Wir lassen sie verhungern
Folgen?
Auf dem Land und in den Armenvierteln der Städte sahen sich die Familien gezwungen, nur noch eine Mahlzeit pro Tag einzunehmen. Der Nahrungsmittelanbau ging zurück, da auf Dünger und selektioniertes Saatgut verzichtet werden musste.
Um zu überleben, verkauften die Bauern ihre Zugtiere – was die Produktivität erneut absenkte. Viele von ihnen mussten ihr Land verlassen und sich als unterbezahlte Tagelöhner auf den großen Baumwollplantagen der ausländischen Konzerne verdingen.
Zwischen 1990 und 1997 fiel der Maisverbrauch um 25 Prozent. Das Ergebnis: Die Kindersterblichkeit explodierte.
2010 lebten 86 Prozent der sambischen Bevölkerung unter der National Poverty Line , der nationalen Armutsschwelle, also unterhalb des Existenzminimums. 72,6 Prozent der Bevölkerung mussten sich 2010 mit weniger als einem Dollar pro Tag begnügen. 45 Prozent der Sambier waren schwer und permanent unterernährt. In der Altersgruppe der Kinder unter fünf Jahren lag bei 42 Prozent das Gewicht um 24 Prozent unter dem von der UNICEF definierten »Normalgewicht«.
Die amerikanische Mentalität beherrscht den Glasbau Nr. 700, 19. Straße, North-West, Washington D. C., den Sitz des IWF. Die Jahresberichte sind zuweilen von herzerfrischender Naivität. In dem von 1998 findet sich das Eingeständnis: »Langfristig wird der Plan, den Zugang zu den Ressourcen verbessern und das Volkseinkommen erhöhen. Kurzfristig aber verringert er das Nahrungsmittelangebot.«
Auf staatlicher Ebene haben die wiederholten Anpassungspläne katastrophale Folgen gehabt. Die Schutzzölle der einheimischen Industrie wurden aufgehoben, die meisten öffentlichen Sektoren privatisiert. Die Änderung des Employment and Land Act machte den Sozialsystemen, der Gewerkschaftsfreiheit und dem Recht auf Mindestlohn den Garaus.
Die Folge war eine Welle von Wohnungsräumungen, Massenarbeitslosigkeit und eine beträchtliche Erhöhung der Preise für Grundnahrungsmittel.
Die IWF-Bürokraten haben durchaus Humor. In den Schlussfolgerungen ihres Berichts begrüßen sie die Tatsache, dass sich die Ungleichheit der Lebensbedingungen zwischen Stadt- und Landbevölkerung in dem Zeitraum von 1991-1997 erheblich verringert hat. Warum? Weil sich das Elend im städtischen Raum dramatisch erhöhte und dem der ländlichen Regionen anglich … 164
Ghana ist das erste subsaharische Land Afrikas, das sich seine Unabhängigkeit erstritten hat. Nach wiederholten Generalstreiks, Massenbewegungen und erbarmungsloser englischer Repression ist die Republik Ghana, Erbin des mythischen Königreichs Kaya-Maga 165 , 1957 gegründet worden. Ihre Fahne: ein schwarzer Stern auf weißem Grund. Ihr erster Präsident Kwame Nkrumah, der Prophet der panafrikanischen Vereinigung, wurde 1960 in Addis-Abeba – zusammen mit Gamal Abdel Nasser, Modibo Keita und Ahmed Ben Bella – einer der Gründungsväter der Organisation der Afrikanischen Einheit (OAE).
Über alle Ethnien hinweg sind die Ghanaer stolze Männer und Frauen, die leidenschaftlich ihre Souveränität verteidigen. Trotzdem mussten auch sie sich dem IWF und den multinationalen Lebensmittelkonzernen beugen.
Ghana hat in jeder Beziehung das gleiche Schicksal wie Sambia erlitten.
1970 haben rund 800000 einheimische Bauern die Gesamtmenge des in Ghana verbrauchten Reises geliefert. 1980 schlug der IWF ein erstes Mal zu: Der den Reis schützende Zoll wurde auf 20 Prozent herabgesetzt und dann noch einmal reduziert.
Anschließend verlangte der IWF vom Staat, alle Subventionen zu streichen, die die Bauern für den Kauf von Pestiziden, mineralischem Dünger und Saatgut erhielten.
Heute importiert Ghana mehr als 70 Prozent des im Land verbrauchten Reises. Das Marketing Board , die staatliche Vertriebsgesellschaft für Agrarprodukte (Kakao etc.), wurde abgeschafft. Um die Exporte kümmern sich seither zumeist ausländische Konzerne.
Ghana ist eine lebendige Demokratie, deren Abgeordnete über eine gesunde Portion Nationalstolz verfügen. Um den einheimischen Reisanbau wieder anzukurbeln, beschloss das Parlament in Accra 2003, importierten Reis mit einem Zolltarif von 25 Prozent zu belegen. Der IWF reagierte mit äußerster Heftigkeit. Er zwang die ghanaische Regierung, das Gesetz zu annullieren.
2010 zahlte Ghana mehr als 400 Millionen Dollar für seine Nahrungsmitteleinfuhren.
Ganz Afrika hat 2010 24 Milliarden Dollar zur Finanzierung seiner importierten Lebensmittel aufgewendet.
Während ich diese Zeilen im Jahr 2011
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