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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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Ende der 1970 er Jahre entwickelte Russell Belk die sogenannte Detektivmethode: Er ließ 320 Probanden aus dem Inhalt eines angeblich von der Polizei gefundenen Gepäckstücks die Charakteristika des Besitzers ergründen. Interessanterweise schlossen sie aus einem luxuriösen Koffer nicht nur auf einen wohlhabenden Menschen, sondern statteten ihn in ihrer Fantasie auch mit persönlichen Qualitäten – erfolgreich, interessant, großzügig, verantwortungsbewusst, attraktiv – aus. Den Eigentümern von einfacheren Gepäckstücken schrieben sie dagegen deutlich weniger positive Eigenschaften zu.
    In den 1980 er und 1990 er Jahren ging der amerikanische Psychologe Jeffrey Burroughs einen Schritt weiter und fragte: Wie sehr stimmen Einschätzungen, die neutrale Beobachter anhand von Besitztümern machen, mit der Selbst-Einschätzung der Besitzer überein. Auf der Basis einer Serie von Experimenten lautete seine Antwort: erstaunlich gut. Die Beobachter, die einen einzigen Hinweis bekamen – ein typisches Outfit, eine Liste mit zehn Lieblingsplatten, das Foto einer »persönlichen« Ecke zu Hause –, konnten Persönlichkeitsbewertungen abgeben, die ganz ähnlich ausfielen wie die Selbstbeschreibungen der Besitzer.
    In die gleiche Richtung gehen Studien, die untersuchten, wie gut man einen Menschen allein aufgrund seines Aussehens einschätzen kann. Je nach Forschungsdesign sahen sich die Studienteilnehmer Fotos oder Videoaufnahmen von Fremden an und äußerten dann Vermutungen über deren Persönlichkeit. Die Kleidung stellte sich dabei als erstaunlich zuverlässiger Indikator für bestimmte Persönlichkeitsmerkmale heraus. So kleiden sich gesellige Menschen typischerweise besonders modisch, gewissenhafte Menschen eher professionell-zurückhaltend und aufgeschlossene Zeitgenossen ausgefallen. Diese Zusammenhänge wurden von den Probanden auch richtig erkannt.
    Die faszinierende Sprache der Dinge
    Die Schnüffelkunde hat also in der psychologischen Forschung eine gewisse Tradition. Doch Goslings Studien gehören zu den wohl umfangreichsten und originellsten Arbeiten in diesem Bereich. In einer Untersuchung schickte der Wissenschaftler acht »Spione« (alias Studenten) in eine Immobilienfirma, eine Werbeagentur, eine Business School, ein Architekturbüro sowie eine Bank, wo sie sich insgesamt 69 Büros anschauen sollten. In einer anderen Studie ließ er 78 Schlafzimmer – oder besser gesagt Studentenbuden – inspizieren. Die Aufgabe der Schnüffler war in beiden Settings gleich: Während der Begehung eines Raumes, die maximal eine Viertelstunde dauerte, sollten sie Einschätzungen über die Persönlichkeit der ihnen unbekannten Bewohner abgeben.
    Konkret fragte der Wissenschaftler nach Merkmalen, die in der Psychologie unter dem Begriff Fünf-Faktoren-Modell oder Big Five bekannt sind:
    ◆ Extraversion/Introversion: Ist der Bewohner gesellig und lebenslustig oder eher zurückhaltend und gerne allein?
    ◆ Neurotizismus (emotionale Stabilität): Ist er ängstlich und leicht aufgeregt oder nicht aus der Ruhe zu bringen? Unsicher oder selbstbewusst?
    ◆ Offenheit für Erfahrungen: Hat er viel Fantasie und probiert ständig Neues aus? Oder liebt er Routine und Berechenbarkeit?
    ◆ Verträglichkeit: Ist er vertrauensvoll oder misstrauisch? Überwiegend freundlich oder oft schlecht gelaunt?
    ◆ Gewissenhaftigkeit: Gilt er als Perfektionist und Organisationstalent? Oder nimmt er es mit Ordnung und Pünktlichkeit nicht so genau?
    Wie die Spione vorgingen, blieb ihnen überlassen. Sie erhielten keine Anweisungen, wonach sie Ausschau halten oder welche Dinge sie sich genau ansehen sollten. Nur anfassen durften sie nichts; zudem waren Fotos der Bewohner und jegliche Hinweise auf ihre Namen zuvor abgedeckt worden. Parallel wurden auch die Bewohner zu ihren Persönlichkeitseigenschaften befragt sowie Meinungen von zwei ihnen nahestehenden Menschen eingeholt.
    Wie gut gelang es den Schnüfflern, die Persönlichkeit anhand der Zimmereinrichtung zu entschlüsseln? Wenn man bedenkt, dass sie keinerlei persönlichen Kontakt zu den Bewohnern und nur wenig Zeit für die Untersuchung der Räumlichkeiten hatten, bemerkenswert gut. Nicht nur stimmten sie weitgehend in ihren Urteilen überein, ihre Einschätzungen waren auch recht akkurat. Dies galt insbesondere bei den Merkmalen Gewissenhaftigkeit und Offenheit. Hier war ihr Urteil so zutreffend, dass Gosling zu dem Fazit kam: Wenn man wissen will, wie gewissenhaft und offen ein fremder

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