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Wir sind doch Schwestern

Wir sind doch Schwestern

Titel: Wir sind doch Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gesthuysen
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Polonaise, alle dreileicht vornübergebeugt, in tippelnden Schritten an Katty vorbei. An der Haustür sorgte sie dafür, dass José als Erste hinausging. »Stell dich zu den anderen und stimm ein Lied an«, flüsterte sie ihr ins Ohr. Dann hakte sie sich bei Paula und Gertrud unter, bis sie alle drei auf dem leicht erhöhten Treppenabsatz standen wie auf einer kleinen Empore. Draußen hatte sich zu Kattys Erleichterung tatsächlich eine kleine Menschenmenge versammelt. Sie hatte alle ihre Nichten, Großnichten und -neffen sowie deren Familien eingespannt, die in erreichbarer Entfernung wohnten, und dazu waren die Nachbarn ebenfalls fast vollzählig angetreten. Es waren insgesamt bestimmt vierzig Gratulanten da, obwohl es schon Mitternacht war.
    Als Katty mit ihren beiden Schwestern über die Schwelle nach draußen getreten war, hatte ein verblüffend harmonisch klingender Chorgesang eingesetzt, nun hörte man die Feuerwerkskörper zischen und es fielen Sterne vom Himmel. Katty begutachtete beseelt ihre Geburtstagsüberraschung. Sie war ein bisschen gerührt von sich selbst, bis sie ihre Schwestern musterte und ein Lachen nicht unterdrücken konnte. Paula, die zwar noch hören, aber nicht mehr gut sehen konnte, versuchte verzweifelt, ihr Gesicht in die richtige Richtung zu halten. Der Versuch misslang jedoch. Sie schaute nach links ins Dunkel der Hofeinfahrt. Und Gertrud, die zwar noch sehen, aber dafür nicht mehr so gut hören konnte, wollte sichergehen, dass sie nur ja keine wichtigen Ansprachen ihr zu Ehren verpasste, und hielt deshalb sehr entschlossen ihr besseres linkes Ohr dorthin, wo die Menschen standen. Ihr Blick verfing sich im Grün der Tannen. So standen sie da, Katty in der Mitte, die vor Lachen Mühe hatte, gerade zu stehen, bei ihr untergehakt die beiden Schwestern, eine schaute nach links, die andere nach rechts, und jedem neutralen Beobachter mussten Zweifel daran kommen, ob das Feuerwerk wirklich so eine brillante Idee gewesen war. Zumindest sorgt der Anblick fürErheiterung, dachte Katty, und das ist alles, was zählt, man muss dem Volk was bieten.
    »Es gibt noch einen Absacker, aber dann schmeiß ich euch alle raus. Wir wollen schließlich morgen wieder fit sein«, mahnte Katty, als sie die Gratulantenschar wenig später ins Esszimmer bat, und wusste im selben Moment, dass es damit nicht getan wäre. Piet hatte seine Hammondorgel mitten im Zimmer aufgebaut. Er hatte draußen zwar schon gesungen, aber er wollte wohl noch einen Soloauftritt.
    Katty schaute Gertrud an und hoffte, dass sie glimpflich davonkämen, denn so mürrisch Gertrud manchmal sein konnte, sie liebte es, hofiert zu werden. Ihre Augen leuchteten und sie genoss den Rummel um ihre Person sichtlich. Katty ging mit dem Tablett herum, und als jeder ein Gläschen in der Hand hielt, konnte Piet es nicht länger aushalten.
    »Liebe Gertrud«, riss er das Wort an sich, »Katty hat alles versucht, um mich aufzuhalten«, er grinste breit in die Runde, »aber wenn es darum geht, dir meine große Verehrung zu verkünden, dann renne ich mit die Kopf auf die Wand.«
    Piet tat sich schwer mit der deutschen Grammatik und so verrutschten ihm zum Vergnügen aller Beteiligten oft die Sprachbilder. Die ehemalige Deutschlehrerin lächelte milde, und Katty hoffte, dass Piet diesen Gemütszustand nicht überstrapazieren würde. Er begann zu singen, ein amerikanisches Lied, das »Happy Birthday« hieß. Katty schaute in die Runde, die jüngeren Gäste sangen mit, offenbar war dieses Ständchen gerade modern. Aber Piet hatte ein Gespür dafür, dass englischsprachige Kunst bei den alten Damen nicht so richtig verfing, also schwenkte er um auf »Zum Geburtstag viel Glück«. Gertrud lächelte immer noch, doch Katty bemerkte, dass sie unruhig wurde. Als Piet erneut losschmettern wollte, gebot sie ihm Einhalt. »Danke, Piet, vielen Dank. Das war wirklich sehrnett von dir. Aber du wirst mich heute Abend nicht mehr zum Tanzen bringen. Ich danke euch allen, dass ihr um diese Uhrzeit gekommen seid, um mir zu gratulieren. Aber jetzt muss ich euch auf morgen vertrösten. Ihr müsst wissen, ich bin schon hundert, da muss man früh ins Bett!«
    »Einen ham wir noch!«, ließ Piet sich nicht beirren, »Gertrud, den einen musst du noch durchhalten.« Dann setzte er an und ließ für Gertrud rote Rosen regnen. Katty traten Tränen in die Augen, verstohlen wischte sie sie weg und wusste nicht, ob es das Lied war, das sie so berührte, oder ob sie vielleicht einfach nur

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