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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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fauchende Windböen, Hitze, Gestank, Trümmer und Tote.
    Sie schlossen sich einem Trupp aus Arbeitsdienst-Männern und Feuerwehr an. Sie rollten Schläuche aus, zogen Verschüttete aus Kellerlöchern. Sie kämpften sich mit Feuerlöschern durch ein Treppenhaus bis unter den Dachstuhl und löschten das Gebälk, warfen alles Brennbare aus den Fenstern. Jede Tür war ein fauchendes Viereck aus Flammen. Aus jeder Fensteröffnung schlug ihnen Feuer entgegen. Das ganze Viertel brannte. Ständig explodierten noch nicht gezündete Bomben oder die Benzintanks brennender Fahrzeuge.
    Aus Rohrleitungen wurde aus dem Rhein Wasser in die Stadt gepumpt.
    Als die Bomben fielen, hatten sie einfach nur Angst gehabt. Jetzt lag ein ständiges Lauern in ihren Augen. Was geschah in dem Haus über ihnen? Hielt die Fassade? Widerstanden die Decken dem Druck des Feuers?
    Sie trugen Tote und Verletzte zu den Sammelstellen. Eine der schwarzverbrannten Leichen war ein Kind, etwa in Ellis Alter, nicht Mädchen, nicht Junge, nur klein und schwarz und verkohlt.
    Bastian dachte an seine Familie. Hatten sie es geschafft? Würde er Elli so finden, wenn er nach Hause käme?
    Eine alte Frau stand schluchzend vor ihrem brennenden Haus. »Wohin soll ich?«, rief sie immer wieder. Neben ihr lagen tote Körper, einige inzwischen mit geblümten Betttüchern zugedeckt. Die Frau zitterte am ganzen Körper.
    Bastian übergab sich.

    DER
    LUFTDRUCK
    FEGTE durch die Straße. Paul wurde zur Seite geworfen. Der Einschlag war genau vor ihm. Flammen schlugen aus Dächern. Feuer floss fauchend wie Vulkanlava über den Asphalt. Dachbalken waren auf die Straßen gestürzt und brannten lichterloh vor den vermauerten Kellerfenstern. Paul sprang ins Treppenhaus. Die Keller waren leer. Er stürzte auf die Straße zurück. Ein alter Mann mit einem Stahlhelm kam ihm taumelnd entgegen.
    »Schnell«, schrie er. »Im Keller.« Er zog Paul in das Nachbarhaus.
    »Wo ist Frau Frei? Wo ist Elli?«, brüllte Paul ihn an.
    »Im Keller. Sie kommen nicht raus. Der Eingang ist verschüttet. Das Treppenhaus ist eingestürzt. Ein Blindgänger ist durch das Dach und liegt im Schutt vor der Kellertür. Wenn der hochgeht. Es brennt. Die Kohlen brennen. Man riecht es. «
    Paul kapierte. Die Kohlen brannten. Wenn er die Eingeschlossenen nicht rausholte, würden sie an den Gasen ersticken. Er zog den alten Mann hinter sich her, zurück in Bastians Haus, in den Keller. Paul nahm den schweren Hammer aus dem Treppenhaus mit hinunter.
    »Wo?«, brüllte er den Mann an und schüttelte ihn. Der Alte riss sich los, schlurfte in die Waschküche und deutete auf die Wand.
    »Dahinter ist der Keller. Dort müssen sie sein.«
    Wuchtige Hammerschläge. Paul brach sich durch zwei Wände. Er wusste, jede Minute zählte. Dann zog er sie raus. Zuerst Elli, die Oma, dann die Nachbarn, zuletzt Frau Frei. Sie hockten sich auf die Treppe und atmeten. Der alte Mann und Paul krochen in den Kohlekeller des Nachbarhauses. Die Nachbarn bildeten eine Eimerkette. Paul kippte Wasser und Sand auf den qualmenden Haufen. Hinter der Tür lauerte der Blindgänger.
    Erst am Morgen trauten sie sich in die Wohnung zurück. Es gab kein Wasser, kein Licht.
    Paul trug die schlafende Elli und legte sie auf das Sofa. Er deckte sie zu und drückte ihr Antonia und Herrn Wutz in den Arm. Dann setzte er sich erschöpft neben sie. Sie wachte auf und murmelte benommen: »Eine Geschichte, Paul. Nur eine. Eine ganz kurze. Bitte, bitte.« Und ihre Stimme wurde ganz klein.
    Da erzählte Paul ihr die Geschichte, die sein Vater oft erzählt hatte.
    »Es lebten zwei Männer«, begann Paul, »zwei Freunde, die waren ins Gefängnis geworfen worden, obwohl sie nichts Böses getan hatten. Der eine betete im Gefängnis viel, weil er Angst hatte, der andere schlief viel.
    ›Warum schläfst du so viel?‹, fragte der eine Mann.
    ›Um Kraft zu sammeln. Die werde ich brauchen‹, antwortete der andere.
    ›Aber hast du denn gar keine Angst?‹, fragte der erste.
    ›Nein‹, sagte der andere, ›die Zeit der Angst ist vorbei. Jetzt beginnt die Zeit der Hoffnung.‹«
    Elli schlug die Augen auf. »Was ist das, Paul, Hoffnung?«

    ES ROCH
    SÜßLICH
    NACH verbranntem Gummi. Schwarzer Qualm stand in der Luft. Das Atmen fiel schwer. Der Rauch verätzte die Lungen. Ein Eimer Wasser über den Kopf half. Irgendwann verlor Bastian jede Beziehung zu dem, was er da tat. Er funktionierte nur noch. Pausenlos und stumpf.
    Die Bomber kamen zurück. Ihre Ziele lagen

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