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Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Titel: Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krause Landt Axel W Bauer
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eines Tages unvermeidlich nahenden eigenen Tod. Im Zustand der Gesundheit glauben wir (ungeachtet gewisser neurophilosophischer Einwände gegen die Rede von der Willensfreiheit) unsere Entscheidungen frei und autonom treffen zu können. Was passiert aber, wenn diese womöglich nur hypothetische Selbstständigkeit durch eine schwere Krankheit eingeschränkt wird?
    Die Therapie zu begrenzen oder gar abzubrechen, weil die Behandlung aussichtslos erscheint, sind bereits extreme ärztliche Handlungsoptionen, die einer besonders sorgfältigen Indikationsstellung bedürfen. 13 Und doch geht es nicht nur um den wissenschaftlich geschulten medizinischen Sachverstand, der hier gefordert ist. Hinter der Rede von der Aussichtslosigkeit oder Sinnlosigkeit einer Therapie verbirgt sich ein komplexes Wertungsproblem. Bezeichnungen wie »zwecklos«, »sinnlos« oder »vergeblich« beziehen sich nicht bloß auf gesicherte medizinische Tatsachen. 14 Wo es dem Anschein nach um objektiv gegebene Tatsachen geht, spielen rollentypische sowie persönliche Einstellungen der beteiligten Akteure (Ärzte, Pflegepersonal, Angehörige) eine entscheidende Rolle.
    Medizinische Indikationen sind keine festen Größen, die man an einem Messgerät ablesen könnte. Hinter ihnen verbergen sich Wertentscheidungen, die in Zeiten der allgemein beklagten und im Jahre 2011 auch vom Deutschen Ethikrat thematisierten Ressourcenknappheit durch ökonomische Rahmenbedingungen beeinflusst werden. 15 Unter steigendem Kostendruck ist zu befürchten, dass künftig noch stärker als bisher versucht werden wird, klinische Rationierungsentscheidungen nach scheinbar wertneutralen, auf den ersten Blick objektiven Parametern zu treffen.
Lebensrecht als Variable der Kosteneffektivität
    Als empirisches Maß bietet sich zunächst die sogenannte »Kosteneffektivität« an, denn sie sagt uns, wie viel Geld ein zusätzlich gewonnenes Lebensjahr kosten würde, wenn man eine bestimmte Therapiemaßnahme anwendet. Berechnet man die Kosteneffektivität nach »qualitätskorrigierten Lebensjahren« (QALY’s), so zeigt sich ihre große Variabilität in Abhängigkeit von der gewählten Messmethode. Dies wird besonders dann zu ethisch fragwürdigen Resultaten führen, wenn Kostenvergleiche nicht mehr nur »intraindividuell« (»Therapie A oder Therapie B für Patientin Erika M.«), sondern »interindividuell« (»Therapie C für die 34-jährige zweifache Mutter Almut B. oder für den 78-jährigen alleinstehenden Rentner Friedrich S.«) durchgeführt werden. Bei der Kosteneffektivität handelt es sich um ein utilitaristisches Kalkül, das immer nur genau diejenigen Parameter widerspiegeln kann, die bei seiner Formulierung berücksichtigt worden sind. Man kann etwas provokativ, aber durchaus in der Sache treffend formulieren: »Sage mir, welches Resultat du hören willst, und ich sage dir, welche Parameter du in deine Rechnung einbeziehen musst.«
    Worin liegt der moralische Preis utilitaristischer Kosten-Nutzen-Kalküle? Die vordergründig größere Objektivität und scheinbare Neutralität der Entscheidung kann nur dadurch erreicht werden, dass man das Leben eines Patienten mit dem Leben anderer Patienten durch interindividuelle Kostenvergleiche verrechnet. Das aber wäre nicht nur eine Verletzung des individuellen Lebensrechts, sondern auch unvereinbar mit der Würde des Menschen. Die nüchterne Kalkulation, dass schwer erkrankte Menschen für die Allgemeinheit keinen rechnerischen »Nutzen« mehr haben, wird natürlich nicht offen ausgesprochen. Stattdessen steht gegenwärtig das zwar wohlklingende, doch unwahrhaftige Schlagwort »Selbstbestimmung am Lebensende« auf dem biopolitischen Programm. Vermeintlich können damit eine »ungerechte« Ressourcenzuteilung und eine »Zwei-Klassen-Medizin« vermieden werden, doch in Wahrheit würden durch ein absichtlich vorgezogenes Lebensende neue Formen von Ungerechtigkeit mit grausamen Konsequenzen geschaffen und eingeführt.
Martin Walser und der schlimmstmögliche Tod
    Seit den frühen 1990er Jahren lässt sich auch in Deutschland eine Tendenz beobachten, der zufolge das Selbstbestimmungsrecht von Patienten in medizinethischen Debatten wie ein Solitär mehr und mehr in den Vordergrund rückt. Die Tragik dieser Entwicklung besteht zweifellos darin, dass es ausgerechnet das Thema Sterbehilfe ist, an dem sich dieses Recht vorrangig bewähren soll. Man gewinnt manchmal den Eindruck, dass Selbstbestimmung in der Medizin mit einem moralischen

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