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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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durchschnittliche Glücksniveau der Bevölkerung zwischen 1946 und 1970 nahezu unverändert blieb, obwohl das Pro-Kopf-Einkommen in diesem Zeitraum um 60 Prozent zulegte. So betrachtet scheint steigender Wohlstand also nicht glücklicher zu machen.
    Easterlins Untersuchung löste einen wahren Boom an Folgestudien aus, der bis heute anhält. Um den Zusammenhang zwischen Wohlstand und Glück zu knacken, nahmen Forscher das Problem von den unterschiedlichsten Seiten und mit Hilfe verschiedenster Methoden ins Visier. Sie untersuchten Industriestaaten, klassische Entwicklungsländer, Schwellenländer, ehemalige Ostblockstaaten. Sie probierten unterschiedliche Definitionen von Einkommen und Glück aus und variierten die betrachteten Zeiträume. Die einen schauten sich Superreiche und Lottogewinner an; andere befragten Menschen, die unter der Armutsschwelle leben.
    Die Ergebnisse sind zum Teil widersprüchlich, und viele Fragen sind noch offen. Aber schon heute darf als gesichert gelten, dass sich Glück und Zufriedenheit nicht beliebig durch Besitz steigern lassen. Wer von bescheidenen Mitteln lebt oder regelrecht arm ist, der wird durchaus glücklicher, wenn sich seine finanzielle Situation verbessert. Doch ist ein gewisses Wohlstandsniveau erreicht, scheint sich der Glückseffekt von Wohlstand deutlich abzuschwächen. Manche Wissenschaftler sagen sogar: Er versiegt ganz. Was sich ebenfalls herauskristallisiert: Es gibt eine Reihe von Faktoren, die für die Lebensqualität wichtiger sind als materieller Wohlstand. Dazu zählen ein tragfähiges soziales Netz, ein sinnstiftender Beruf, Abwesenheit von Schmerzen und psychischen Problemen, ein stabiles und faires politisches System.
    Auch die Ergebnisse einer anderen Forschungsrichtung lassen daran zweifeln, dass ein Leben, das sich vornehmlich an Geld und Besitz orientiert, zu hoher Zufriedenheit führt. Die Materialismus-Forschung befasst sich nicht mit der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation von Menschen, sondern mit ihrer Einstellung zu Besitz. Ein Materialist wird als Mensch definiert, der materielle Güter als wichtigste Quelle für ein erfolgreiches und glückliches Leben ansieht. Es ist die Einstellung, die Rabeders Großmutter vertrat: Man ist nur dann etwas, wenn man über Besitz und den damit verbundenen Status und Einfluss verfügt.
    Ein Materialist muss nicht unbedingt vermögend sein, aber er träumt davon, es zu werden. Auf der anderen Seite ist nicht jeder, der sich viele Dinge wünscht oder sein Eigen nennt, gleich ein Materialist. Sammler beispielsweise zeigen in den Tests, die Forscher zur Messung materialistischer Tendenzen einsetzen, oft keine erhöhten Werte. Ihr Interesse richtet sich meist nur auf ganz bestimmte Sammelobjekte. Materialismus dagegen zielt auf Besitz in einem weiteren Sinne. »Materialistische Konsumenten denken, es sei unmöglich, Ziele wie Status oder Glück zu realisieren, wenn man nicht über eine bestimmte Menge an Besitztümern verfügt«, erklären die Konsumforscher Jeff Wang und Melanie Wallendorf in einer kürzlich erschienenen Studie.
    Materialisten sehen in Besitztümern den Schlüssel zum Glück – und erreichen mit dieser Haltung oft genau das Gegenteil. Je ausgeprägter der Materialismus eines Menschen, desto geringer ist seine Zufriedenheit im Schnitt. Und nicht nur das: Forscher haben in den letzten Jahren eine ganze Liste von weiteren negativen Begleiterscheinungen entdeckt. Materialismus geht tendenziell mit einem geringeren Selbstbewusstsein, schlechteren Sozialbeziehungen sowie einer höheren Neigung zu Drogenkonsum, Alkoholismus und Depressionen einher. Es wurden durchaus auch positive Effekte identifiziert: Der Hunger nach Reichtum kann Menschen motivieren, sich im Beruf mehr anzustrengen, aktiver und kreativer zu sein. Insgesamt aber ist eine materialistische Einstellung ziemlich eindeutig mit einem Verlust an Lebensqualität verbunden, und das unabhängig davon, wie weit man auf der Wohlstandsleiter schon nach oben geklettert ist.
    Wie lassen sich diese Ergebnisse erklären? Millionen von Lottospielern träumen von einem befriedigenden und aufregenden Leben, zu dem ihnen die richtigen Zahlen verhelfen sollen. Und auch sonst gibt es wohl nur wenige Leute, die sich nicht zuweilen wünschten, sie könnten sich ein größeres Haus, ein schickeres Auto und all die anderen Dinge, die die Werbung anpreist, leisten. Warum ist in der Realität mehr Besitz nicht automatisch mit mehr Zufriedenheit gleichzusetzen? Und

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