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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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wenig roher formuliert (Eigenverantwortung versus »soziale Hängematte«) hat man das schon von Guido Westerwelle, Hans-Olaf Henkel, Gerhard Schröder, Hans-Werner Sinn und anderen Sozialstaatszerstörern gehört. Doch wenn Peter Spiegel, der sich selbst als »Possibilisten« bezeichnet, praktisch das Motto des globalisierungskritischen Netzwerks Attac zur Losung der globalen Wirtschaft umdichtet, klingt das wie eine soziale Bewegung.
    Muhammad Yunus Superstar:
der Messias der Marktwirtschaft
    Wie groß der Glaube daran ist, dass Businesssamariter nunmehr die sozialen Probleme beseitigen, zeigt unter anderem der Umstand, dass ausgerechnet ein Banker den Friedensno belpreis bekam: 2006 erhielt der bangladeschische Wirtschafts wissenschaftler Muhammad Yunus für sein Konzept, Mikrokredite an Arme zu vergeben, den renommierten Preis. Seither gilt Yunus als Säulenheiliger der ökonomischen Weltret tung. Seine nächste gefeierte Idee nennt sich »Social Business«: ein Unternehmen, das zur Lösung eines bestimmten sozialen Problems gegründet wird, jedoch Gewinne nicht an die Shareholder ausschüttet, sondern in das Unternehmen investiert, damit dieses wachsen und den sozialen Effekt vergrößern kann. Das Unternehmen muss dabei wirtschaftlich rentabel sein und sich selbst tragen, damit es nicht auf staatliche Zuschüsse oder Spenden angewiesen ist. Eine Vorgabe, die diese Art des Wirtschaftens auch für große Konzerne attraktiv macht: Mit den multinationalen Unternehmen Danone, Adidas, BASF , Veolia und Otto hat Yunus bereits Joint Ventures für solche »Social Businesses« in Bangladesch gegründet.
    Mit seiner neuen Heilslehre war Yunus auch das Zugpferd des Vision Summit. In Veranstaltungen der ersten drei Jahre dieses Visionsgipfels war er jeweils der Stargast. Seither hat sich die Zahl der Besucher von 600 auf mehr als 1250 verdoppelt. 326 Es waren vor allem seine Auftritte bei diesem Event, die für die Verbreitung und Anerkennung der »Social-Business«-Idee in Deutschland gesorgt haben. Gleich beim ersten Vision Summit 2007 erhielt der Ökonom den »Vision Award« und sorgte damit für große Aufmerksamkeit in den Medien. 327 Vor allem weil der eloquente Messias des Kapitals so druckreife Sätze sagt wie: »Arme Menschen sind wie Bonsais. Der beste Samen eines großen Baumes wird nur wenige Zentimeter groß, wenn man ihn in einen Blumentopf pflanzt; er verkümmert, genau wie die Armen. Ihr Problem ist nicht der Samen, sondern die Gesellschaft, die ihnen keinen Raum gibt zu wachsen. Wenn wir das ändern, muss niemand mehr arm sein.« 328 Klingt wie eine Mischung aus Zenphilosophie und biblischem Gleichnis. Zu dieser quasi religiösen Rhetorik passt, dass Yunus stets die Tracht seiner Heimat trägt. Wenn er auf den Fotos den Anzugträgern aus der Wirtschaft die Hand schüttelt, dann wirkt das nicht so, als hätten da gerade zwei Marktradikale einen lukrativen Deal abgeschlossen. Sondern eher als würde der Dalai Lama den Geschäftsleuten seinen Segen geben.
    »Armut gehört nicht in eine zivilisierte Gesellschaft. Sie gehört ins Museum«, lautet Yunus’ berühmtester Satz. 329 Es ist seine metaphernschwangere Ausdrucksweise, mit der er es schafft, Elite und einfache Menschen, NGO s und Konzernbosse glei chermaßen zu begeistern und sich selbst zu einem charismatischen Führer zu stilisieren. Er war sogar als Redner auf das Musikfestival eingeladen, das Globalisierungskritiker am Rande des G-8-Gipfels 2007 in Heiligendamm organisierten 330 – obwohl er samt seiner Meinungen gewiss eher ins Hotel Kempinski gepasst hätte, wo zur gleichen Zeit unter dem Motto »Wachstum und Verantwortung« die Globalisierung vorangetrieben wurde.
    Yunus’ Wortwahl wirkt mitunter zynisch, etwa wenn er es als »finanzielle Apartheid« bezeichnet, dass Arme keinen Zugang zu Krediten haben, oder diese Armen selbst »finanziell Unberührbare« nennt. Die Unberührbaren sind im Hinduismus menschlicher Bodensatz, sie werden in südasiatischen Ländern noch heute unterdrückt und diskriminiert. Mit solchen manipulativen Vergleichen erhebt Yunus Schulden zum Menschenrecht.
    »Die Grameen Banh – und ihre Nacheiferer in aller Welt – hilft den Menschen dabei, ihren Willen und ihre Kraft, die sie brauchen, zusammenzunehmen, um die sie jeweils umgebenden Mauern einzureißen.« 331 Hinter diesen schwülstigen Worten steckt nichts anderes als das schnörkellos neoliberale Mantra: »Jeder ist seines Glückes Schmied.« Yunus erweckt den

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