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Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Titel: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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in seinen Briefen schmeichelte und übertrieb, um etwas zu erreichen, so war es kein Bös und nie ein Verhehlen seiner Wünsche; es war viel mehr aus einem Gefühl des Erahnens, wie sein Gegenüber beschaffen sei und welche Sprache es verstünde.
    Nun ja, die Wahrheit ist vom Lügen nur durch winzige Grade getrennt.
    Saß Heinrich einem Menschen gegenüber, war es ihm unmöglich, sich in irgendeiner Weise zu verstellen. Launen und Gedanken platzten aus ihm heraus, gerade wie sie ihn selbst überfielen.
     
    Vielleicht war es auch alles in allem ein Missverständnis, was die beiden Männer zunächst miteinander verband. Adam, einst Lehrer, nun junger Professor, hatte sich für ihn eingesetzt. Er hatte, als Heinrich ahnungslos im Fort de Joux einsaß und von nichts auch nur einen Schimmer hatte, das Erscheinen seines«Amphitryon« vorangetrieben. Er hatte ein Manuskript, das Heinrich bei Freunden in Dresden zurückgelassen hatte, die Komödie einer
göttlichen Täuschung
, Goethe persönlich angepriesen und um dessen Segen gebeten, behauptend, wie viel Kleist an dessen Urteil liege (was nur halb der Wahrheit entsprach) und wie notwendig sein Einfluss sei (was stimmte). Und auch bei seinem Freund Friedrich von Gentz, der bei Hof von großem Einfluss war, hatte er gute Stimmung dafür gemacht, gelinde gesprochen. Zwing mich nicht zu deiner Meinung, hatte der nur kühl gesagt. Die Komödie war erschienen, Adam hatte die Vorrede nebst lobender Rezension verfasst – und doch bleiben Zweifel über Zweifel, ob er im Stillen sich nicht einen schönen Nutzen ausgerechnet, bewusst oder nur aus dem reinen Instinkt des halb geöffneten Mundes vielleicht: wie sehr er selber
profitieren
würde, hielte er sich nur schön in der Nähe dieses neuen aufstrebenden Genies.
    Vielleicht aber verhielt es sich mit Adam ja so, dass er Heinrich auch wirklich liebte, auf seine ganz besondere Weise. Heinrich seinerseits nahm froh und glücklich an, dass einer ihm beistehen wollte, und er glaubte sicherlich, dass sie zusammen weiter kämen als ein jeder für sich allein.
     
    Das menschliche Herz ist aufs Vielfältigste zusammengesetzt.
    Wer sollte dies nicht besser wissen als Heinrich?
    Doch der Dichter lebt nicht immer, was er schreibt. Und dem Dichter ist auch nicht von Nutzen, was er weiß, vielleicht ist dies der Preis seiner Dichtung. Man denke nur an Schillers Unfähigkeit, mit dem intriganten und leider hochnotwendigen Herrn Theaterdirektor Iffland zurechtzukommen, obwohl er selbst doch die Mechanismen der Intrige so glänzend beschrieb!
     
    Heinrich
und
Henriette, naiv bis auf die Knochen, erlagen Adams Charme, wieder und wieder, er aus überschäumender Natur, sie aus Gutmütigkeit und Liebesverlangen.
     
    Henriette hörte zu und urteilte selten, das machte ihren Reiz, für viele, die sie kannten. Sie gab ein Gefühl von Bedeutung, wem auch immer, der bei ihr saß. Bescheiden, nicht brillierend, nicht fordernd wie andere weibliche Wesen.
    Die Zeit verlangte nach leichter Verliebtheit; nicht jede hat ihr Maß in der Hand.
     
    Wechsel der Lage, Wind kommt auf. Eine neue Figur auf dem Schachbrett der Illusionen.
    Adam, der das Gras durch den Zaun frisst, auf der Weide des Nachbarn, begann, kaum hatte er ihr Herz gewonnen, einer anderen den Hof zu machen. Madame Sander hieß die Auserwählte, mit Vornamen Sophie, jung war sie und reizend, sie war die Frau eines dicken Verlegers und führte einen bedeutenden Salon, in dem es wimmelte und spekulierte.
    Adam aber, durch und durch gerissen, behielt Adolphine, später Henriette, für alle Fälle, für sich bereit. Oder konnte sie nicht lassen von ihm? Er schickte seinen Freund Franz von Theremin zu ihr, ein Geistlicher zwar, doch offen für irdische Reize. Geh mal zu Henriette, hatte er vielleicht gesagt, lenk sie ab, zerstreu sie, sie wird mir lästig mit ihren Seufzern, sie macht sich Hoffnungen, das dumme Ding, doch halt sie mir gut, es ist wichtig, denn Louis ist mein Freund. Seltsame Logik eines seltsamen Mannes. Franz war faul, er nahm, was kam, was sollte es, erst Henriette, und später, als es notwendig wurde, auch die liebe Madame Sander. Adam streunte ungezügelt, kam wieder, du bleibst mir doch meine liebe Henriette, du wirst mir diese kleine Laune doch verzeihen, du weißt doch, ich kann mich so schrecklich schlecht wehren, ich bin schwach gegenüber der Verliebtheit von Frauen.
    Henriette, noch immer ausgesetzt diesem verheißungsvollen Beben der schmalen, doch starken Nase,

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