Wir toeten nicht jeden
auf mich, der eher auf Krieg hindeutet als auf meine Hinrichtung.
Kommissar Arregui.
24
Wie der Alte mir geraten hat, gehe ich zunächst mit Köpfchen vor. Blitzschnell berechne ich die Flugbahn der imposanten Rechten und stelle mich so, dass ich Arreguis Kinnhaken und gleichzeitig dem des gelben Regenmantels ausweichen kann, der sicher hinter mir hergelaufen ist. Sollte ich überleben, werde ich einen Bericht schreiben über die Unzweckmäßigkeit von greller Kleidung bei der 39-A-Methode; damit fällt man nicht nur auf, es ist geradezu ordinär. Arreguis Schwinger geht um Zentimeter daneben und offenbart eine Flanke, die so ungeschützt ist, dass ich ihn mit einem einzigen Fausthieb außer Gefecht setzen oder sogar töten könnte. Ich schlage aber nicht zu, sondern springe nur blitzschnell einen Schritt zurück, sodass er, mitgerissen von seinem ungestümen Schlag, nach vorne stolpert, sich aber gleich wieder fängt und erneut auf mich losgeht. Warum ich das getan habe? Ich weiß es nicht. Vielleicht weil eine solche Blindwütigkeit im Handbuch der FIRMA nicht vorgesehen ist oder weil er, seit er sich auf mich gestürzt hat, unablässig etwas schreit, das ich nicht verstehen kann. Oder weil ich in seinen Augen alkoholgeschwängerte Tränen entdeckt habe, die nicht zu der 39-A-Methode passen. Vielleicht sind es aber auch gar keine Tränen, sondern nur vereinzelte Tropfen des Platzregens, der nun mit derselben Wucht auf den Asphalt prasselt, wie Arregui mir erneut eine vor den Latz knallt.
Nach so vielen Drinks und Zweifeln ist mein Kopf in dieser Nacht ganz offensichtlich nicht schnell genug, weshalb ich, dem Rat der alten Nummer Drei folgend, nun also doch meine Fäuste benutze. Nur wenige meiner stärksten Gegner wären nach der Linken, die ich gerade in Arreguis Gesicht platziert habe, nicht zu Boden gegangen, aber vielleicht habe ich wegen meines verbundenen Auges nicht so präzise wie sonst getroffen, oder seine unbändige Rage verleiht ihm eine außergewöhnliche Zähigkeit. Irgendwas stimmt hier nicht, er versucht nicht, Zeit zu schinden, bis der Trampel in dem gelben Regenmantel mich von hinten angreift, er will nur auf mich einprügeln, und es ist ihm egal, dass ich kontere und zurückschlage, ins Gesicht, die Seite, den Magen. Eine kurze Atempause, in der wir uns wie brünstige Männchen taxieren und umkreisen, lässt mich sehen, dass der gelbe Regenmantel fünf oder sechs Meter entfernt stehen geblieben ist, verflixtes Auge, wegen dem ich ihn nicht genauer sehen kann, wenn ich wenigstens meine Lederklappe hätte, beobachtet er uns nur? Nein, das unruhige Tänzeln seiner Beine verrät, dass er noch zaudert, vielleicht aber gleich … Meine Schlussfolgerung ist allerdings nur dazu gut, dass ich mich schlecht decke, sodass Arregui seine Rechte auf meiner Wange platzieren kann, ich glaube, die Faust zielte auf das gesunde Auge, ein Boxertrick, und da fällt mir wieder ein, dass der Kommissar mehrmals die Boxwettkämpfe der Polizei gewonnen hat, fast immer durch k. o., aber es war ein Boxertrick, in letzter Sekunde abgewendet mit der Noblesse eines exzellenten Boxers. Arregui will mich nicht umbringen, so viel steht jetzt fest, aber wenn ich nicht endlich das Denken einstelle und er weiter so auf mich eindrischt, tut er es am Schluss vielleicht doch noch, wenn auch unbeabsichtigt.
Hier braucht es kein Köpfchen.
Und auch nicht die Fäuste, obwohl unsere Knöchel vom Zuschlagen schon ganz wund sind.
Hier sind, wie die frühere Nummer Drei sagen würde, die Eier gefragt.
Und so setze ich also draufgängerisch all meine Kraft ein, genau wie Arregui, während der gelbe Regenmantel unsere Auseinandersetzung aus der Ferne verfolgt, mittlerweile stehen seine Beine still, die eben noch auf mich losstürzen wollten, ja er steckt sich sogar eine Zigarette an, um deren Genuss ich ihn jedoch nicht eine Sekunde beneiden kann, denn ich muss einem weiteren Hieb Arreguis kontern, weshalb ich beim Aufflammen des Feuerzeugs nur blitzartig seine Gesichtszüge erkennen kann, was mit einem Volltreffer auf mein rechtes Schläfenbein zusammenfällt. Wie gern würde ich über diese Blitzlichtaufnahme nachdenken, aber das geht jetzt nicht, denn es gibt nun Wichtigeres, als um mein Leben zu kämpfen, ich muss erfahren, was zum Teufel Arregui die ganze Zeit brüllt, dieser Schrei muss der wahre Motor für seine maßlose Wut sein, ich muss erfahren, was hinter diesem verbissenen Kampf im strömenden Regen steckt, bei dem
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