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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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suchten in den Sümpfen nach giftigen Spinnen und Schlangen und brachten sie Dr. Cartogeno, der nicht von Peters Seite wich. Unermüdlich forschten sie. Peters Tatkraft hatte etwas Verzweifeltes an sich. Es war, als suche er Vergessen in der Arbeit, als wolle er seine gelähmten Beine nicht sehen, wenn er im Boot durch die Urwaldflüsse schoß. Er kannte kaum noch Schlaf. Eine dunkle Macht trieb ihn zu rastloser Arbeit. Wenn er auf seinen Krücken umherhumpelte, verbreitete er Schweigen um sich. Aber darauf achtete er nicht. Er kannte nur ein Ziel, dem er sein Leben opferte wie einem Moloch: Kampf den glitzernden Kristallen. Kampf dem Gift. Kampf dem Tod.

XI
    Professor Dr. Purr sprang aus seinem Sessel auf, als ihm der Besuch Frau Dr. Benders gemeldet wurde.
    »Das ist doch nicht möglich«, rief er und ging in die Diele seines Hauses. Dort stand Angela, schmal, blaß, übernächtigt, das Kind auf dem Arm. Unter ihren Augen lagen tiefe schwarze Ringe. Sie schien am Ende ihrer Kräfte zu sein.
    »Mein Gott! Was ist geschehen?« Professor Purr nahm ihr das Kind aus den Armen und trug es vor sich her ins Herrenzimmer. Dort legte er es vorsichtig auf die Couch, während sich Angela erschöpft in einen der Sessel fallen ließ und mit dem Kopf auf die Lehne sank. Ohne weiter zu fragen, rief Purr seine Klinik an und ließ ein Bett vorbereiten. Dann bestellte er einen Krankenwagen. Das Mädchen mußte starken Kaffee kochen und einige Schinkenbrote herrichten. Dann ging er zu Angela zurück und richtete ihr Gesicht zu sich empor.
    Da sah er, daß sie weinte.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte er nur und legte seinen Arm schützend um ihre zuckenden Schultern.
    Sie nickte und reichte ihm das zerknitterte Schreiben Dr. Cartogenos hin. Langsam las der Professor Satz für Satz – dann legte er den Brief auf seinen Schreibtisch. Er ging im Zimmer hin und her. »Was soll ich Ihnen sagen, Dr. Bender?« Er rang nach Worten. »Sie wissen es so gut wie ich: das Gift der ›Schwarzen Witwe‹ ist unheilbar. Seien Sie aber glücklich, daß er überhaupt mit dem Leben davongekommen ist. Eine Lähmung beider Beine ist noch längst nicht das schlimmste. Ihm bleibt der Kopf, der Verstand, der Geist …«
    »Es ist trotzdem furchtbar.« Angela schlug die Hände vor die Augen. »Perthes gelähmt! Dieser frohe, lebenslustige Mensch! Vernichtet durch einen Spinnenbiß! Auf Krücken schleppt er sich nun durch den Urwald. Wer ihn kennt, der kann das einfach nicht begreifen …«
    »Das Schicksal ist für uns Menschen oft unbegreiflich.« Der Professor hörte den Krankenwagen und nahm das Kind von der Couch. Es hatte die ganze Zeit geschlafen. Mit vorgeschobener Lippe, ein Lächeln um den kleinen Mund, so wachte es nicht auf, als der Arzt es in seine Arme nahm. »Es sieht Ihnen ähnlich, Dr. Bender.«
    »Er heißt Peter.« Angela erhob sich und nahm das Kind an sich. »Jetzt bin ich doppelt stolz, daß er so heißt wie sein Vater.« Sie küßte den Jungen vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, auf die Stirn. Dünne, seidenweiche Härchen bedeckten den kleinen Kopf. »Wenn es uns nicht gelingt, das Gift zu bekämpfen – er soll es fortführen! Für seinen Vater!«
    Sie blickte zu dem Professor auf, der erschüttert die Szene beobachtet hatte. »Ich werde nur noch ein Ziel kennen: Peters Leben wieder froh zu machen!«
    Zunächst allerdings befahl ihr Dr. Purr, sich in seiner Klinik von allen Anstrengungen zu erholen. Er verordnete ihr acht Tage strenge Bettruhe, Sonderverpflegung und für das Kind sofortige Umstellung auf Flaschenmilch.
    »Sie sind nur noch ein Nervenwrack«, meinte er gutmütig polternd. »Und ich lasse Sie nicht eher bei mir arbeiten, als bis Sie eine geschlagene Stunde lang einen bis zum Rand gefüllten Suppenteller ruhig halten können, ohne daß er überschwappt!«
    Angela lachte, aber sie fühlte, daß es kein Scherz war. Voll innerer Ungeduld harrte sie diese Woche im Bett aus und stand am neunten Tag plötzlich im weißen Kittel im Zimmer des Professors.
    »Bitte«, sagte sie mit gespielter Fröhlichkeit, »Ihre neue Assistentin meldet sich zum Dienst.«
    »Sehr gut!« Professor Purr erhob sich hinter seinem Schreibtisch und kam auf Dr. Bender zu. »Da Sie meine Assistentin sind und somit, dem Brauch aller Kliniken entsprechend, zu unbedingtem Gehorsam bereit sein müssen, ordne ich hiermit an, daß Sie keinen anderen Dienst machen als die beiden täglichen Visiten und eine Aushilfe im Verbandsraum.«
    »Herr Professor!«

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