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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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anonymen Paket verbirgt. Es kann ein Jahr dauern, vielleicht auch zwei oder drei Jahre. Es wird vielleicht schwer sein, in Deutschland den Mann zu finden, aber ich weiß auch, daß ich zu dir nach Zapuare zurückkehre und zu dir sagen werde: Fernando, hier bin ich wieder! Komm, rudere mich hinaus auf den Rio Guaviare, den Cuno Supari hinauf in die Wälder von Amorua und zu den unbekannten Quellen des Cuno Mataveni.« Er starrte auf seine Füße und wischte sich über das verschwitzte Haar. »Aber erst muß ich wieder laufen können. Ich muß auf das Wunder warten, Fernando!«
    Einen Tag später injizierte Dr. Cartogeno die zweite Ampulle. Der Körper reagierte nicht mehr so stark. Wohl stellte sich Atemnot ein, ein leichtes Fieber, aber der Verstand wurde nicht mehr getrübt. Auch das Brennen im Körper war weniger stark. Es war, als überflute eine plötzliche Hitzewelle das Blut. Dann war der Körper nach einer halben Stunde fieberfrei, und Perthes fühlte sich erfrischt.
    In diesen Tagen beobachteten die beiden Ärzte, wie um sie ein Ring von Taràpas gelegt wurde. Sie kamen nicht bis Zapuare – aber unter- und oberhalb des Rio Guaviare, am Rio Uva in den Llanos de San Martin, am Rio Vichada, ja sogar in der Nähe von Villavicencio am Rio Moco hatte man die Krieger in den Wäldern beobachtet. Wohin die beiden in diesen Tagen in ihrem Boot auch fuhren – überall stießen sie auf Taràpas, die still und scheu in den Büschen und Sümpfen hockten und den Weg des Bootes mit ihren Baumtrommeln anmeldeten.
    Ein Ring schloß sich um Peter Perthes; Sapolàna bewachte ihn. Der geringste Versuch, nach Villavicencio durchzubrechen, würde von ihm vereitelt werden.
    »Ich muß nach Deutschland, Fernando«, sagte Peter am zwölften Tag, nachdem er die vierte Spritze erhalten hatte. »Und wenn ich durchbrechen müßte … es geht hier um mehr als um den Willen Sapolànas. Ich werde versuchen, ihn selbst zu sprechen.«
    Doch dieses Vorhaben erwies sich als reine Utopie. Sosehr sich Peter auch bemühte und verschiedene Krieger ansprach, die an den Ufern der Flüße saßen, oder gar Umari, als er ihn einmal wieder traf, um eine Unterredung mit dem Großen Häuptling bat – Sapolàna schwieg. Nur der Ring wurde immer enger gezogen, er wurde dichter, deutlicher … die Warnung an den weißen Zauberer, die grüne Hölle nicht zu verlassen.
    Am achtzehnten Tag nach Eintreffen des Paketes erhielt Dr. Perthes die letzte Injektion. Sechs Ampullen waren jetzt in seinem Blut. Der Körper reagierte ab der vierten Spritze nicht mehr auf das Serum. Kein Fieber mehr, keine Atembeschwerden, kein Brennen in den Adern. Es war, als spritze man aqua destillata. Und die Lähmung der Beine blieb …
    Achtzehn Tage voller Hoffen … Wenn er allein war und Dr. Cartogeno die Schlangenfarm besuchte, versuchte Peter manchmal heimlich, aus dem Rollstuhl aufzustehen und einige Schritte zu gehen. Immer wieder knickten seine Beine ein – die Muskeln und Sehnen gehorchten ihm noch immer nicht. Das Serum schien sich doch als unwirksam zu erweisen. Unter dem Mikroskop vernichtete es zwar in kleinen Mengen die Gifte, aber im Körper, im großen Blutraum, wurde es anscheinend negativ aufgenommen, ohne seine heilende Kraft wirksam entfalten zu können.
    Mutlos saß Peter dann am Tisch und starrte hinaus in den abendlichen Urwald. Das Leben am Ufer fesselte ihn immer von neuem. Jetzt kannte er schon jeden Indio, der sammelnd durch die Wälder kroch und jede Woche seine Beute nach Zapuare brachte. Er kannte genau die Gewohnheiten der weißen Händler, ihre Kniffe und Betrügereien, mit denen sie die Indios übervorteilten. Er kannte genau den Mister McKinney, der wertlosen Glasschmuck gegen wertvolle Orchideensamen eintauschte, er kannte den alten Fuchs Abraham Futcher, der einmal einen Karton Waschpulver an die Indios verkaufte. Die saßen dann am Ufer vor dem Lagerfeuer, kochten aus dem Waschpulver eine Suppe, freuten sich kindlich über den kesselüberquellenden Schaum und aßen die Waschlauge mit Todesverachtung als neue Delikatesse.
    »Alle Indios sind Idioten!« Das war die Ansicht der weißen Händler. Nur manchmal wurden sie still, wenn einer von ihnen bei einer Fahrt in dem Sumpf verschwand und nie mehr auftauchte. Ein Opfer Sapolànas – hieß es dann meistens. Und man sah den weißen Arzt noch scheeler an, der das Leben dieses Ungeheuers der Urwälder gerettet hatte.
    Auch Dr. Cartogeno meinte, sein Zigarillo rauchend: »Ein weißer Schrumpfkopf

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