Wir in drei Worten
nicht einmal die Fragen gestellt hatte.
»Ich kann die Reise nicht abblasen. Die Tickets sind gebucht. Ich darf Mark nicht im Stich lassen. Er wäre total geknickt.«
»Das weiß ich. Außerdem freust du dich schon so lange darauf. Du musst es tun. Ich verlange von dir nicht, dass du absagst.«
»Ich weiß«, erwiderte Ben, allerdings mit finsterer Miene.
Ich lag da und versuchte, die Lage zu überblicken. Sein Einwand hatte etwas für sich. Das nächste Jahr würde nicht einfach werden, erschien mir jedoch nicht so unüberwindlich wie ihm. Das Wichtigste war doch, dass wir endlich wussten, was wir füreinander empfanden. Das Wunder war geschehen. Der Rest war nur noch Organisation.
Ben griff nach meiner Hand. »Komm einfach mit. Tu es. Verschieb die Journalistenschule. Buch die Tickets.«
»Ich kann nicht. Erstens kann ich es mir nicht leisten.«
»Ich bezahle. Ich habe etwas gespart.«
»Das kann ich nicht annehmen.«
»Doch, kannst du. Was mir gehört, gehört auch dir. Wenn es dir lieber ist, kann ich es dir auch leihen.«
»Ich wette, Mark wäre begeistert, auf der Reise seines Lebens das fünfte Rad am Wagen zu sein.« Ich lachte.
»Machst du dir Gedanken über Marks Gefühle? Oder geht es eher um deine?«
»Hä?«
»Du wirst dich mit Rhys in dieser miesen Kaschemme rumdrücken, während ich in Kanchanaburi bin. Wenn ich zurückkomme, studierst du während der Woche, und am Wochenende jobbst du. Wann können wir uns dann noch sehen?«
»Ich weiß, es wird nicht leicht sein, aber wir schaffen das. Ich würde auch ein Jahr lang warten, bis ich richtig mit dir zusammen sein kann.«
Eine lange, lange Pause entstand, in der ich mich beinahe vergewissert hätte, ob er überhaupt noch lebte. Ich hoffte, dass er dabei war, die Tragweite dieses Kompliments zu erfassen.
Er setzte sich auf. »Ein Jahr? Findest du es wirklich okay, wenn wir uns das ganze nächste Jahr kaum sehen?«
»Ich habe nicht gesagt, dass es okay ist, sondern nur, dass ich auf dich warten werde. Falls das nötig sein sollte.«
»Empfindest du wirklich dasselbe für mich wie ich für dich?«
»Ja!«
»Offen gestanden glaube ich nicht, dass es zwischen dir und Rhys wirklich aus ist. Das klang eher nach einem Beziehungsstreit als nach einer Trennung.«
»Jetzt spinn nicht rum, Ben. Warum sollte ich mit dir im Bett liegen, wenn ich lieber mit Rhys zusammen wäre?«
»Hättest du etwas zu mir gesagt, bevor wir hier unsere Zelte abbrechen?«
»Ähhh.« Nein. Obwohl ich es sehr, sehr bedauerte: nein. Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich mich einem Charakterfehler stellen, und zwar ohne die Möglichkeit, mich davor zu drücken. Ja, ich war in ihn verliebt. Nein, ich hätte nicht riskiert, es ihm zu sagen, da ich mir in meiner nahezu festen Überzeugung, meine Gefühle würden nicht erwidert werden, das Gegenteil eingeredet hatte und ihn hätte ziehen lassen. Diesen Widerspruch konnte ich nicht auflösen, ohne etwas von mir preiszugeben: Hier, meine Freunde, seht ihr einen Feigling. »Ich habe es nicht geplant, aber …«
»Das ist ein Nein.«
»Ich wusste nicht, dass du dasselbe fühlst!«
»Woher auch, wenn du nicht fragst?«
»Ich wollte nicht riskieren, dich als Freund zu verlieren.«
»Ich glaube, uns beiden war klar, dass ab morgen ohnehin Schluss gewesen wäre.«
Das stimmte, darauf konnte ich nichts entgegnen. Wie erklärt man jemandem, der so viel mutiger und cooler ist als man selbst, dass so starke Gefühle und absolute Feigheit koexistieren können?
»Liebst du Rhys noch? Ganz sicher tust du das. Immerhin ist es erst seit heute aus.«
»Ich weiß nicht«, erwiderte ich. »Man kann nicht einfach einen Schalter umlegen. Doch ganz gleich, was ich fühle, bin ich nicht mehr in ihn verliebt und möchte nicht mit ihm zusammen sein.«
Wieder eine lange Pause, während ich überlegte, was ich sagen sollte. Ich hatte das Gefühl, dass wir auf die Bordsteinkante aufgefahren waren und dass jemand das Steuer herumreißen musste, damit wir wieder auf Kurs kamen. Meine Strategie, einfach auszusprechen, was immer mir einfiel, war bis jetzt nicht erfolgreich gewesen.
»Scheiße!«, rief Ben plötzlich aus.
Er sprang aus dem Bett, als hätte er einen Bolzenschuss in den Hintern bekommen. Kurz empfand ich die kognitive Dissonanz
Katastrophe, aber hübscher Anblick,
bis mir klar wurde, dass er seine Kleider zusammensuchte, mit einem Schnalzen des Taillenbündchens die Unterhose hochzog und seine Beine in die Jeans
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