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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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und wies auf Ally Sheedy, die unter dem Pelzbesatz ihrer Parkakapuze hervorspähte.
    »Eine zwanghafte Lügnerin und Durchgeknallte? Dann bist du der Streber mit der Figur eines Bodybuilders. Anthony Michael Hall, gefangen im Körper von Emilio Estevez.«
    »Igitt, was für eine Vorstellung.« Ben hielt inne. »Wenigstens hältst du mich nicht für den Bodybuilder. Willst du wissen, wie ein Mädchen im Studentenwohnheim mich letztes Jahr genannt hat. Den blassen Ben.
Blen.
«
    »Was? Warum denn das?«
    »Sie sagte, ich sei …« – ich stellte fest, dass Ben ein wenig errötete – »… eine nette, wandelnde Schneiderpuppe und würde mich überall einschleimen. Mein Geschwätz wär nichts als bla, bla, bla. BLEN . Als langweilig abgestempelt zu werden ist das Allerschlimmste, was einem passieren kann, findest du nicht? Wenn einen jemand als Arschloch bezeichnet, kann man wenigstens daran arbeiten. Doch ein Langweiler, der sich interessant geben will … langweilt vermutlich nur noch mehr.«
    »So eine blöde Kuh!«, rief ich aus. »Ich wette, nein, ich bin sicher, dass ein Typ in der Schule, der dir ähnlich sah, sie mal hat abblitzen lassen, und jetzt rächt sie sich an dir. Es ist doch nicht falsch, nett zu sein.«
    »Nett.« Ben lächelte gequält.
    »Dann eben lieb. Rücksichtsvoll. Kein Blödmann. Jemand, in dessen Gegenwart man sich wohl fühlt. Beliebt. Du bist nicht blass. Außerdem kennt sie dich nicht gut genug, um zu wissen, dass du dir nichts auf dein Aussehen einbildest. Wahrscheinlich hat sie einen guten Charakter mit Langweilertum verwechselt.«
    Mir wurde klar, dass ich zu viel gesagt hatte, und richtete den Blick starr auf den Fernseher.
    »Danke«, sagte er. Er klang gerührt, ja, vielleicht sogar ein wenig erstaunt.
    Ben öffnete eine Tüte Hula-Hoops-Kartoffelringe und hielt sie mir hin. Als mir der Geruch in die Nase stieg, sprang ich vom Sofa auf und rannte nach oben ins Bad, wobei ich versuchte, den Würgereiz zu unterdrücken, bis ich die Kloschüssel erreicht hatte. Danach putzte ich mir dreimal die Zähne und kehrte, bleich und zittrig, ins Wohnzimmer zurück.
    »Wenigstens scheint mit deinem Geruchssinn alles in Ordnung zu sein«, meinte Ben.
     
    Eine halbe Stunde später kehrte der Brechreiz zurück, obwohl ich nichts außer Volvic zu mir genommen hatte. Da die Zeit nicht reichte, um nach oben zu laufen, stürmte ich durch Dereks Zimmer in sein Bad, wobei ich mir Mühe gab, nicht auf etwaige herumliegende Gegenstände zu achten. Ich hielt mir die Haare aus dem Gesicht und würgte. Von der Anstrengung tat mir der ganze Körper weh, und als ich fertig war, zog ich ab und ließ mich gegen das kühle Porzellan der Kloschüssel sinken. Dann schleppte ich mich zum Waschbecken, um mir den Mund auszuspülen.
    Es klopfte leise an der Tür, und Ben steckte den Kopf herein. »Besser?«
    Längst war ich über das Stadium der Eitelkeit hinaus und nickte. Ich war den Tränen nah und wurde in meinem geschwächten körperlichen Zustand weinerlich wie ein Kind. »Ich will nicht mehr kotzen, Ben«, wimmerte ich. »Ich bin so müde.«
    »Ich weiß.«
    »Ich will zu meiner Mama«, fügte ich hinzu, was nicht vollkommen als Scherz gemeint war.
    »Und was würde deine Mutter tun?«, fragte er, und das war nicht rhetorisch gemeint.
    Hilflos hob ich die Arme und ließ sie wieder sinken. »Mich knuddeln? Mir eine heiße Zitrone machen?«
    »Du wirst mit mir und einem Berocca vorliebnehmen müssen.« Ben kam herein und legte die Arme um mich.
    Es war so schön, von jemandem gehalten zu werden, der stärker und gesünder war als ich, so als könnte ich durch Osmose etwas davon in mich aufnehmen. Ich lehnte den Kopf an sein Hemd. Eine Weile standen wir so da. Ich stützte mich mit meinem ganzen Gewicht auf ihn und vergaß meine Befangenheit.
    »Du wärst eine gute Mutter«, murmelte ich.
    »Ich habe immer gehofft, dass die Frau meiner Träume das eines Tages zu mir sagen wird«, meinte er und zerzauste mein von Kotze verklebtes Haar.
    Eigentlich hätte ich ihm zur Vergeltung den Finger in die Rippen bohren müssen, aber dazu mir fehlte die Kraft.

[home]
    32
    D as Unrealistischste an Gerichtsfilmen ist nicht etwa die Häufigkeit, mit der einer der Anwälte »Einspruch!« ruft. Auch nicht, wie er, auf und ab laufend, an die Gefühle der Geschworenen appelliert. Nein, es sind die schlagfertigen, temporeichen Dialoge. Vergessen Sie die eleganten Schlussplädoyers, die eine drastische Wendung im Prozess

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