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Wir sind Gefangene

Wir sind Gefangene

Titel: Wir sind Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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kann's ja auch gar nicht, aber es kann möglich sein, daß ich Zwischenrufe gemacht habe ... Das kann schon sein ...«
    »Mitglied der Unabhängigen Sozialdemokraten sind Sie nicht?« forschte der Starke.
    »Nein ... Überhaupt in keinem Verein, Herr Kommissar ... Ich hab's noch nie nicht mit den Vereinen gehabt«, gab ich etwas untermischt mit dem landesüblichen Biertischdialekt zurück.
    »Glauben Sie denn, daß die Leute was besser machen?« wollte er wissen.
    »Ja, mein Gott, besser? ... Ich weiß ja nicht ... Das ist mehr Geschmacksache, Herr Kommissar ... Ich weiß ja nicht, ob Sie schon einmal monatelang in Fabriken gerackert haben ... Wissen S' da wird man halt verdrossen«, fuhr ich nun redselig in meiner bäuerlich zurechtgelegten Taktik fort und erfuhr keine Unterbrechung. »Ich möchte den Menschen kennen, der an der jetzigen Zeit nichts auszusetzen hat ... Da wird man grantig (mürrisch) und schimpft natürlicherweise ... Der Kriminaler, der wo mich da gehört hat, der hat sich vielleicht selber gedacht, ganz unrecht haben die ja nicht ... Er wird bloß gerechnet haben, ich werd' bezahlt, hab' eine gute Stellung und bin infolgedessen still ... Meinen Sie nicht, Herr Kommissar?« Das ging dem Polizeigewaltigen zu weit. Sein Gesicht rötete sich.
    »Herr Graf!« wies er mich streng zurecht. »Reden Sie nicht so lang herum! ... Dieser Guttfeld hat Ihnen doch auch Geld gegeben?« Ich ließ mich nicht aus der Ruhe bringen und sagte ganz sicher: »Mein Gott, Geld haben mir schon viele Leute gepumpt.«
    »Gepumpt? ... Er hat Ihnen doch das Geld für eine Schreibmaschine gegeben ... Sie können das doch unmöglich zurückzahlen ... Er hat wahrscheinlich Arbeit oder einen Gegendienst von Ihnen verlangt, oder?« forschte der Kommissar.
    Es war gut, daß er so lange Fragen stellte, da konnte man leicht ausweichen und sich gut besinnen. Außerdem kam es mir auch darauf an, nicht so schnell wieder in die Zelle zu kommen.
    »Herr Kommissar, unter Künstlern ist das ganz anders«, begann ich von neuem, »da hat er einmal was und gibt dem andern und dann hat wieder einmal der andere was und gibt her ... Das ist nicht üblich bei uns, daß man wegen jedem Handstrich was verlangt ... Selbstverständlich hab' ich ihm abgeschrieben, wenn er mir eine Schreibmaschine-«
    »Also machen Sie's kurz!« fuhr der Polizist unmutig herum und schaute mich mißtrauisch an. »Der Guttfeld hat Ihnen also ein Manuskript diktiert ... Haben Sie gewußt, zu was dieses Schriftstück gehört?«
    »Jaja, das schon«, erwiderte ich unschuldig. Gleich hob der Starke den Kopf, neugierig, ja fast frappiert war er über meine Offenheit. »Das sollte zum Streik als Flugschrift 'rauskommen!« wollte er mich überführen. Ich schnitt ein verwundertes Gesicht.
    »Zum Streik? ... Zu was für einem Streik denn? ... Nein - nein, das glaub' ich kaum ... Ich hab' die Broschüre als historisches Werk aufgefaßt«, gab ich gefaßt zur Antwort und fuhr fort: »Die Arbeiter lesen doch so was gar nicht! ... Das ist ihnen doch viel zu lang und auch zu gelehrt...«
    »Also genau haben Sie nicht gewußt, was das Manuskript bezwecken soll?«
    »Überhaupt nicht ... Ich hab' wirklich gemeint, es sei ein historisches Werk«, sagte ich und er notierte. »Sie haben dem Guttfeld dann den Drucker gezeigt, und warum haben Sie denn gleich zwei bis dreitausend Stück haben wollen?« erkundigte sich der Ausfrager. »Ja, hm, das ist doch schon die allerniedrigste Auflage und je mehr man drucken läßt, desto billiger wird's doch«, antwortete ich. Herr Fuchs, wie der Kommissar hieß, notierte. Ich schaute durch das Fenster. Ein grauer Wintertag war draußen. Dann fing es zu schneien an.
    »Haben Sie gewußt, daß Guttfeld fahnenflüchtig war?« fragte Fuchs unvermittelt.
Ich schüttelte den Kopf und verneinte.
    »Ja, warum haben Sie ihn denn dann unter falschem Namen angemeldet?« bohrte er weiter.
    »Eigentlich hab' ich ja das Atelier wirklich für meinen Bekannten Fritz Wunder gemietet, Herr Kommissar«, sagte ich ein wenig unsicherer und nahm all meinen Scharfsinn zusammen, »der Glaser konnte bloß drinnen sein, weil der Wunder jetzt noch im Irrenhaus ist ... Wenn er rauskommt, er ist nämlich Batikkünstler, dann übernimmt er eben das Atelier ...«
    Fuchs maß mich schnüffelnd. Man merkte, daß ihn allmählich eine Mißstimmung packte.
    »Mir machen Sie das nicht weis«, sagte er jetzt schärfer, »Sie haben dem Guttfeld ein Atelier gesucht und gemietet unter falschem

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