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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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Dabei geht man davon aus, dass Männer die Vitalität ihrer Partnerin als Indikator für die eigene ansehen, und tatsächlich ist es so, dass Männer viel öfter ihre Partnerin betrachten als sich selbst. Das mag alles seltsam klingen, ist aber keineswegs aus der Luft gegriffen. Zunächst heiraten Männer laut Statistik bei einer zweiten Eheschließung eher eine Frau, die jünger ist als die erste (wobei das bei Frauen, die ein zweites Mal heiraten, genauso ist). Dazu kommt, dass Männer mit jüngeren Frauen länger leben als Männer mit älteren Frauen und dass sich zudem dieser »lebensverlängernde Effekt« einer jungen Frau verstärkt, je größer der Altersunterschied ausfällt. Warum das so ist, wissen wir nicht – ob ein Mann von einer jungen Gattin in psychologischer, sozialer oder körperlicher Hinsicht profitiert –, wobei es sich andersherum so verhält, dass das Alter des Ehemanns auf die Lebensdauer der Frau keinen nennenswerten Einfluss hat. Bevor wir aus all dem auf den in seiner politischen Unkorrektheit unübersetzbaren Satz »you are only as old as the woman you feel« schließen, sollte noch etwas in Betracht gezogen werden. Die Lebenserwartung eines Mannes hängt nämlich stark vom Bildungsniveau seiner Partnerin ab – um lange zu leben, empfiehlt es sich also, eine kluge Frau zu heiraten. Nur, was ist wichtiger? Das Alter der Liebsten oder ihre Klugheit? Ab wann ist es für einen Mann vorteilhafter, sich von seiner blitzgescheiten mittel-alterlichen Frau scheiden zu lassen und mit einem zwanzigjährigen Landei durchzubrennen?
    Selbstverständlich gehören immer zwei dazu – im Leben wie bei der Evolution  –, weshalb man auch die jungen Frauen betrachten muss, die sich einen Mann mittleren Alters angeln. Was haben sie davon? Reichtum, Sicherheit, den Nachweis, dass der Mann sich um andere kümmern kann (na ja, zumindest ein Stück weit)? Es hat tatsächlich den Anschein, als seien die Frauen dietreibende Kraft beim Eingehen romantischer Beziehungen, und als könnten die Männer nicht viel mehr tun, als sich zu fügen. In Kontaktanzeigen streichen Frauen gern heraus, wie jung, hübsch und lebenslustig sie sind, wohingegen Männer eher Angaben zu Status, Wohlstand und Beschäftigungssituation machen. Untersuchungen zufolge achten Frauen aber viel mehr auf das Alter ihrer potenziellen Partner als Männer, also stellt sich die Frage, ob Männer im mittleren Alter wirklich die Wahl haben.
    Wo auch immer sich das Kräftegleichgewicht zwischen mittelalterlichen Männern und jüngeren Frauen befinden mag, so gibt es bei diesen vielgeschmähten Beziehungen doch einen positiven Effekt. In der Geschichte unserer Spezies haben mit Sicherheit eine ganze Reihe von Middle-Agern Kinder mit jungen Frauen gezeugt  – sei es heimlich nebenher oder nach Trennung beziehungsweise Abwerbung. Als Folge davon haben alle männlichen Nachkommen Gene geerbt, die ihnen bis weit über die vierzig hinaus die Fruchtbarkeit sichern und ihnen ermöglichen, trotz allem noch einen späten Glückstreffer zu landen. Auch hier hat die natürliche Selektion in Sachen Feminismus oder Gleichberechtigung der Geschlechter offensichtlich auf ganzer Linie versagt. Was die Sexualität des Mannes betrifft, ist der Ofen erst aus, wenn die Verwandten sich zum Leichenschmaus treffen. Deshalb erleben Männer auch keine plötzliche Menopause. Die sexuellen Eskapaden urzeitlicher Middle-Ager haben wahrscheinlich ziemlich stark dazu beigetragen, dass die Lebensdauer des Menschen sich weit über die vierzig hinaus verlängert hat. Für unser langes, gesundes Leben müssen wir uns also auch bei unseren wollüstigen Vorfahren bedanken.
    Der Mythos von der Midlife-Crisis hat – neben den männlichen Wechseljahren und der Jagd nach jungen Frauen – noch die dritte Komponente, dass nämlich Männer im mittleren Alter massivepsychologische Umwälzungen erleben, die in einer vollkommen neuen und dabei ziemlich komischen Haltung dem Leben gegenüber münden.
    Nach dieser Vorstellung kommt es im Middle-Age zu einer Hinterfragung der eigenen Persönlichkeit, zu Panikattacken angesichts des (Nicht-)Erreichten, zu einer Identitätskrise und zu wachsendem Unmut darüber, dass man glaubt, ab jetzt »immer nur dasselbe machen zu müssen«. Dies alles führe zwangsläufig zu Depressionen, Angstzuständen und verstörenden Reaktionen – Probleme würden ignoriert, man regrediere in seine Teenagerjahre, neige außerdem zu schlimmen Dingen wie

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