aus mir heraus – »damals, als wir uns in diesem schauerlichen schottischen Pub geküsst haben, hast du selbst gesagt, es sei so, als würde man mit seiner Schwester knutschen. Mist, da habe ich ja null Chancen.«
Ein knirschendes Schweigen entstand. Was erwartete ich von Ben. Ich wusste, dass ich ungerecht war und uns beide in Verlegenheit brachte. Trotzdem brauchte mein Ego plötzlich dringend einen Selbstbewusstseinsschub. Ich sehnte mich danach, dass mir ein ausgesprochen attraktiver Vertreter des anderen Geschlechts bestätigte, dass ich zumindest nicht abstoßend war.
»Hör auf zu drängeln«, erwiderte er knapp.
»Was?«
»Hör auf, mich zu bedrängen, damit ich dir Komplimente mache.«
»Mach ich gar nicht!« Nein. Doch? Oh, ja, doch.
Wieder eine seltsame Pause.
»Du brauchst hier nicht mit deinen Komplexen zu kokettieren.«
»Du hast leicht reden.«
»Warum?« Bens Tonfall war gereizt.
Offenbar hatte ich irgendetwas gesagt, das ihn gekränkt hatte, auch wenn ich nicht wusste, was es war. Vielleicht war es taktlos gewesen, so kurz nach der Trennung Pippa zu erwähnen.
»Weil du ein angeborenes Selbstbewusstsein hast. So wie manche Leute eben gute Zähne haben oder einen genetisch bedingten erhöhten Cholesterinspiegel.«
Ben seufzte entnervt auf. »Manchmal verstehe ich dich nicht. Aber ich glaube, du wirst mich nie verstehen.«
Ich fragte mich, ob wir aneinander vorbeiredeten und wann wir endlich gemütlich über meine glorreiche Zukunft als Single plaudern würden.
»Ich bin doof«, stellte ich fest, worauf Ben zustimmend brummte. »Falls du aber ein paar Tipps für mich hast, damit ich bei den nordenglischen Jungs genauso viel Erfolg habe wie du bei den Mädchen aus dem Süden, wäre ich dir sehr verbunden.«
»Das kannst du vergessen.«
»Warum nicht, du Egoist? Und das aus dem Munde des Don Juan von Withington.«
»Was meinst du damit? Dass ich wahllos bin? Eine männliche Nutte?«
»Nein! Du bist einfach sehr beliebt bei der Damenwelt. Gut, wenn du mir nicht helfen willst, einen Treffer zu landen, auch in Ordnung.«
»Ron, du bist ein Mädchen. Du wirst da keine Schwierigkeiten haben.«
»Ja, ja.« Ich seufzte. »Es geht nur darum, die Spreu vom Weizen zu trennen.«
»Du wirst keine Schwierigkeiten haben«, wiederholte er.
»Falls ich etwas ganz Schlimmes anstelle, womit ich einen potenziellen Partner vergraulen könnte, verlasse ich mich darauf, dass du als mein bester männlicher Freund mir das sagst.«
»Verlangst du tatsächlich, dass ich auf diese Fragen antworte? Wenn du weiterbohrst, tu ich es nämlich. Letzte Warnung.«
»Welche Fragen?«
»Zu dem Kuss, meiner Ex-Freundin und deinen Chancen bei Typen.«
»Ja, ich glaube, diese Fragen habe ich gestellt«, erwiderte ich, plötzlich kühn und lässig, allerdings auch etwas verängstigt. Seine Gereiztheit weckte in mir den Verdacht, er könnte sich von mir genötigt fühlen, mir zu offenbaren, dass ich stank wie eine Pumahöhle.
Dröhnendes Schweigen.
»Gut. Tut mir leid, wenn dich das jetzt in Verlegenheit bringt, aber auch ich habe meine Grenzen«, entgegnete Ben. »Habe ich gesagt, dass es war, als hätte ich meine Schwester geküsst? Ja, habe ich, weil die uns provozieren wollten. War es wirklich, als hätte ich meine Schwester geküsst? Nein, es war einfach toll. So wie es eben ist, wenn man jemanden küsst, auf den man sehr, sehr steht.«
Ich zuckte zusammen. Mein Herz klopfte so wild wie ein Specht auf Speed. Hatte er gesagt, dass er auf mich stand? Unmöglich. Sicher hatte ich mich verhört.
»Und ob Pippa nett war? Ja, das war sie, sie war nicht das Problem. Sondern du. Ich habe mich aus demselben Grund von ihr getrennt
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