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Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Titel: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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Cherub hinter ihr, Heinrich fallen die Augen zu, er versucht nicht mehr, sie offen zu halten, er sieht seltsame Gestalten. Durch seinen müden Kopf wehen Bilder, die Bilder, die sie in ihm weckt, und Heinrich gleitet in einen angenehmen Zustand der Entspannung.
    Ich möchte dir etwas erzählen, sagt Henriette, er hört es, wie von Weitem, ich habe es noch nie jemandem gesagt.
    Du kannst mir alles sagen, nuschelt er mühsam, wir haben die ganze Nacht Zeit. Er will, dass sie weiter erzählt, er will sich nur einen Augenblick ausruhen.
    Bei der Taufe damals, du erinnerst dich, bei Adam und Sophie, da habe ich es zum ersten Mal bemerkt.
    Was denn?, schafft Heinrich gerade noch zu sagen, sie soll erzählen, lieber nicht von der blöden Taufe, aber egal, soll sie, er will nur nicht mehr antworten müssen, er will sich dem Klang ihrer Stimme überlassen, er hört siegern sprechen, sie spricht klar und mit einem warmen Ton. Eine angenehme Altstimme, ohne schrille Kiekser.
    Dass Louis ihr schöne Augen macht.
    Sie hält inne, Heinrich kriegt den Mund kaum auf, aber sie wartet offenbar auf eine Frage.
    Er brummt etwas, mit letzter Kraft.
    Julie.
    Heinrich brummt noch einmal und lässt sich tiefer in die Matratze sinken.
    Julie Eberhardi, sagt Henriette, du weißt schon, die kleine Witwe des Geheimen Rats Eberhardi. Die kannten wir ja auch aus Königsberg. Alle hatten über seinen Tod getratscht, es gingen die wildesten Gerüchte um. Der Geheime Rat war in einer Kneipe ums Leben gekommen, um nicht zu sagen, in einer Spelunke, du wirst sie natürlich kennen, es ist die übelste der ganzen Stadt, die in der Letzten Straße. Da soll es sogar – nun ja. Was der Geheime Rat dort wohl zu schaffen gehabt hat? Man kann sich ja einiges denken, wer sich da alles traf. Kaum zu glauben. Na jedenfalls, man munkelt, er wurde vergiftet! Stell dir das mal vor. So ein Skandal! Die arme Madame Eberhardi! Sie wohnte ja um die Ecke, in der Mohrenstraße, nicht weit von uns. Auf dem Gendarmenmarkt lief man sich über den Weg. Eine freundliche Person, bescheiden und brünett.
    Bei der Taufe   … wenn ich daran denke, wen Adam alles mobilisiert hat! Sogar Langhans, den Baumeister, hat er eingeladen, er hatte immer diesen Hang zu Männern mit Bedeutung, nicht wahr? Im Flur habe ich sie gesehen, Louis hat Julie die Hand geküsst. Ein sehr langer Kuss. Und dann blieb er über die Hand gebeugt stehenund sah von dort zu ihr hinauf. Es schien, als wollte sie die Hand fortziehen, doch er hält sie fest und sieht sie an, und sie lächelt. Ich dachte, mich trifft der Schlag. Und ich hatte ein schlechtes Gewissen! Wegen Adam! Dabei hat Louis mich so oft allein gelassen, und – ach, verflucht, ich will jetzt nicht daran denken.
    Bei einer anderen Gelegenheit, jedenfalls, bei irgendwelchen Freunden, habe ich genauer hingesehen. Er reicht ihr das Salz, den Wein, eine Schale mit Früchten. Das hat er für mich nie getan! Dieser Halunke! Es war nicht zu übersehen, war man erst einmal darauf gekommen. Verzeih, mein Lieber, du hast natürlich recht, mein Blick war geschärft durch meine eigenen Heimlichkeiten, und doch, du weißt, man sieht ja oft nicht den Wald vor lauter Bäumen. Die kleinen Blicke, die stillen Seufzer, die Zerstreutheit.
    Henriette braucht nun doch ein Taschentuch. Es macht sie im Nachhinein traurig. Schließlich hat sie Louis geliebt, und was hat sie mit ihm nicht alles erlebt.
    Trotzdem, sagt sie. Es lässt sich nicht vergleichen. Wäre ich wegen Louis nicht einsam gewesen, hätte ich nicht mit Adam   … Nicht auszudenken, ich hätte mich ihm hingegeben! Es gibt Scheidungen, aber das macht sie nicht besser. Louis. Mein liebenswürdiger, gleichgültiger Mann. Lange habe ich ihm meine Liebe nachgetragen.
    Diese Taufe – was für ein Ereignis. Sie war ja auch für dich nicht gerade ein glücklicher Tag. Erschien da nicht Adams Artikel, der dir das Genick gebrochen hat, über den Nationalcredit? Seine Attacke gegen Hardenbergs Reformen? Danach fing der Ärger erst richtig an. Oder?
    Niemand antwortet aus den Kissen, zum Glück hat Heinrich es nicht gehört.
    Du meinst, ich hätte keinen Grund, mich aufzuregen?, fragt Henriette, die sich in der Tat so aufregt, dass sie vom Tisch aufspringt und im Zimmer hin und her rennt. Da kennst du die Frauen schlecht! Was glaubst du, weshalb er dich gefragt hat, ob du mich nicht heiraten willst? Damit der Platz frei wird, für Madame Julie! Aber du –
    Sie bleibt vor dem Bett stehen, sie hört ein

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