Wir sind doch Schwestern
sonst nie sah, den Kaffee zielsicher in sein kurzes graues Fell gespuckt haben sollte, amüsierte ihre beiden Schwestern königlich.
»Soll ich dir frischen Kaffee machen?«, flüsterte Katty ihr zu.
»Pah«, machte Gertrud, um zu signalisieren, dass sie genau wusste, was da getuschelt wurde. »Geht nur, dann habe ich den guten Kaffee wenigstens für mich allein.«
Als sie sich wieder beruhigt hatten, verkündete Katty stolz, dass Gertrud einen großen Artikel in der Zeitung zu erwarten habe. Es würde ein Journalist vorbeikommen und sich mit ihnen unterhalten. Paula wusste, dass Gertrud sich über so viel Aufmerksamkeit freute, und pfiff begeistert. »Wie schön, Gertrud, ich bin gespannt, was du alles zu erzählen hast.«
»Ach, ist doch Unsinn«, winkte diese ab, doch sie konnte ihre Vorfreude nur schlecht verbergen.
Seit dem Jahreswechsel hatten sie nicht mehr in Ruhe zusammengesessen, denn in Kattys Haus war man fast nie unter sich. Paula würde die kurze Zeit zu dritt nutzen müssen, um mit Gertrud über die nötigen Veränderungen zu sprechen, denn wenn das Haus erst wieder voll war, wäre die Chance vertan.
»Wie geht es den Kindern?«, fragte Gertrud jetzt und riss Paula aus ihren Gedanken. »Die Kinder« waren in diesem Fall Paulas Töchter, aber die waren inzwischen selbst schon über siebzig. Paula war Großmutter und sogar Uroma. In Ermangelung eigener Kinder und Kindeskinder mischten sich Katty und Gertrud wie selbstverständlich in die Belange ihrer Familie ein, weshalb es über die Erziehung oder Männerwahl der jüngeren Verwandten regelmäßig heftigen Streit gab.
Erst kürzlich hatte Katty eine ihrer Enkelinnen mit einem jungen Mann aus dem Nachbardorf zusammengebracht. Zumindest hatte sie dafür gesorgt, dass die beiden sich kennenlernten. Monatelang hatte sie Paula damit in den Ohren gelegen, sie habe genau den richtigen Mann für ihre Nichte gefunden und sie, Paula, solle doch endlich mal mit ihrer Enkelin, der Ehefrau in spe, darüber sprechen. Paula weigerte sich und Katty wurde deshalb richtig penetrant. Sie ließ nicht locker, bis sie wohl einsah, dass sie Paula nicht überzeugen konnte. Dann nahm sie die Dinge selbst in die Hand. Ganz plump lud sie Paulas Enkelin zum Abendessen ein und den von ihr Auserwählten als Überraschungsgast gleich dazu. Als die jungen Leute am Tisch saßen, verließ sie schnurstracks den Raum und überließ die beiden ihrem Schicksal. Paula konnte es immer noch nicht fassen. Als Katty sie am nächsten Tag anrief und davon erzählte, fehlten ihr das erste Mal seit langer Zeit vor Empörung die Worte. »Warum denn nicht?«, fragte Katty scheinheilig. »Sie mögen sich.«
»So etwas kannst du im Kuhstall machen, aber doch nicht mit Menschen«, platzte es aus Paula heraus. Katty war manchmal wirklich unmöglich. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, musste es gemacht werden, ohne Rücksicht auf Verluste. Kattys Kuppelei war allerdings nicht von Erfolg gekrönt gewesen, denn seit dem ersten Rendezvous hatte sich nichts mehr ereignet, was man hätte vermelden können. Paula triumphierte innerlich und vermutete, dass sich die beiden einfach nicht verliebt hatten, aber Katty wollte davon nichts hören und hatte auch jetzt wieder das Gespräch auf die beiden gebracht.
»Der wurde neulich mit der Kleinen von Hemmers gesehen«, meldete sich Gertrud zu Wort und streute damit Salz indie Wunde. »Ich sag dir, der führt unser Mädchen an der Nase herum.«
»Gertrud, nun hör doch mal auf. Die sind noch jung. Junge Menschen gehen gerne aus. Und unsere Nichte ist viel beschäftigt. Das ist ganz normal.« Paula wusste nicht genau, wen Katty da eigentlich verteidigte, den jungen Mann oder sich selbst als unselige Kupplerin.
»Der ist nicht echt«, insistierte Gertrud. »Und dann diese ständige Segelei. Das ist doch lächerlich. Der soll lieber ordentlich arbeiten.«
»Aber wenn die beiden sich lieben, lass sie doch. Sie sind alt genug«, startete Katty einen letzten Versuch.
»Ach, geh mir weg mit Liebe.« Gertruds lange knochige Hand fuchtelte zornig in der Luft herum. »Der liebt das Kind doch gar nicht. Sonst würde er nicht mit anderen ausgehen. Dann würde er sich kümmern.«
»Du weißt doch gar nicht, wovon du redest. Das letzte Mal, dass ein Mann um dich geworben hat, ist mindestens siebzig Jahre her.« Katty hatte wohl versucht, einen lustigen Tonfall anzuschlagen, aber das war misslungen, und so versuchte Paula in die Bresche zu springen, bevor die
Weitere Kostenlose Bücher