Wir neuen Großvaeter
der Lage fühlen sollten, ihren Enkeln beim Filmemachen oder Theaterspielen zu assistieren, sollten sie es tun. Es ist ein Riesenspaà für alle!
Saubolzen
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Es ist toll, wenn da ein kleiner Saubolzen rumläuft, der einen ständig austrickst.
Karl Dall, Komiker, über seinen in Kanada lebenden Enkel
Unterwegs als Heiliger Mann
Wie ich den Kindern von Frank Elstner beweisen konnte, dass es den Nikolaus gibt
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In jedem engagierten GroÃvater steckt auch ein potenzieller Schauspieler. Ohne zu übertreiben, kann ich von mir sagen: Ich bin ein begnadeter Nikolaus. Nicht so ein Popanz, der zur Weihnachtszeit mit einem Wattebart durch die Kaufhäuser hechelt. Nein, ich bin ein weiser, alter, gütiger und keineswegs strenger Heiliger Mann.
Meine Karriere begann drei Jahre nach dem groÃen Krieg im zerstörten Frankfurt. Mit schwarzer Schuhcreme im Gesicht trat ich als Knecht Ruprecht im Sachsenhäuser »Kutscherhof« auf. Dort traf sich ein Häuflein Vertriebener, das seine Heimat im schönen Böhmen hatte verlassen müssen und sich nun in der Fremde besonders eng aneinanderschmiegte. Mein Cousin Dolf, damals 19 Jahre alt und mit einem schönen Bariton beschenkt, gab den St. Nikolaus. Er hatte sich das Kostüm von meiner Tante Rosa aus irgendwelchen Stofffetzen zusammenschneidern lassen. So stapften wir in die Gaststube am Ziegelhüttenweg. Dolf lieà ein Donnerwetter auf alle bösen Buben und Mädchen los, und ich rasselte bedrohlich mit einer eisernen Fahrradkette. Aus einem zerschlissenen Kartoffelsack verteilten wir danach ein paar runzlige Ãpfel. Als ich das Gedicht »Da drauÃen vom Walde, da komm ich her« aufsagte,
weinte meine Mutter, und auch ein paar Nachbarn aus dem heimischen Komotau schnäuzten hörbar ins Taschentuch.
Immer mal wieder war ich danach als Nikolaus unterwegs, einmal sogar bei einer Betriebsfeier der GONG- Redaktion in München, wo ich dem damaligen Chefredakteur Helmut Markwort â später beim FOCUS â gewaltig auf den Hintern klopfte. Nikolaus darf das.
Vor einigen Jahren klingelte eines Morgens â es war der Heilige Abend und noch dazu ein Sonntag â gegen acht Uhr jemand Sturm. Ich öffnete verschlafen die Tür. DrauÃen stand Frank Elstner, der einst mein Chef bei Radio Luxemburg war. »Es ist etwas Fürchterliches passiert«, stieà er hervor. Passiert war, dass Lena und Enya â die kleinen Töchter der Familie â nicht mehr an den Weihnachtsmann zu glauben bereit waren. Elstner sah in dieser Tatsache eine Katastrophe und flehte mich an, am Abend als Heiliger Nikolaus, direkt aus einer Wolke kommend, bei ihnen aufzutauchen.
Ich verwies darauf, dass ich kein Habit hätte, um entsprechend glaubwürdig zu wirken. Und heute sei bekanntlich Sonntag, da hätte der Kostümverleih in der Stadt geschlossen und auch andere Zulieferer für Jux und Dollerei wären nicht verfügbar.
Für Frank Elstner sind solche Tatsachen kein Hindernis. Drei Stunden später tauchte er mit einem Bischofsgewand auf: Mitra, Hirtenstab, eine lila Stola und das weiÃe Messgewand mit den goldenen Bordüren waren vom Allerfeinsten.
Nur die Schuhe hatte Frank vergessen. Also zog ich rote Slipper an, weil bekanntlich der Chef in St. Peter dermaÃen ausgestattet sogar Staatsbesuche absolviert.
Es war ein perfekter Heiliger, der da zur Dämmerstunde die Wohnstatt der Familie Elstner betrat. Von den Anwesenden lieà ich mir den Bischofsring küssen, die Damen versuchten gar einen Knicks. Nachdem ich die Gemeinde gesegnet hatte, lieà ich mich auf einem vorbereiteten Thronsessel nieder. Zugleich wurden Enya und Lena hereingeführt. Weil sie sichtlich verängstigt waren, versuchte ich sie mit brummender Stimme zu beruhigen. Lena spielte sodann auf dem Klavier eine besinnliche Weise, Enya sagte ein Gedicht auf. Ich glaube, es war Weihnacht von Joseph von Eichendorff. Dann sangen alle Stille Nacht, Heilige Nacht . Gerührt verteilte ich eine Menge bunt verpackter Pakete aus einem gewaltigen Krabbelsack an die erlauchten Gäste, lieà mir zum Abschied noch einmal den Ring küssen und musste mir an der Tür noch eine Frechheit des Gastgebers anhören: »Jetzt ist aber Schluss!« â Es war ein gelungener Auftritt. Das musste auch Frank Elstner zugeben. Zu Verstehen Sie Spaà hat er mich trotzdem nicht eingeladen.
Für immer bleibt wohl ein
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