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Wir Kinder von Bergen-Belsen

Wir Kinder von Bergen-Belsen

Titel: Wir Kinder von Bergen-Belsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hetty E. Verolme
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erinnerte mich daran, dass ich in den letzten Tagen kaum etwas gegessen hatte. Ich nahm mir vor, später einen Löffel Zucker zu essen, was mir sicherlich helfen würde, und überlegte, wie ich Jackie und Max wohl aus ihrer Baracke bekommen könnte, um ihnen ebenfalls etwas Zucker zu geben.
    Das Wasser war sehr kalt. Meine Hände fühlten sich nach dem Waschen wie Eisblöcke an. Aber nach einer Weile kehrte das Gefühl zurück und auch mein Gesicht fing nach der eiskalten Wäsche bald an zu kribbeln. Ich ging zurück und aß einen Löffel voll Zucker aus dem Marmeladenglas, dann versteckte ich es wieder im Koffer, unter meiner Wäsche.
    Die Zeit ging nur langsam vorbei. Nach ein paar Stunden stand ich auf, um die Kinder zu besuchen. Es war noch immer Vormittag.
    Wer weiß, ob sie mich reinlässt, dachte ich, während ich zu ihrer Baracke ging. Dort klopfte ich ans Fenster. Ein kleines Mädchen öffnete mir die Tür. Ein bisschen ängstlich trat ich ein. Schwester Luba war mit Philipje beschäftigt und Schwester Hermina räumte auf. Ich bemerkte, dass einige Kinder keine Schuhe anhatten und andere keine Hosen. Automatisch fing ich an, ihnen Schuhe und Socken anzuziehen. Ich übertrug einigen Kindern die Arbeiten, die sie früher erledigt hatten, zum Beispiel die Betten glatt zu ziehen, heruntergefallene oder schmutzige Kleidungsstücke aufzuheben und sie auf einen Haufen zu legen, damit sie später sortiert werden konnten. Max und Jackie waren glücklich, weil ich da war, und halfen mir gern, etwas Ordnung in den Raum zu bekommen.

Iesie lag mit Halsweh im Bett, seine Augen glänzten fiebrig. Er hatte sich erkältet, deshalb sagte ich, er solle im Bett bleiben und sich warm halten. Armer Iesie, er sah schlecht aus.
    Nach einigen Stunden wurde mir klar, dass alle noch nichts gegessen hatten, sie wollten etwas von mir. Ich fragte Schwester Luba, ob sie etwas zu essen für die Kinder habe. Sie antwortete, die Frau Doktor sei gegangen, um etwas zu organisieren. Ich sagte den Kindern, sie sollten noch Geduld haben und sich schon mal um den Tisch setzen. Das taten sie. Wir beschäftigten uns mit ein paar einfachen Ratespielen und ich erzählte eine Geschichte. Doch bald schon ließ ihre Aufmerksamkeit nach, und ich konnte sehen, wie die Kinder immer träger wurden. Ich fragte Schwester Luba um Erlaubnis, ob sie ein wenig draußen spielen dürften, um frische Luft zu bekommen. Sie stimmte zu. Deshalb wies ich die Kinder an, sich warm anzuziehen, auch Mäntel und Mützen oder Schals, und ging mit ihnen hinaus. Einige der Mädchen wichen mir nicht von der Seite. Während wir vor der Baracke herumspazierten, rannten die anderen Jungen und Mädchen herum, froh, zum ersten Mal seit drei Tagen ins Freie zu dürfen.
    Nach etwa zwanzig Minuten sagte ich allen, sie sollten wieder hineingehen und ihre Mäntel ausziehen. Schwester Luba schickte uns zu Tisch. Die Frau Doktor hatte in der Zeit, die wir draußen verbrachten, etwas zu essen gebracht. Nachdem ich den Kindern geholfen hatte, sich um den Tisch zu setzen, wendete ich mich zum Gehen. Obwohl ich sehr hungrig war, hatte ich nach meinem Gefühl kein Recht, das Essen mit ihnen zu teilen, denn ich gehörte nicht zu ihnen. Ich verabschiedete mich von den Kindern und umarmte Max und Jackie. Bevor ich an der Tür war, trat mir Schwester Luba in den Weg und fragte: »Möchtest du nichts essen?«
    Ich zögerte. »Aber das ist doch euer Essen!«
    Schwester Luba nahm mich am Arm und führte mich zu meinem Stuhl zurück.
    »Setz dich«, sagte sie.
    Die Kinder waren entzückt, dass ich blieb, um mit ihnen zu essen. Ich war verlegen, aber auch sehr glücklich. In den letzten drei Tagen hatte ich nur ein paar Kekse gegessen.
    Die Mahlzeit dauerte nicht lange. Jedes Kind bekam eine Scheibe Schwarzbrot mit Marmelade und einen Becher warmen Tee. Ich aß sehr langsam, um meinen Magen nicht durcheinander zu bringen. Er spielte nämlich ein bisschen verrückt. Wenn er sehr lange leer gewesen war, wollte er keine Nahrung annehmen, wenn ich schnell aß. Ich nehme an, er war nicht mehr daran gewöhnt.
    Als wir alle fertig waren und den Tisch abgeräumt hatten, beschloss ich, zu meiner Baracke zu gehen und mich ein bisschen auszuruhen. Ich verabschiedete mich von Max und Jackie und versprach ihnen, am nächsten Morgen wieder zu kommen.
    In meiner Baracke legte ich mich auf mein Bett. Ich war allein, Eva und Bram waren irgendwo hingegangen. Ich zog die Decke von meinem Koffer und kontrollierte, ob der

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