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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Devisengenehmigungen … beste Frau Doktor, es ist ganz aussichtslos!«
    Sie legte den Hörer wort- und grußlos auf und sank in ihren Sessel zurück.
    Soll ich zu ihm gehen und ihn um Verzeihung bitten? überlegte sie. Aber was nützt das alles! Er wird mir verzeihen, wir werden einen schönen Abend verleben – und er wird doch fahren! Dort im Kalender ist der rote Strich, der Strich, der mein Leben vernichtet. An diesem Tag wird in Bremerhaven eine Schiffssirene heulen, eine Bordkapelle wird ›Muß i denn …‹ oder ›In der Heimat, da gibt's ein Wiedersehn‹ spielen, und dann wird der Schiffskiel durch das Wasser rauschen – die Glocken werden läuten – volle Fahrt voraus – nach Südamerika! Hinweg aus meinem Leben, mein lieber, lieber Peter …
    Ich muß es ertragen, das war ihr einziger Entschluß nach allen Überlegungen. Fänden wir jetzt, kurz vor dem Abschied, wieder zusammen, dann würde die Trennung noch schwerer sein. So haben wir beide die Bitterkeit des Streites noch in uns und können leichter vergessen …
    Vergessen? Gab es das überhaupt? Kann eine Liebe vergessen werden? Kann man einen Menschen einfach aus seinem Gedächtnis streichen, einen Menschen, der einmal dieses Gedächtnis mit seinem Ich so vollkommen ausfüllte, daß es nichts außer ihm gab?
    Sie ging zu Bett – vier Nächte lang – und fand keinen Ausweg. Sie zermarterte sich, sie rang mit ihrem Stolz und ihrem Gefühl, mit ihrer Vernunft und ihrer Pflicht …
    Als sie nach zwei Wochen, äußerlich erholt, erfrischt und braungebrannt, wieder in der Lindenburg erschien und Dr. Sacher begrüßte, war alles so, wie es vor der Reise an die Ostsee gewesen war. Sie ging Peter Perthes immer noch aus dem Weg, er arbeitete in seinem Labor oder saß des Abends bei Professor Window und spielte Schach, bis er vor Müdigkeit den Bauern mit dem Springer verwechselte.
    Am 7. August 1950, es war ein Montag, bekam Peter Perthes seine Schiffskarten aus Hamburg. Die Ausreise war auf Mittwoch, den 16. August, morgens um 5.30 Uhr, festgesetzt. Die Würfel waren gefallen. Es gab kein Zurück mehr.
    Herr von Barthey verständigte telegrafisch seine Geschäftsfreunde in Bogota, damit sie Dr. Perthes nach seiner Fahrt durch den Panamakanal in dem Hafen von Buenaventura erwarteten, dem einzigen Hafen in Kolumbien, von dem eine Eisenbahn quer durch die Cordillera zur Hauptstadt Bogota führt.
    Professor Window reiste nach Bonn und besprach dort einen staatlichen Auftrag für Dr. Perthes, vom Kaiser-Wilhelm-Institut lief eine Anfrage ein, das Tropenkrankenhaus in Hamburg schickte eine Liste von Tropengiftfällen, die man zur Zeit noch nicht klären konnte. Eine kurze Pressenotiz unterrichtete die Welt darüber, daß ein Dr. Perthes aus Köln zur Erforschung neuer medizinischer Wege in die Urwälder Kolumbiens fahre. Die Meldung ging im politischen Geschehen unter, man las sie kaum oder vergaß sie sofort.
    In diesen Tagen erlebte Angela Bender eine neue Beschämung. Dr. Perthes schickte seinen Labordiener zu ihr und bat um Herausgabe seiner Wäsche, seiner Anzüge. Er schickte keine Zeile mit, nicht einen Gruß, nichts. Er ließ seinen Wunsch mündlich bestellen, als wolle er damit ausdrücken, daß das Band nun endgültig gerissen und nie mehr zu flicken sei.
    Mit unbewegter Miene packte Frau Dr. Bender Peters Sachen ein. Auch sie legte keinen Gruß bei. Nicht einen Wunsch für die Fahrt, nicht die Bitte: Komm gesund wieder, gesund und erfolgreich …
    Als der Labordiener mit dem Paket für Peter Perthes wegging, wußte sie, daß sie eine Zukunft begraben und verloren hatte. Und es war nichts in ihr als Bitterkeit, als Traurigkeit über die eigene Feigheit und den dummen Stolz, einen Mann nicht um Verzeihung bitten zu können.
    In der Frühe des 16. August 1950 lief die ›Argentinia‹ aus Bremerhaven aus. Die kleinen Schlepper ließen zum Abschied ihre grellen Sirenen ertönen, die ›Argentinia‹ antwortete dumpf, am Pier standen Menschen und winkten dem scheidenden Ozeanriesen nach. Die weißen Tücher flatterten, und es sah aus der Ferne aus, als schneie es dicke Flocken auf den Hafenkai. Die großen Schrauben des Dampfers wühlten das brackige Hafenwasser auf und schoben den Eisenkoloß ins freie Meer hinaus. Unermüdlich spielte die Bordkapelle, laut und ab und zu falsch.
    An der Reling stand Dr. Peter Perthes und blickte zurück auf die langsam im Frühsonnenglast versinkende Heimat. Die hohen Kräne des Hafens wurden zu Spielzeugen, die

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