Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben
Aktivitäten ab, die viel wirkungsvoller wären, um glücklich zu werden, beispielsweise Zeit mit Freunden, der Familie, in der Natur oder im Verein zu verbringen. Ökonomen nennen dies Opportunitätskosten: Wenn man eine Alternative wählt, muss man auf eine andere verzichten. Manche Forscher gehen davon aus, dass hierin ein weiterer Grund für die relative Unzufriedenheit materialistischer Menschen liegt. Ihre Konzentration auf Besitz als Weg ins Glück lenkt sie von anderen Wegen ab, die besser geeignet wären, ihr Ziel zu erreichen.
Die Konsumwelt der Kinder
Ein besonders brisantes Thema ist das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen. Junge Menschen leben heute in einer mit Marken und Statussymbolen vollgestopften Welt. Bereits Zweijährige können populäre Markenlogos identifizieren, wie jüngst eine dänische Studie zeigte. Um den Dreirad-, Bobby-Car- und Rollerfuhrpark mancher Vierjähriger unterzubringen, braucht man eine Extragarage. Und wer als Schüler eine No-Name-Jeans trägt oder kein Smartphone hat, gilt schnell als uncool und riskiert, ausgegrenzt zu werden.
Längst werden die jungen Kunden von Firmen wie Nike, Guess oder Sony umgarnt – verständlich, denn dank Taschengeld, Geldgeschenken und Einfluss auf die Kaufentscheidungen der Eltern repräsentieren sie ein milliardenschweres Konsumpotential. Genutzt werden alle verfügbaren Kanäle: Fernsehwerbung, SMS -Mailings, Internet-Kampagnen, Schulsponsoring. Es wird geschätzt, dass kleine Amerikaner pro Jahr 40000 Werbespots sehen.
Soweit mag es in Deutschland noch nicht sein. Aber auch hierzulande sind viele Eltern besorgt. In der Tat warnen Experten vor den negativen Auswirkungen der Konsumwelt auf junge Menschen. Vor ein paar Jahren zeichnete ein UNICEF -Report ein erstaunlich düsteres Bild der psychischen Gesundheit von Kindern in wohlhabenden Ländern wie USA , Großbritannien, Österreich, Dänemark, Frankreich und auch Deutschland. Psychologische Studien liefern ebenfalls Hinweise darauf, dass ein zu tiefes Eintauchen in die materialistische Kultur für junge Menschen äußerst schädlich ist. Kinder und Jugendliche mit einer starken materialistischen Einstellung sind unzufriedener, selbstzweifelnder und ängstlicher als Klassenkameraden, die sich weniger um Geld und Statussymbole scheren. Sie haben auch schlechtere Beziehungen zu ihren Eltern, trinken mehr Alkohol, fallen in der Schule häufiger negativ auf und leiden öfter unter psychosomatischen Beschwerden. Eine Vergleichsstudie mit tausend kanadischen und chinesischen Jugendlichen deutet darauf hin, dass der Anstieg von Depressionen im Jugendalter, der in China zu beobachten ist, mit der zunehmenden materialistischen Einstellung in diesem Land in Verbindung steht.
Was aber kann man tun, um sich und seine Kinder vor den omnipräsenten Verführungen der Konsumwelt zu schützen? Erich Fromm forderte den Aufbau einer neuen Gesellschaft, die eine drastische seelische Veränderung des Menschen möglich machen sollte. Dieser neue Mensch müsse »die Bereitschaft [haben], alle Formen des Habens aufzugeben, um ganz zu sein«. Im Vergleich dazu klingen die Schlussfolgerungen der Glücks- und Materialismusforscher heutiger Tage weit weniger radikal. Aber auch sie raten zu einem bewussten und kritischen Umgang mit dem eigenen Konsumverhalten. »Jeder von uns muss sich heute fragen«, betont beispielsweise der amerikanische Glücksforscher Ed Diener, »inwieweit er Opfer seiner steigenden materiellen Sehnsüchte geworden ist.«
Wertschätzen, was man hat, und seine Wünsche unter Kontrolle halten, das sind wohl die beiden wichtigsten Ratschläge, die man aus der Forschung zu den negativen Folgen von Besitz und Konsum ableiten kann. Wie man das schafft, ist eine individuelle Frage. Für manche kann es bedeuten, weniger Zeit vor dem Fernseher zu verbringen. Studien aus zahlreichen unterschiedlichen Ländern zeigen, dass Menschen, die viel fernsehen und deshalb einer Menge Werbung ausgesetzt sind, eher eine konsumorientierte Haltung an den Tag legen.
Forscher haben auch einen Zusammenhang zwischen einem niedrigen Selbstbewusstsein und dem Verlangen nach Statusgütern entdeckt. In verschiedenen Untersuchungen und Experimenten wurde gezeigt, dass unsichere Menschen mehr Wert auf statusträchtige Gegenstände legen, weil sie mit deren Hilfe ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Schwächen zu überbrücken hoffen. Minderwertigkeitskomplexe zu bekämpfen, kann folglich eine wirksame Maßnahme
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