Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir neuen Großvaeter

Wir neuen Großvaeter

Titel: Wir neuen Großvaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Holbe
Vom Netzwerk:
können und Glück empfinden über das Lächeln eines satten Enkelkindes.

Unser Dasein bereichern
    Brummen, Trällern und Summen macht Kinder schlauer, fitter und sozialer
    Die Musik drückt das aus,
was nicht gesagt werden kann und worüber
zu schweigen unmöglich ist.
    VICTOR HUGO (1802 – 1885)
    Â 
    Â 
    In der Mittelschule suchte der Musiklehrer S. dringend Nachwuchs für den Schulchor. Also traten wir zum Casting an; damals nannte man das Vorsingen. Ich war kaum über die erste Strophe von Meine Mu, meine Mu, meine Mutter schickt mich her hinausgekommen, als mir der Lehrer eine schallende Ohrfeige verpasste. Sein Kommentar: »Du singst absichtlich falsch, um mich zu ärgern!«
    Danach bin ich über Jahre hinweg nicht mehr öffentlich als Gesangskünstler aufgetreten. Herr S. hatte ganz offensichtlich die Muse des Gesangs aus mir herausgeprügelt. Schon früh widerstand ich deshalb dem Wunsch meiner Eltern, ein Instrument zu lernen. Das hat mich um manch unverhofftes Glück gebracht. Mein Vetter Horst beispielsweise lernte nur deshalb die Kunst des Akkordeonspielens, weil er nach vollbrachtem Auftritt von seinem Vater mit einem gewaltigen Stück Wurst belohnt wurde.
    Ich besitze das Talent, beim Singen von einer Tonart in die andere zu wechseln und dies nicht einmal zu bemerken. Widerstrebend
musste ich daher erkennen, dass es besser ist, den Mund zu halten, wenn andere ihn zum Singen öffnen.
    Trotzdem bin ich der Meinung der meisten Pädagogen, dass jeder Mensch von Geburt an musikalisch ist. Wir kämen geradezu mit einer Sehnsucht nach Musik auf die Welt, heißt es. Nur kommt irgendwann vielleicht so ein Ignorant wie mein Musiklehrer S. und treibt uns die Liebe zum edlen Klang mit einer Backpfeife (altdeutsch für körperliche Gewalt) aus. Dabei müssen es ja nicht gleich Puccini-Arien sein, die Kleinkinder intonieren. Es reicht, wenn sie vor sich hinsingen, summen oder trällern. Dadurch werden sie schlauer, fitter und sozialer. Das zeigt eine Studie des Soziologen Thomas Blank von der Universität in Münster. Er und seine Kollegen haben 500 Kindergartenkinder untersucht. Demnach wurden die Kinder, die aus Freude sangen, in ärztlichen Befunden zu 88 Prozent als schulfähig beurteilt. Dagegen galten Kinder, die wenig gesungen haben, nur halb so oft als geeignet. »Wenn sich ein Kind im Singen ausdrücken kann, ist es ausgeglichener, angstfreier, offener und aufnahmefähiger«, so Blank. ( Frankfurter Rundschau /dpa vom 3.12.2010)
    Eltern sollten daher nicht vom Brummen, Trällern und Singen ihrer Kleinen genervt sein. Und aus vielen Sandkasten-Gesprächen mit jungen Müttern weiß ich, wie gern sie ihre Sprösslinge eines Tages zum Flöten-, Klavier – oder Geigenunterricht bringen würden. Ein musizierendes Kind schmückt bekanntlich jede Familie.
    Mein Enkel Leo hat mit drei Jahren eine musikalische Früherziehung absolviert, ist mit Gleichaltrigen gehüpft und gesprungen. Auf dem Sommerfest im Kindergarten hat er gar den »Papageno« gegeben. Inzwischen ist Leo zum Brummen, Trällern und Summen zurückgekehrt. Alles hat eben seine Zeit. Dafür ist der zweijährige Ferdinand nun nicht mehr zu
halten. Wenn er von irgendwoher Musik vernimmt, stampft er im Takt, dreht Pirouetten und wagt einen »Pas de deux« mit dem Schmusebär. Ob das gleich auf eine Karriere als Nachfolger Nurejews hindeutet, lasse ich offen.
    Im Internet stieß ich unlängst unter http://choralnet.org/view/268945 auf die Darbietung des drei Jahre alten Jonathan, der vor der Kamera seines Vaters den vierten Satz aus der fünften Sinfonie Beethovens so brillant dirigiert, dass man glaubt, der Meister selbst stehe da am Pult. Wunder gibt es eben immer wieder.
    Musik gehört zu unserer Kultur, sie erhebt uns aus so manchem Jammertal. Singen, allein oder in der Gruppe, ergreift stets den ganzen Menschen. Singen erhöht unsere Lebensfreude und macht uns glücklich.
    Warum ist Musik für Kinder so wichtig?
    Diese Frage stellte ich der Publizistin Elke Heidenreich, die an der Kölner Kinderoper tätig ist und in dem Buch Ein Traum von Musik Weggefährten nach ihren Erfahrungen mit dem Reich der Noten und Synkopen befragte. »Die Musik ist für uns alle wichtig«, antwortete Elke Heidenreich. »Auch für Erwachsene, weil Musik das Verhärtete in uns aufschließt. Musik erreicht uns ganz

Weitere Kostenlose Bücher