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Wir sind doch Schwestern

Wir sind doch Schwestern

Titel: Wir sind doch Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gesthuysen
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nun offiziell hundert Jahre alt. Sie hatte »gedoppelnullt«, wie es der Journalist am Vormittag formuliert hatte, und im Hinblick auf Gertruds Vorliebe für Agentenfilme fand Katty diesen Ausdruck sehr treffend. Sie war ihrer Schwester schon vor dem Ständchen um den Hals gefallen, so nervös war sie. Den ganzen Tag war sie durch die Gegend gehetzt, war beim Friseur gewesen, hatte José anschließend in Xanten abgeholt und mit nach Wardt gebracht, und dann hatte sie auch noch Piet in Empfang genommen, und zwar so, dass Gertrud ihn nicht bemerkte. Ihr war auf dem Weg nach Xanten eine Lösung für das »Problem Piet« eingefallen: Er sollte beim Überraschungsfeuerwerk spielen. Dagegen würde Gertrud nichts haben, denn das war ja ein inoffizielles Fest, und wenn alles nach Plan verliefe, wäre Gertrud außerdem zu beschäftigt, um sich über Piet aufzuregen. Von Josés Wohnung aus hatte sie Piet angerufen und ihn um einen Mitternachtsauftritt gebeten. Er hatte sofort zugesagt, glaubte Katty zumindest. Sie hatte nur die Hälfte verstehen können, denn José hatte unentwegt dazwischengeredet, Katty solle jetzt auflegen, sie müsse das Gespräch sofort beenden, das sei viel zu teuer. José hatte nicht viel Geld und sie lag wegen ihrer Telefonrechnungen im Dauerstreit mit ihren Schwiegersöhnen. Ein Telefonat ins Ausland, vor allem, wenn sie es nicht selbst führte, versetzte sie in Panik.
    Um zehn Uhr abends war Piet schließlich angekommen. Katty hatte den ganzen Abend mit Gertrud, Paula und José im Wohnzimmer verbracht. Allen war unausgesprochen klar gewesen, dass sie bis Mitternacht wach bleiben würden, um Gertrud zu gratulieren. Sie hatten deshalb José zugestimmt, als diese wie so oft vorgeschlagen hatte, man könne doch »Karten kloppen«. José kam gebürtig aus Euskirchen und hatte sich etwas von dem rheinischen Dialekt bis heute erhalten. Sie war eine leidenschaftliche Kartenspielerin und leider eine sehr schlechte Verliererin. Hatte eine der anderen bei ihrem Lieblingsspiel Rommé ein perfektes Blatt auf der Hand, wurde sie fuchsteufelswild und verfiel erst recht in rheinischen Dialekt. »Du has jefuttelt«, maulte sie dann.
    »Niemand futtelt hier außer dir, Josélein«, frotzelten die anderen. Meist ging das Spiel in großem Gelächter unter, vor allem, weil Paula Katty immer in ihre Karten gucken ließ und fragte, was sie auf der Hand habe. Es war absurd, dass sie überhaupt mitspielte, denn in dem schummrigen Wohnzimmerlicht konnte sie vermutlich rein gar nichts sehen. Für José jedoch waren das wenig beachtenswerte Kleinigkeiten, solange Paula nicht gewann. An diesem Abend war José ganz auf der Gewinnerstraße gewesen und daher bestens gelaunt, bis zudem Moment, als sie ein Auto über den Kiesweg vorm Haus hatte fahren hören.
    Der Schwägerin war nicht bewusst gewesen, dass es eine Geburtstagsüberraschung für Gertrud geben sollte, und sie hätte beinahe alles verdorben. »Da ist jemand gekommen«, hatte sie ängstlich gesagt und sich auch nicht vom Gegenteil überzeugen lassen, als erst Paula, dann Katty ihr zu verstehen gaben, sie müsse sich verhört haben.
    »Janz bestimp nich«, hatte José insistiert und war im Begriff gewesen, ans Fenster zu gehen.
    »Vorsichtig«, hatte Katty schnell gesagt und war aufgesprungen, »lass mich lieber nachgucken. Das ist zu gefährlich.« Katty hatte Paulas leises Ploppen gehört, darüber ebenfalls lachen müssen und gleichzeitig ein schlechtes Gewissen bekommen. Alle veräppelten ihre überängstliche Schwägerin bei jeder sich bietenden Gelegenheit, und wenn sie es merkte, ging sie beleidigt ins Bett.
    »Ich hole schnell eine Taschenlampe und geh mit dem Hund draußen nachsehen. Nur zur Sicherheit«, hatte Katty gesagt. »Ihr könnt ganz in Ruhe weiter Karten spielen. Es ist wahrscheinlich niemand da.«
    »Was soll der Quatsch? So was machst du doch sonst auch nicht«, hatte sich Gertrud zu Wort gemeldet, und Katty hatte gelogen: »Ach, ich tu es halt José zuliebe«, dann war sie aus dem Wohnzimmer hinausgelaufen, Piet entgegen. Sie hatte ihn über den hinteren Flur ins Haus gelotst und ihm gezeigt, wo er seine Musikanlage aufbauen sollte.
    Im Wohnzimmer hatte niemand etwas von seinen Vorbereitungen mitbekommen. Und auch von der Ankunft der anderen Gäste nicht, die hoffentlich bereits draußen standen, dachte Katty und kommandierte jetzt die ganze Kompanie in Richtung Tür. Die drei alten Damen nahmen sich Sektglas und Jäckchen und zogen wie bei einer

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