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Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Titel: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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waren sie ein paar Meter gegangen, er hatte gerade wieder die Karre gepackt, hatte er sie gehört, kichern und Kindchen rufend, und er hatte über die Schulter zurückgelinst und gesehen, wie sie tatsächlich wieder hopsten und hüpften.
    Als sie kurz darauf am See ankommen, der Tagelöhner Riebisch und seine Frau, mit Tisch und Stühlen, da stehen die beiden und warten, vergnügt winken sie, und der Herr, der ein Dichter sein soll, nun ja, hält ihm seine Quartflasche hin und sagt: ach bring er doch noch eine Flasche Rum von seinem Herrn.

10
    (Heinrich, zwischen fünf und sechs)
     
    Ein Mann, eine Frau, zwei Zimmer, eine Tür.
    Die Tür ist zu; er ist hier, sie dort. Sie wollen sich noch ein wenig ausruhen, der Morgen rückt schon näher. Henriette ist in ihr Zimmer gegangen, es ist schon gegen Morgen, es ist besser, wenn ich in meinem Zimmer schlafe, wir wollen kein Gerede. Der Diener wird irgendwann kommen und den Inhalt der Nachttöpfe holen; das Dienstmädchen wird an Henriettes Tür klopfen, um ihr beim Ankleiden behilflich zu sein. Es ist besser, die Tür zwischen ihnen ist dann geschlossen.
     
    Heinrich hat die Kerze ausgeblasen und das Fenster aufgerissen. Er sieht hinaus, auf den dunkel schlafenden See, ganz ruhig ist er, das Wasser liegt still und friedlich, und er blickt hinauf in den phantastisch klaren Sternenhimmel. Tiefblau, mit blitzenden Punkten, fern und deutlich. Er sieht die Deichsel des Großen Wagens, sein liebstes Sternbild, alle Wolken und Nebelschwaden haben sich verzogen. Der Mond ist gewandert, bereit, bald unterzugehen. Die Luft ist kühl und feucht und tut ihm wohl, er atmet tief. Es ist das Ende der letzten Nacht seines Lebens; er will es auskosten, jeden einzelnen Augenblick.Er fühlt sich nüchtern, heiter und klar. Er atmet noch einmal tief ein und –
    hört eine Stimme in seinem Inneren auftauchen, die Stimme seines anderen Ichs, das ihn immer infrage stellte, und die nur zu oft zur Stimme seines Freundes Ernst wurde.
     
    Es soll Menschen geben, die wählen den Tod aus Angst vor dem Tod. Sie wollen ihm zuvorkommen; sie ertragen sie nicht, diese Angst, sterben zu müssen.
    Denkst du so, von mir?
    Dreh die Frage nicht um, antworte mir!
    Ach weißt du, mein lieber Ernst, ich bin so viele Millionen Tode gestorben, ich habe mich an den Gedanken längst gewöhnt. Weißt du, was es heißt, von einem Goethe verachtet zu werden? Weißt du, was es heißt, um Geld bitten zu müssen? Nichts weißt du. Du passt einfach besser in die Welt. Weißt du noch, damals, als ich von Paris fortgelaufen bin?
    Ja. Ich habe dich gesucht. Verzweifelt. Vergebens.
    Ich habe es nie jemandem gesagt, ich habe mich geschämt. Ich wollte mir das Leben nehmen. Ich sprang in den Rhein. Ich wollte ertrinken. Ich habe schon damals gewusst, dass ich es nicht schaffen würde. Doch ein Fremder hat mich gesehen. Er hat mich herausgefischt, aus dem lausigen Wasser. Monatelang konnte ich kaum Bett und Zimmer verlassen. Ich fühlte nichts, nichts schien mir sinnvoll. Es war ein Grauen ohne Ende. Ich weiß nicht, wie es vorbeiging. Eines Tages erwachte ich, stand auf – und war ein neuer Mensch. Ohne Gedächtnis für das Zuvor.
    Und jetzt? Warum denkst du jetzt, es wird nicht wieder aufhören?
    Ich weiß es. Es kommt immer wieder. Ich bin diesem Übel nicht gewachsen. Erinnerst du dich an meine Zeit in Königsberg? Alle dachten, ich wäre faul und bequem und hätte keine Lust, meiner Arbeit nachzugehen. Zugegeben, das Amt machte mich nicht froh, doch ich war guten Willens, dem König zu dienen! Doch je mehr ich mich gegen dieses schleichende Übel wehrte, desto grässlicher würgte es mich. Kopfschmerzen, Koliken, du weißt nicht, was das heißt, Schlaflosigkeit, Verstopfung und Krämpfe! Diese Fremdheit gegenüber allem.
    Der Rum, der Wein, das ungesunde Leben.
    Nein, Ernst, das war es nicht. Nicht einmal du hast mich verstanden. Endlose Gespräche haben wir geführt. Wer mich verstand? Der Bruder von Marie vielleicht, Pierre. Er nahm sich das Leben, in Madrid. Verschuldet, entehrt, voller Scham. Wie peinlich war es Marie, sie hätte es mir beinahe verschwiegen. Ein Selbstmord in der Familie, nein! Immerzu am Hofe, immerzu auf Eitelkeiten und Honneurs aus, ja, sag es mir, ich bin ungerecht, sie hat mir geholfen. Und doch, was für eine blöde Pute! Wie sie sich bei Hofe hineingearbeitet hat, das war ihr das Höchste! Berichte mir, woran du schreibst! Ja, sage mir, woran du arbeitest, dann will ich sehen, ob du Hilfe

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