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Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Titel: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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knicken in den Beinen zusammen, sie prusten, kichern, schnaufen, sie hocken auf dem Boden, den Dielen des fremden Zimmers, als wäre es ihrs, und es ist ja ihres, ihr Zimmer für die Nacht.
    Das ist nicht komisch, sagt Heinrich, und Henriette schüttelt sich lautlos. Nein, sagt sie, nach Luft schnappend, es ist
tod
ernst!
    Sie werden alle ganz tragische Gesichter machen, wenn sie uns tot daliegen sehen, das geschieht ihnen recht.
    Jawohl. Der König wird sich die Augen zuhalten, wenn er in seiner Kutsche hier vorbeikommt. Jedes Mal wird er versuchen, hier nicht anzuhalten, damit er nicht an uns denken muss!
    Und die Prinzessin Marianne, diese blöde Ignorantin, jedes Mal wird sie ihren Schleier herabziehen über ihr Gesicht und vor Scham im Boden versinken, weil sie mir nicht geholfen hat! Weil sie meinen »Homburg« nicht verstand, den ich ihr zu Füßen legte! Was für eine dumme Idee von Marie! Wie demütigend, was hat sie sich nur dabei gedacht? Oh, wird die Prinzessin seufzen, wär ich klüger gewesen und mutiger und hätt ich die Schönheit dieses Stückes erkannt! Welch ein Dichter!
    Es geschieht ihnen allen recht, sagt Henriette, aber wir wollen nicht rachsüchtig sein, jetzt, wo wir so glücklich sind.
    Du hast recht, wir haben keinen Grund. Das interessiert uns jetzt alles nicht mehr! Vorbei, vorbei, all die Schmach dieser Erde!
    Sie lachen noch einmal. Heinrich kriecht auf allen vieren zum Tisch, springt auf, nimmt die Flasche Wein und die beiden Gläser, kommt zurück zu Henriette und setztsich auf den Boden. Genug, winkt Henriette ab, ich kann nicht mehr. Ich habe genug. Heinrich schenkt Henriette und sich noch ein Glas Wein ein, du hast ja recht. Henriettes dunkelbraunes, fast schwarzes Haar hat sich nun vollständig aufgelöst, es fällt ihr üppig herab auf die Schultern, es steht ihr gut, es gibt ihr etwas Wildes. Eine niemals gekannte Leichtigkeit überkommt sie, beglückender als alle
frissonnements.
    Reizend noch stets, noch immer liebenswürdig,
    Lag Clarissa, da sie uns weggeblüht war,
    Und noch stille Röthe die hingesunkne
    Wange bedeckte.
     
    Freudiger war entronnen ihre Seele,
    War zu Seelen gekommen, welch’ ihr glichen,
    Schönen, ihr verwandten, geliebten Seelen,
    Die sie empfingen,
     
    Dass in dem Himmel sanft die liedervollen,
    Frohen Hügel umher zugleich ertönten:
    Ruhe dir, und Kronen des Siegs, o Seele,
    Weil du so schön warst!
    Es ist die Ode Klopstocks, die Henriette rezitiert, »Die todte Clarissa«. Sie hat das Buch mitgenommen, es ist ihr liebstes, es liegt auf dem Nachtschrank neben ihrem Bett, man wird es finden. Man soll es finden, es ist ihre Nachricht an die Welt, dass sie die Seele gefunden hat, mit der sie nun auf immer sich vereint. Lotte liebt ihren Werther nur einen Augenblick, diesen Augenblick amFenster, doch nicht genug, um mit ihm aus dem Leben zu gehen. Es ist eben nur Dichtung. Ihre Liebe wird um vieles größer sein.
     
    Unendliche Liebe: verweist sie selbst nicht auf die Unsterblichkeit? Die ganze Natur spricht von ihr, von der Verwandlung eines Lebewesens in ein anderes, so wie auf den kalten Winter der Frühling folgt. Sind wir nicht von Toten umgeben? Horaz, Shakespeare? All unser Streben verrät uns einen Hunger, eine Sehnsucht nach der Unendlichkeit.
     
    Wann haben sie angefangen, den Tod so zu denken? Als Heinrich zu ihr kam, Anfang Oktober, und ihr sagte, die einzige Vermählung, die er ihr bieten könne, sei die im Tod? Ob sie bereit sei?
    Die Menschen denken den Tod als etwas Schreckliches, hatte er zu Henriette gesagt, aber du weißt, dass er unser Freund ist, sanft und freundlich.
    Henriette hatte genickt; so lange sie denken konnte, hatte sie Gebete an den Himmel gerichtet, voller Hingabe und mit viel Musik.
Übergang
nannte sie den Tod
, Überfahrt
,
Schwellenmann
, und etwas tief in ihr schwoll an, wenn sie an ihn dachte, es prickelte und bereitete ihr Lust.
    Sie denken, es muss die reine Verzweiflung sein, sich ihm zu überlassen, aber du, liebste Freundin, weißt, dass es anders ist. Es ist eine große Umarmung. ER wird in unserem Bund der Zeuge sein. Der Dritte in unserem Bund.
    Diese Formulierung störte Henriette ein wenig.
    Sag es bitte etwas anders, bat sie Heinrich, ich möchte mit dir doch einmal allein sein.
    Er lachte, es sei doch nur so eine Redensart.
    Nein, sagte Henriette streng, wenn du IHN mehr liebst als mich, brauche ich nicht mit dir zu gehen.
    Heinrich fing zu schwitzen an, bloß das nicht, jetzt hatte er es gleich

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