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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mehr! Vielleicht sähen wir die Mumien von Farley und Parker wieder, wenn wir Sapolàna noch einmal besuchen könnten.« Dann biß Peter die Lippen zusammen und starrte hinaus auf den Fluß …
    Ein Gefangener seines mächtigen Freundes. Der lahme weiße Zauberer von Amorua.
    Nach zehn Tagen injizierte Dr. Cartogeno streng nach Vorschrift die siebente Spritze mit zehn Kubikzentimeter des Serums. Gleichgültig ließ es Peter mit sich geschehen. Seine Hoffnung war geschwunden. Er war mehr ein Befolgen der Zeilen auf dem Zettel als ein ernsthafter Wille, das Serum siegen zu sehen.
    »Dein Blut ist heller geworden«, meinte Cartogeno nach der Injektion. »Ich glaube, daß das Gegengift nur seine Zeit braucht, um wirksam zu werden.« Es war ein billiger Trost, den Peter auch mit lächelndem Nicken erwiderte, als wolle er sagen: Nett, mein Junge! Du willst mir Mut machen … aber ich habe leider den Glauben völlig verloren.
    Nach zwei Tagen folgte die letzte Spritze.
    Dr. Cartogeno und Peter warteten. Einen Tag. Zwei … fünf … eine Woche … zwei Wochen …
    Es geschah nichts. Die Beine blieben gelähmt. Nur das Blut war heller geworden. Unter dem Mikroskop sah es reiner aus, die Giftkristalle waren weniger geworden, und die Erythrozyten hatten sich vermehrt. Das war ein Fortschritt, den auch die Versuche unter dem Mikroskop zeigten … aber der Organismus des Körpers, das angegriffene Nervensystem reagierte nicht darauf.
    In der dritten Woche nach der letzten Injektion schlossen sie das Tagebuch mit dem resignierenden Satz ab:
    »80 ccm neues Serum aus Erlangen, Deutschland, nach vorgegebener Anweisung injiziert, reinigte Blut, hob aber Lähmung nicht auf. Der Versuch kann als mißlungen betrachtet werden.«
    Mißlungen! In diesem Wort lag die ganze Tragik Dr. Peter Perthes'. Er sprach nicht mehr über die kleinen, wachsverschlossenen Ampullen. In einem Schrank versteckt lag der schmale Karton – mit Watte ausgeschlagen.
    Auf seinen Krücken humpelte Dr. Perthes weiter umher, fuhr wieder mit seinem Rollstuhl, in einem breiten Baumkanu sitzend, die Flüsse hinauf und hinab, sprach gelegentlich mit Umari, der in letzter Zeit öfters an einsamen Stellen auftauchte und die kleinen Exkursionen ins Innere der Wälder begleitete. Von Deutschland erwähnte er nichts mehr. Seine geplante Reise in die Heimat war gegenstandslos geworden. Er war einer Täuschung, vielleicht einer Scharlatanerie zum Opfer gefallen – der gute Glaube an die Möglichkeit einer Rettung war enttäuscht worden.
    Durch den Urwald hämmerten wieder Baumtrommeln: Der weiße Zauberer ist weiter gelähmt. Die Götter haben entschieden: Das weiße Wasser aus der Ferne war nicht gut.
    Am Lago Jiro, den sie über den Cuno Supari erreichten, gründete Peter eine Impfstation. Die Taràpas bauten nach seinen Angaben eine feste Blockhütte mit drei Räumen. Sie wurde mit hohen, angespitzten Palisaden umgeben und lag direkt am See.
    Soweit das Auge reichte, war das stille Wasser umgeben von einer turmhohen grünen Mauer. Hier blieben Peter und Cartogeno zwei Monate und ließen durch Umari die Krieger der Taràpas in Gruppen von zweihundert Mann pro Tag kommen. Untersuchungen ergaben, daß sehr viele an einem verschleppten Sumpffieber, einer Art von Malaria, litten, eine große Anzahl an Lungenkrankheiten, die Folge einer notdürftig geheilten Masern-Erkrankung.
    Dr. Perthes saß, nur mit kurzen Hosen bekleidet, in seinem Rollstuhl und impfte seine Freunde, die Taràpas. Dr. Cartogeno bereitete die Impfungen vor, reichte das Impfmesser und übernahm die Untersuchungen von Männern, die Peter ihm bezeichnete, und die möglicherweise andere Krankheiten in sich trugen.
    Über 3.000 Krieger gingen durch die Hände der beiden Ärzte; selbst der alte Medizinmann Sapolàra kam, gestützt auf zwei junge Krieger, und verlangte eine Impfung. Sie kamen alle ohne Schmuck, ohne Bemalung, ohne die Tukanfedern in den Ohren und ohne Menschenhaargürtel um die Lenden. Nackt traten sie aus den Wäldern, braun, kräftig, mit Muskeln wie Stahl. Ohne Zuckungen ertrugen sie die Einritzungen und die Injektionen in die Brustmuskulatur. Es gab keine Ränge mehr – der Häuptling war dem kleinen Krieger gleich. Sie standen vor Peter, stumm, gaben den Arm und gingen grußlos wieder aus der Hütte.
    Nach zwei Monaten kamen die letzten Krieger. Erstaunt sah Peter zu Umari, der die ganze Zeit über mit ihnen in der Blockhütte wohnte. »Und wo bleibt Sapolàna?« fragte Peter.
    Über Umaris

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