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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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womöglich auch noch anfängt, ein Liebeslieder-Potpourri zu spielen, nein, ganz schlimm. Aber was können wir sonst machen? Es muss was Echtes sein. Wenn wir was erfinden, verheddern wir uns in Widersprüche, wenn Ekkehart uns ausfragt.
    Ich renne nervös auf und ab. Ungewohnt. Sonst ist in solchen Situationen immer Ines da und wir können uns unsere Panikwellen so schön hin- und herschicken. Aber es hat wenigstens auch eine positive Seite: Mein ganzer Kummer wurde durch den Stress mit Ekkehart und unseren Steuerschummel, der jetzt wieder hochkocht, einfach beiseitegedrängt. Nur deshalb kann ich sogar eine so pikante Sache wie unseren Hochzeitstag angehen, ohne sofort anzufangen zu schluchzen.
    Also: Es muss etwas sein, das Ekkehart überzeugt… Ein Tangoabend in unserer Wohnung zum Beispiel… Wobei, nein, Hochzeitstag muss man mehr in trauter Zweisamkeit verbringen…, Kino? Theater? Oper?… Nicht speziell genug. Ein richtiger Knaller. Romantik pur. Ein in Fels gehauener Liebesschwur… Autsch! Oh bitte, Kummer, was hab ich gerade gesagt? Nicht jetzt. Ich trag dein Gewicht gerne für den Rest meines Lebens herum, aber lass mich noch den Hochzeitstag managen, okay? Lässt dich kalt, meine Bitte? Merk ich mir. Irgendwann brauchst du mich auch mal…
    Mist, ich trete seit einer halben Stunde auf der Stelle. Was Einzigartiges, was Zweisames, was Romantisches. Blödes Le Canard. Das wäre so einfach gewesen. Dort hat unsere Liebesgeschichte begonnen. Ja, dort. Mit einem Gespräch mit McCoy Tyner über… Jazz… Nein, ich muss mich zusammenreißen, das kostet mich jetzt nur Zeit, wenn ich rumheule. Le Canard, Le Canard, Le Canard – irgendwas, was in die Richtung geht. Ich…
    Ja!
    JA, JA, JA!!!
    Das mache ich.
    Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.
     
    * * *
     
    Manche denken, Viktor wuschelt sich jeden Morgen mindestens eine Stunde vor dem Spiegel in den Haaren rum, bis sie so sitzen, wie wir es kennen. Die Wahrheit ist, seine Frisur kommt ausschließlich durch Schlafen zustande. Sie ist aber im Moment auch das Einzige an ihm, von dem man sagen kann, es passt. Alles, was unterhalb seiner Haare liegt, ist noch dermaßen im Schlafmodus, dass ich langsam beginne, den Mut zu verlieren.
    »Huah. Alcho, gähn, ich hab nur verstanden, dass du aus irgendwelchen Gründen der Meinung bist, ich müsse jetzt aufstehen. Rchh.«
    Immerhin funktioniert sein Konjunktiv schon. Allerdings hat ihn das so angestrengt, dass er sich jetzt wieder mit seinem ganzen Gewicht auf sein Kissen fallen lässt.
    »Heee! Das ist ernst! Komm raus und zieh dich an! Ich erklärs dir dann noch mal in aller Ruhe, wenn wir auf dem Weg sind, okay?«
    »Rchh.«
    »Beweg dich!«
    »Huah. Also, nur mal angenommen, ich stünde jetzt auf, was…«
    »Schschsch! Spar deine Kräfte!«
    »He! Lass die Decke… Rchh. Alcho gut. Puha. Machst du wenigstens ‘n Kaffee?«
    »Später. Taxi wartet.«
    Echt jetzt. Kann der sich nicht mal beeilen? Geschlagene fünf Minuten braucht er für Katzenwäsche und Klamotten-Anziehen. Und dann auch noch die Schuhe. Ewigkeiten. Als wir endlich im Treppenhaus sind, rechne ich schnell aus, dass ich meinen Zeitplan schon wieder korrigieren muss.
    Auf der Straße fängt Viktor sofort an zu bibbern. Ich schubse ihn hektisch in den warmen Mercedes-Kombi, wo er sich mit verschränkten Armen und Beinen in die Ecke kuschelt.
    »Wow, sag mal, gähn, was ist das alles für Kram im Kofferraum?«
    »Für unseren Hochzeitstag. Aber ich brauche Hilfe.«
    »Rchh. Hättst du nicht Toni statt mich fragen können? Der ist wenigstens Frühaufsteher.«
    »Hab ich ja. Aber den hat heute seine Kreditbank einbestellt.«
    »Huah. Ach so.«
    »Können Sie bitte schneller fahren?«
    »Äh, überhaupt, warum machst du denn so einen Aufriss um euren Hochzeitstag? Ist doch eh nur Alibi.«
    »Ist es nicht.«
    »Hä?«
    »Ist – es – nicht.«
    »Heißt das…?«
    »Genau.«
    »Rchh. Vollpfosten.«
    Es dauert zwar nur noch drei Minuten, bis wir vor unserem Haus sind, aber Viktor nutzt die Zeit, um noch mal wegzupennen. Ich merke das allerdings erst, als ich seine Tür aufmache und er mir entgegenpurzelt.
    »Rchh. Wsnls?«
    »Jetzt reiß dich mal am Riemen.«
    »Huah. Manno, keine Sau ist um die Zeit auf den Beinen.«
    »Kein Schauspieler. Sonst alle.«
    »Das sagen alle, huah, rchh… aber bewiesen hat mir das noch niemand.«
    Ich drücke auf unsere Klingel, und keine Minute später stehen Ekkehart und Frau Kohlmeyer vor uns.
    »Guck mal, die beiden

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