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Wir sind bedient

Titel: Wir sind bedient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alena Schroeder
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zurückbringen, dann können Sie das ja auch nur umtauschen oder kriegen das Geld zurück, aber nicht noch was extra obendrauf.« Dann hat sie sich beim Chef beschwert, wir wären unfreundlich zu ihr gewesen. Und mein Chef packt der auch noch ein Wurstpaket, fährt zu ihr nach Hause und bringt der das auch noch persönlich. Da habe ich mich echt geärgert, wir werden hier behandelt wie Fußabtreter, und dann wird das auch noch belohnt.
    Oder einmal war ein Ehepaar da, er bestellt sich Schnitzel mit Bratkartoffeln und isst das fast alles auf. Dann kommt die Frau mit dem Teller zu uns an die Theke und sagt: »Da ist aber viel Speck an den Kartoffeln.« - »Na ja«, sagen wir, »ist doch gut, ist doch auch so üblich bei uns in der Region, dann schmeckt’s doch auch besser.« Und er hatte es ja auch fast aufgegessen! Drei Tage später kam ein Beschwerdebrief, direkt zum Chef: Die Frau beschwert sich, ihr Mann sei zuckerkrank und hätte nach unserem Essen mit einem Schock ins Krankenhaus gemusst. Na, dann bestellt man sich doch auch kein Schnitzel, oder? Wir sind doch keine Ärzte, das muss der doch selber einschätzen können, ob er das essen kann. Die wollten dann auch’ne Entschädigung und haben gleich mit der BILD -Zeitung gedroht. So was gibt es immer wieder: Leute, die ihr Essen aufessen, den leeren Teller
zurückbringen und sagen: »Das war mir zu fettig, ich will mein Geld zurück.«
    Es gibt auch Kunden, die kenne ich schon. Und wenn die in den Laden kommen, schick ich meine Kollegin an die Theke, weil ich mich sonst so stark zusammenreißen müsste, noch nett zu sein. Wenn sich Leute über Preise beschweren, dann denk ich: Dann geh doch woandershin und kauf dein Fleisch abgepackt. Oder wenn Leute telefonieren, während sie bei mir bestellen, das finde ich unhöflich, auch denen gegenüber, die hinter ihnen in der Schlange stehen. Bei älteren Leuten bleibe ich immer höflich, so bin ich erzogen. Aber bei so Jungs, die gleich frech werden, sag ich auch schon mal was.
    Wir sind auch schon richtig massiv bedroht worden. Wir haben bis 22 Uhr geöffnet, obwohl da eigentlich fast kein Umsatz mehr gemacht wird. Alle Läden um uns rum haben dann schon zu, und wir sind fast allein auf dem Gelände. Ab 20 Uhr kommen die Jugendlichen, so fünfzehnjährige Rowdys, das sind die schlimmsten. Die kennen keinen Halt, schmeißen alles rum, machen totale Sauerei. Dabei hatte man gerade alles sauber gemacht. Und wenn man dann was sagt und die haben vielleicht schon was gesoffen, dann kommt gleich so was wie: »Ey, ich hau dir gleich in die Fresse«. Gerade in der Masse fühlen die sich natürlich stark. Ich kann ganz gut mit denen umgehen, ich bin ja auch noch nicht so alt, man muss halt den richtigen Ton finden.
    Um diese Zeit laufen da einfach viele Betrunkene rum, und man ist denen total ausgeliefert. Wir hantieren ja
auch mit Messern, das liegt ja alles offen bei uns rum, theoretisch kann da eine Menge passieren. Es gab auch schon Neonazis, die da an der Eingangstür gesoffen haben und dann ihre leeren Glasfalschen zu uns reingeschmissen haben. Da hat man schon Angst. Bisher ist es zum Glück glimpflich abgegangen. Aber wenn wirklich mal was wäre, ich würde da nicht die Heldin spielen. Ich würde alles Geld hingeben und denen noch ein Wurstpaket packen. Was habe ich davon, wenn ich mich wehre, und dann erst recht eine übergebraten bekomme?
    Wenn ich abends nach Hause komme, kann ich kein Fleisch mehr sehen. Privat esse ich eigentlich kaum Fleisch und Wurst, wenn man den ganzen Tag in diesem deftigen Zeug steht, dann verliert man den Appetit darauf. Nach der Arbeit gehe ich erst mal duschen, um diesen typischen Fleischgeruch loszuwerden, den hat man einfach an sich. Manchmal sagt meine Tochter zu mir: »Mutti, du riechst immer noch nach Arbeit!« Meinem Mann gefällt es, dass ich so schön nach Bockwurst rieche. Zumindest hat er mal gesagt, dass er mich genau deswegen geheiratet hat.
    Â 
    In Deutschland gibt es 27 000 Verkaufsstellen für Fleisch. Damit kommen im Durchschnitt 33 fleischerhandwerkliche Verkaufsstellen auf je 100 000 Einwohner. +++ Zusammen erzielen die Fleischerfachgeschäfte einen Gesamtumsatz von knapp 16 Milliarden Euro. +++ Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben sich Fleisch und Fleischerzeugnisse im letzten Jahr um durchschnittlich
3, 8 % verteuert. +++ Die Deutschen

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