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Wir sind Gefangene

Wir sind Gefangene

Titel: Wir sind Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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doch!«
    »Entschuldigen Sie, Herr Leutnant, es ist halt passiert«, meinte ich ungelenk. Er wurde schon wieder ärgerlich und ließ mich mit der Weisung, den Gaul sofort wieder herbeizuschaffen, abtreten. Wir suchten alle und wieder wurde das Vieh gefunden. Der Leutnant wollte alles vertuschen, aber der Major erfuhr es trotzdem. Der Leutnant bekam einen leisen Vorwurf und jetzt war es aus.
    Eines Abends legte ich auf den Schreibtisch des Majors mein Urlaubsgesuch. Am andern Tag in der Frühe kam Peperl atemlos daher und keuchte: »Du mußt zum Major.« Ich meldete mich bei ihm.
    »Sie haben da um Urlaub eingegeben«, sagte der, mein Gesuch in der Hand haltend, »Urlaub ist eine Belohnung. Nach Ihrer Führung kann ich Ihnen keinen Urlaub geben ... Und überhaupt«, seine Stimme schwoll drohend, »wollte ich Sie schon längst einsperren lassen wegen des weggelaufenen Fuchses vom Herrn Leutnant, Sie nachlässiger Kerl, Sie! ... Ich will Sie überhaupt auf Ihren Geisteszustand untersuchen lassen! Machen Sie, daß Sie hinauskommen!«
    Ich mußte kehrtmachen und ging hinaus, schritt lächelnd durchs Büro und schrieb oben auf unserer Dachstube abermals einen Zettel: »Trainsoldat Graf bittet Herrn Major um Bestrafung wegen Weglaufenlassens des Fuchses«, wartete den Abend ab und legte den Fetzen abermals auf den Schreibtisch des Majors. Niemand wußte etwas davon.
    Meine ganzen Kameraden waren weit von mir abgerückt. Sie hatten eine Höllenangst. Nur ein Elsässer ließ sich manchmal mit mir ins Gespräch ein. Zu dem sagte ich: »Der Krieg wird nie aufhören, wenn wir nicht einzeln anfangen zu revoltieren.«
    »Was hast du davon, wenn du gegen diesen Block kämpfst? An die Wand stellt man dich und knallt dich nieder, oder du kommst auf Festung und krepierst langsam«, antwortete der.
    »So oder so. Es ist mir ganz gleich«, sagte ich und fügte hinzu: »Die Behandlung ist noch viel zu gut. Es muß soweit kommen, daß man uns bloß mehr mit Hundepeitschen traktiert, dann stemmen wir uns dagegen. Die Unterdrückung muß unerträglich werden, dann kommt die Änderung.«
    »Da hast du ja recht«, stimmte er mir dann raunend zu, »aber nimm dich in acht ... Es gibt überall falsche Schufte. Als einzelner was machen ist eine schlimme Sache und hat vor allem keine Wirkung ... Der Schwindel geht doch weiter.«
    »Sollen ihn andere weitermachen. Ich mag nicht mehr!« sagte ich. »Könnt ihr euer Maul nicht halten!« brummten die anderen aus ihrem Stroh. Wir schwiegen. Am Morgen kam wieder Peperl totenbleich und atemlos angestürzt und stieß heraus: »Du mußt zum Major hinunter ... Der schaut hundsgrimmig.« Ich lachte. Auf dem Hof traf mich der Leutnant und sagte verächtlich: »Trottel«. Ich straffte meinen Körper und trat beim Major ein.
    »Drei Tage Strengen!« war der Schluß einer großen Schimpferei. Peperl führte mich wieder ins Gemeindehaus. Er tat dies immer mit einer Art bedrückter Förmlichkeit, getraute sich nicht, mich anzuschauen und antwortete auf keine meiner Fragen. Die alten Erzgebirgler empfingen mich mit der gleichen selbstverständlichen Freundlichkeit. Dies gefiel mir. Immerzu, dachte ich, immer so weiter! Was schert mich eine Eintragung in den Militäraß! Den zerreiße ich ja doch. Was die Herren Militärs über meinen Leumund aussagen, kann mir schnuppe sein.
    Vor Langeweile zeichnete ich die Wände meines Arrestraumes voll und schrieb an alle Ecken und Enden: »Nieder mit dem Krieg!« oder »Die Masse macht es nicht! Der einzelne muß es machen!« Ich dachte mir, wenn jetzt der inspizierende Herr Offizier kommt und sieht das, dann gibt es sicher großen Krach und neue Strafen, ja ich hoffte schon darauf, denn hier war es viel schöner. Aber es kam keine Razzia. Nach meiner Entlassung krepierte ein Zuggaul an Kolik. Wir zogen ihn aus dem Stall und ließen ihn liegen. Als ich dem Leutnant das meldete, sagte er zynisch: »Der Gaul muß abgezogen werden! Sie haben ihn abzuziehen und die Haut zu bringen!«
    »Verzeihung, Herr Leutnant, ich bin kein Metzger«, sagte ich. »Halten Sie Ihr Maul! Sie haben den Gaul abzuziehen! Abtreten!« befahl er schroff.
    Ich ging hinauf und legte mich ins Stroh. Es wurde Abend. »Du mußt zum Leutnant«, sagte Dreier heraufkommend. Mir wurde dieses sinnlose Hin und Her schon zuwider. »Haben Sie den Gaul abgezogen?« fragte der Leutnant verbissen.
    »Ich kann das nicht. Es ekelt mich«, antwortete ich. Einige Sekunden schauten wir uns an. Es sah aus, als platze der

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