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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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Quieken der Tiere beim Schlachten nicht so mitkriege. Und mein Vater hat immer gesagt: »Was, und du willst mal Fleischverkäuferin werden?« Viele haben damals immer den Finger in den Blutwurstbottich gehalten und abgeleckt, das fand ich eklig. Und einmal in der Lehre sollte ich ein noch warmes Schweinehirn in eine Schüssel tun, das konnte ich nicht, da bin ich direkt aufs Klo gerannt. Auch Rohes kann ich nicht kosten. Mein alter Seniorchef hat immer zu mir gesagt: »Eine Fleischverkäuferin, die keine rohe Leber essen kann, wird nie eine gute Fleischverkäuferin.« Na, da hat er sich wohl getäuscht.
    Der Seniorchef ist letztes Jahr gestorben, das war sehr traurig. Nachdem er in Pension war, hat sein Sohn den Laden noch eine Weile geführt. Kurios war, dass der dann im Metzgerladen gleichzeitig Schlankheitsprodukte verkaufen wollte. Da stand dann neben der Fleischtheke ein Tisch mit diesem Diätzeugs drauf. Und immer, wenn etwas
korpulentere Damen oder Herren in den Laden kamen, dann hat er die drauf angesprochen. Das kann man doch nicht machen, oder? Welche Frau lässt sich denn auf ihre Figur ansprechen oder will über eine Diät nachdenken, wenn sie gerade Speck kaufen geht?
    Der Laden war innerhalb von wenigen Monaten pleite, ich hab mir dann einen neuen Job gesucht. Seitdem bin ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber, einer Metzgerei mit Imbiss in einem Einkaufszentrum.
    Wir sind immer fünf Kolleginnen, unsere Schichten dauern acht Stunden. Mein Arbeitstag beginnt morgens um halb sechs und ist erst mal ziemlich stressig, weil ich dann noch ganz alleine bin. Ich räume die ganze Wurst-und Fleischtheke ein, möglichst schick natürlich, muss ja alles nach was aussehen, die Wurst muss immer schön auf eine Höhe geschnitten werden. Dann mache ich Gehacktes und hacke Koteletts. Und wenn dann um sieben die Kolleginnen kommen, kochen wir Essen für den Imbiss: Gulasch, Schnitzel, Buletten, insgesamt etwa zehn frische Gerichte.
    Buletten mache ich jeden Tag einen Haufen, so um die fünfzig Stück, das geht richtig in die Arme, ich brauche kein Fitnessstudio. Und ich habe immer eiskalte Finger. Das Fleisch kommt ja direkt aus dem Kühlraum, und da muss ich mit den Händen rein. Zwischendurch halte ich sie immer in warmes Wasser, sonst hält man das nicht aus. Viele bekommen später Gicht deswegen. An der Theke stehen ist ein Knochenjob, sich immer wieder bücken müssen, ich hab schon jede Menge Krampfadern
davon bekommen. Das ist eben der Nachteil. Aber ich mache den Job gerne, mir macht er Spaß.
    Ich mache auch gern die Frühschichten, weil ich zweite Chefin bin und darauf achten muss, dass beim Essenkochen alles gewinnbringend verarbeitet wird. Fleisch vom Vortag oder Wurstabschnitt muss man ja nicht wegschmeißen, das kommt dann eben in die Buletten oder ins Gulasch. Das ist kein schlechtes Fleisch, dadurch, dass wir so viel verkaufen, ist bei uns alles immer frisch. Aber Fleisch vom Vortag tun wir nicht noch mal in die Theke, sondern verarbeiten es.
    Wir haben richtig strenge Hygienevorschriften. Beim Fleisch ist immer genauestens protokolliert, wo es herkommt und was genau verarbeitet wurde. Bei uns wird ständig kontrolliert, ob alles sauber ist. Das ärgert mich manchmal, bei der Pommesbude schräg gegenüber, da gibt es noch nicht mal fließend Wasser, und denen guckt keiner ständig in die Schränke. Wir Verkäuferinnen müssen sogar regelmäßig Stuhlproben abgeben, wenn wir aus dem Urlaub kommen, um sicherzugehen, dass wir keine Krankheiten aus dem Ausland mitbringen.
    Diese Gammelfleischskandale in den letzten Jahren haben mich nicht gewundert. Schwarze Schafe, die nur ans Geld denken, gibt es immer. Was mich vor allem wurmt, ist, dass viele Kunden jetzt sagen: »Oh, das ist im Angebot, dann ist es bestimmt alt und muss weg.« Klar, dass die Leute so denken. Dabei ist es ganz oft so, dass man beim Händler besonders viel abgenommen hat und deswegen einen Rabatt an die Kunden weitergeben möchte.
    Aber wenn ich manchmal im Supermarkt diese vollen Regale mit dem abgepackten Fleisch sehe - das verkaufen die ja nie im Leben alles! Und man kann mir nicht erzählen, dass die das dann wegschmeißen. In so einem Laden könnte ich auch nicht arbeiten, ich kann nur das verkaufen, was ich als Kunde auch selber kaufen würde.
    Ich habe da natürlich auch ein Auge für, wie gutes Fleisch aussieht. Meinem Mann

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