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Wir sind Gefangene

Wir sind Gefangene

Titel: Wir sind Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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so verlieren wir alles und Sie haben Ihr Geld, verstehn Sie? ... Na, ich mein', Sie sind doch noch ein junger Mensch und kriegen das Geld gleich bar auf die Hand? ... Also, wie ist's?«
    Ich konnte nicht gleich etwas sagen. Hartmann stieß mich. Die anderen zwei Herren besprachen sich abermals.
    Der Direktor Hartmann lispelte mir ins Ohr: »Ich würd' zusagen, Herr Graf! ... Na, wissen Sie was? ... Wir versuchen's mit achtzehnhundert, wenn's Ihnen recht ist?« Wieder nickte ich. Hartmann trat als mein Verteidiger auf. »Herr Graf meint achtzehnhundert Mark ...«
    »Nein - nein, das geht nicht! ... Da lassen wir's lieber gleich«, antworteten die beiden Geldverleiher kurz abweisend, und Herr Stahl erhob sich auch schon. Meine Hoffnung sank blitzschnell. Ich wurde ganz kleinlaut. »Na, gut! Ich bin zufrieden«, sagte ich, noch ehe Hartmann reden konnte. »Siebzehnhundert also ...«
    »Ich glaub' eben auch ... Wie gesagt aber, Sie brauchen nicht! ... Sie können sich's ja noch überlegen«, nahm Teilhaber das Gespräch wieder auf. »Wir wollen Sie absolut nicht zwingen.« Das klang schon wieder vertraulich. »Gut, siebzehnhundert!« wiederholte ich aufatmend.
    »Gut«, sagten auch die beiden Geldverleiher und Teilhaber zählte mir siebzehn blaue Hunderter auf den Tisch. Ich stierte auf sie. Nur die Banknoten sah ich. Heftig schlug mein Herz.
    »Na also!« sagte Stahl befriedigt, rieb sich die Hände und ließ mich irgendwo unterschreiben. Ich erhob mich hastig und steckte das Geld ein. Die beiden Geldverleiher drückten mir die Hand und Hartmann ging mit mir.
    »Na, ist ja schnell gegangen ... Und - und ich, ich krieg' jetzt noch im ganzen dreihundert Mark - zweihundert für die Vermittlung und hundert für die Spesen«, raunte er mir zu. Schrecken und Wut faßten mich. Einen Augenblick stockte alles in mir. Der Mann plapperte geschäftig, zeigte mir das Papier, das ich seinerzeit unterschrieben hatte und fing immer wieder mit diesen dreihundert Mark an. »J-ja - also«, stieß ich endlich heraus, bezahlte und verabschiedete mich sofort.
    Nur halb war ich befriedigt. Ich mußte nun meine ganze Berechnung wieder umstoßen. Zweitausend Mark hatte ich erhofft, vierzehnhundert bekam ich. Dumm, dumm, sehr dumm!
    Aber bald verlor sich aller Mißmut. Tatenmut stieg in meine Brust. Noch nie im Leben hatte ich einen solchen Haufen Geld in der Hand gehabt. Auf einmal war ich wirklich ein reicher Mann. Jetzt ging ein neues Leben an - etwas ganz anderes, etwas Unausdenkbares schier! In mir wirbelten die phantastischsten Pläne, wie Feuer brannte es in mir. Noch am selben Nachmittag kaufte ich mir ein lackledernes Zigarettenetui, Lederhandschuhe, eine Geldbörse aus Krokodilleder und eine Brieftasche. In das beste Schuhgeschäft ging ich, nahm Lacklederschuhe mit grauem Einsatz zum Knöpfen mit. Dann seidene Socken, gleich ein halbes Dutzend. Gleich mußten vier hochmoderne Hemden her, und zu guter Letzt kaufte ich noch einen großen und einen kleinen Koffer und kam schwerbepackt auf meinem Zimmer an.
    Das Geld hatte mich in die größte Unruhe versetzt. Alles mögliche fiel mir ein. Merkwürdig! Jetzt fing diese Verruchtheit mit dem Ding Geld wieder an. Eigentlich wollte ich es doch nur, um ruhig dichten zu können und sorglos zu sein. Jetzt aber, da ich gewissermaßen am Ziele war, da ich unabhängig schalten und walten konnte - jetzt fingen auf einmal die tausend kleinen Gierigkeiten an. Nun plötzlich kamen täglich, stündlich die unsinnigsten Bedürfnisse! Jetzt brauchte ich mit einem Male alles, an das ich früher gar nie gedacht hatte! Sehen wollte ich etwas für mein Geld! Haben wollte ich etwas, haufenweise!
    Einen Tag hielt ich es noch aus in der Keksfabrik, dann schickte ich wieder die Logisfrau mit einem Entschuldigungsbrief, ich sei krank. »Ja, ist schon recht, haben sie gesagt, und gute Besserung wünschen sie«, berichtete mir diese bei der Rückkehr. Ich war beruhigt, sprang aus dem Bett, kleidete mich an, steckte mein ganzes Geld ein und ging zu Nanndl. Sie war mir die liebste. Sie fragte nie nach Gründen und kümmerte sich überhaupt nicht um mich. Sie lachte und war lustig, wenn sie mich sah und freute sich, wenn es mir gut ging. Das war alles. »Ich habe' jetzt Geld, Nanndl«, raunte ich ihr im Friseurladen zu. »Ich möcht' mir gern einen Mantel und Anzug kaufen, geh' mit.«
    »O fein!« rief sie voller Freude. »Ja, also wart' um zwölf Uhr am Isartor!« Luise war herbeigeeilt. Sie lächelte, ich lächelte

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