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Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit

Titel: Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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verdienst! Sie hat es ausgekostet, ich sage es dir, und ich bin es satt, satt, zu bitten und zu betteln, mich zu rechtfertigen, von meinen Erfolgen zu reden, wo gar keine sind, nur damit das Weib die Börse zückt! Siehst du nicht, wie mich das quält? Und dann noch Maries schwachsinnige Idee, meinen »Homburg« an Prinzessin Marianne zuschicken! Was versteht so eine junge Prinzessin von diesen Dingen? Welcher Wahrheit einer zu folgen hat? Welche widerstrebenden Kräfte an ihm zerren? Sie nimmt das Tüchlein und tupft sich die Tränen, und dann sagt sie: Aber ein Prinz muss doch an allererster Stelle seinem Volke dienen! Das steht doch völlig außer Frage. Was einer sich erlaubt, an sein Gefühl zu denken, nein! Das ist doch nichts für einen
Aadelichen
! Und sie dehnt das Wort, als handle es sich um eine göttliche Person. Marie, Marie, immerzu dieses Gerede, mit dem sie mir in den Nacken griff, von ihrer unendlichen Zuneigung und Treue. Und als ich sie einmal frage, willst du nicht etwas Gutes tun und dann mit mir sterben? Da sieht sie mich an, als wäre ich ein ekliger klappriger Gaul und wollte sie küssen!
    Aber Heinrich, du weinst ja!
    Ich kenne sie so lange, sie war mir wie eine Schwester. Ich schrieb ihr Briefe ohne Ende, keine Reaktion. Sie wird weinen, ich schwöre es dir. Und meine Schwester, meine geliebte Ulrike? Sie lässt mich hängen. Der König gibt mir eine Anstellung, die Anstellung verlangt eine Equipage. Ich habe keine Equipage. Ich also nach Frankfurt, Ulrike, bitte, kannst du nicht, ein letztes Mal, ich habe kein Geld für eine Equi… – Ulrike hat mich abblitzen lassen, vier Wochen ist es her, oder sind es sechs, ich sei ein Nichts,
ein nichtsnutziges Glied der menschlichen Gesellschaft, keiner Teilnahme wert!
Ich hätte mich gleich in die Oder werfen sollen, es hätte mir die Qualen der Erinnerung erspart! Ah! Es hat mir den Rest gegeben! Kein Geld, keine Ääkipahsche, wie ich das Wort schon hasse! Keine Anstellung beim König! Und was bin ich auf Knien gekrochen, damit er sie mir in Aussichtstellt! Ich habe jede Achtung vor mir selbst verloren. Die Welt kommt mir vor wie eingeschachtelt, ich bin eingezwängt in ihrem engsten Winkel, ich komme immer nur heraus, um an der nächsten Biege wieder in ihre Zwinge zu geraten. Nicht einmal sterben kann ich allein.
     
    Heinrich bekommt einen Hustenanfall. Wieder hat er diesen Schmerz im Brustkorb, und in seinem Kopf dröhnen all die nutzlosen, schrecklichen Worte. Sie werden immer größer, immer lauter gellen sie. Der Himmel sieht ihn an, das Firmament, es scheint ihm zuzulächeln. Könnte er sich nur einfach aufschwingen wie ein Vogel und verloren gehen im All! Doch schwach hängt er auf dem Fensterbrett, und unerbittlich ist die ihn marternde Stimme.
    Jetzt hör doch auf! Immer findest du einen, der schuld ist an deiner Misere. Dabei ist es dein Ungenügen an dir selber, deine unerfüllbaren Ansprüche, Heinrich, und wenn ich dafür nicht herhalten konnte, war es ein anderer, Adam, Napoleon, der König, eine ganze Stadt, Paris oder Berlin. Und immer wieder deine Schwester, Ulrike. Es war das Wetter, der Krieg, die Bosheit der anderen Menschen, immer hast du etwas oder einen gefunden, der schuld war, der dich am Schreiben hinderte, am Verwirklichen deiner Pläne, an deinem Leben
tout court
. Das wucherte in deinem Kopf, oder sagen wir besser, es schlief, es schlummerte unter einer dünnen Schicht, die so verletzlich war, so schnell reißen konnte, die kleinste Beleidigung, die kleinste Abweisung, der geringste Grund, und schon riss sie auf, und es wurde ein
Ab
grund daraus.
    Hör auf, Ernst, hör auf damit! Immer quälst du mich mit diesen Worten!
     
    Heinrich schlägt das Fenster zu, jetzt hat er sich den Anblick des schönen Himmels verleidet. Dabei war er doch gerade noch so gefasst! Es ist ein Jammer! Und es ist bitterkalt. Er wirft sich auf sein Bett, er dreht sich darauf hin und her, und starrt ins Dunkle, ein Dunkel, das ihm Angst macht, kein tröstliches, das ihn umfasst. Er springt auf und läuft umher. Verflucht! Sobald er nicht in Henriettes nächster Nähe ist, beginnen diese grässlichen Gedanken! Er kann nichts machen, es ist wie eine riesige Maschine, die durch seinen Schädel stampft. Er sollte vielleicht besser zu ihr hinüber, aber nein, sie schläft sicher, er will sie nicht stören –
    Ach, Heinrich. Du hast zu viel getrunken, dann verachtest du alle, und vor allem dich selbst, wie schon damals in Paris, als du dein

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