Wir sind nicht schwul (German Edition)
meinen dröhnenden Schädel.
Man!
Wo bin ich denn gelandet? Irgendjemand lacht und ich kann nicht sagen, wer es ist, bis ich es sehe.
„’Tschuldigung, Leute, ich wollte nur … das war wohl ein Versehen, obwohl … eigentlich hätte ich sowieso gerne mit euch gesprochen. Habt ihr etwas Zeit?“ Waaah! In dieser Kabine stinkt es derart abartig! Nach Zigarettenrauch, Alkohol, allen möglichen Sprays, Parfums und fettigem Essen. Es stinkt so sehr, dass meine Augen anfangen zu tränen.
„Wäh, wie könnt ihr hier nur atmen?“ Kaum gefragt, bereue ich meine unhöfliche Frage auch schon wieder.
Der Typ, der vorher schon gelacht hatte, lacht ein weiteres Mal und drückt mit einer galanten Handbewegung seine Zigarette aus. „Man gewöhnt sich an alles. Also, was willst du?“
„Lief alles gut, bei deinem ersten Auftritt?“, fragt mich Taku mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. Das heißt … es hätte wahrscheinlich sanft aussehen sollen, was allerdings schwer unter der ganzen Schminke zu sehen ist. Ich habe ihn auch nur wegen seiner Stimme erkannt. „Nun, ich weiß nicht so recht … ist nicht so wichtig. Wisst ihr, nein, Moment.“ Ja, nein, ich bin wirklich ein klein wenig durcheinander. Noch einmal tief ein und ausatmend versuche ich einen klaren Gedanken zu fassen.
„Bitte versprecht mir, dass egal, was ich jetzt sage, ihr trotzdem heute auftreten werdet. Ich meine, es wäre doch unfair, den Fans gegenüber, die euch schon sehnsüchtig erwarten und sie haben schließlich auch dafür bezahlt und …“
„Hey, Finn, wir sind ganz normale Menschen. Also bitte behandle uns auch wie solche“, unterbricht mich der Mann schroff, der eben noch gelacht hat.
Wahaaa und mein Kopf schmerzt immer noch so doll. Die Worte des Nun-nicht-mehr-Lachenden haben meine Gedankengänge jedoch klarer gemacht. Entschuldigend senke ich tief den Kopf und wiederhole nur: „Ich meinte es wirklich so. Bitte, egal, was ich auch immer sagen werde, bitte sagt euren Auftritt deswegen nicht ab.“ Ich kann nur zu deutlich hören, wie der Mann-der-nicht-mehr-lacht genervt in sich hinein seufzt, sich wenig später erhebt und mir die Hand auf den Rücken legt.
„Du bist wie alle anderen. Du hörst etwas über uns und glaubst es, ohne dir vorher ein eigenes Bild gemacht zu haben. Das enttäuscht mich. Ich dachte, du wärst anders, nachdem, was Taku über dich erzählt hat. Und Mikage.“ Noch jemand der etwas mit Mikage zu tun hat. Seine Worte sind obendrein wie ein Stich in mein Herz.
Mit weit geöffneten Augen erhebe ich mich und starre dem Mann eindringlich in die Augen. „Man hat mir gar nichts über euch erzählt. Allerdings weiß ich nach dem heutigen Auftritt mit meinen Jungs nur zu gut, dass das, was auf der Bühne gezeigt wird oft gar nichts mit dem zu tun hat, wie die Leute in Wirklichkeit sind.“ Oder ist das, was sie auf der Bühne zeigen vielleicht genau das, was sie gerne wären? Und sie können es vielleicht nur deshalb nicht immer überall ausleben, weil es seltsam ist?
Weil es ein schlechtes Bild machen würde?
„Dann sind wir uns ja einig. Also? Was willst du?“ Der Mann-der-jetzt-nicht-mehr-lächelt entfernt sich von mir und nimmt wieder auf der Couch platz. Mich räuspernd richte ich mir das Oberteil und starre erst jeden einzeln an, um einen klaren Gedanken zu fassen. Zumindest war das der Plan. Im Endeffekt hat es mich nur noch nervöser gemacht, da mich hier alle halb genervt, halb neugierig ansehen. Hilfe! – Ich will nicht gefressen werden!
„Bitte verwendet nicht euer Bühnenbild. Wisst ihr“, der Mann-der-nicht-mehr-lächelt wollte mich unterbrechen, doch ich bin schneller, hebe stur die Hand und fahre wesentlich lauter als vorher fort, „es geht hier und heute nicht um euch, sondern um die kleinen Bands, die heute alles geben wollen, um groß zu werden. Doch ihr, ihr habt bereits einen Namen und habt es doch gar nicht nötig, anderen die Show zu stehlen.“ Eigentlich wollte ich noch weiter reden, doch der Mann-der-nicht-mehr-lächelt ist dieses Mal schneller und nützt die kurze Pause die ich eingelegt habe, um sich zu erheben und mit erhobener Hand das Wort an sich zu reißen.
Zu meinem Bedauern mit Erfolg.
„Wer sagt, dass wir mit unserem Bühnenbild die Show der anderen stehlen würden?“ Hätte ich große Ohren, hätte ich sie jetzt angelegt, mich in irgendein Loch verkrochen und darauf gewartet, dass mich irgendjemand mit einem schönen, flauschigen Spielzeug zum Spielen
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