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Wir waren unsterblich (German Edition)

Wir waren unsterblich (German Edition)

Titel: Wir waren unsterblich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber
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laut: „Meine Tante! Sie hat ihn darum gebeten. So ein alter, verlassener Bauernhof sei doch sicher viel zu gefährlich zum Spielen. Der gute Onkel Eugäähn solle ich die Sache doch besser einmal ansehen. Dann wäre ihr viel wohler.“ Töffel lächelte nicht mehr. „Viel wohler!“, kreischte er noch einmal. Einer der älteren Schüler in der Nähe stieß seinen Freund an und tippte sich bedeutungsvoll gegen die Stirn. „Ey, habt ihr Probleme?“ Das übliche Suchen nach irgendeinem lächerlichen Vorwand, um die Kleineren zu piesacken. Sie vielleicht sogar ein wenig zu schlagen. Kurze, gezielte Hiebe, die blaugrüne Flecke an den Oberarmen zurückließen.
    „Geht weiter!“, raunzte ihnen Hilko zu, ohne sich umzuwenden. Die beiden Typen – sie waren mindestens genauso alt wie Hilko – schlenderten betont lässig auf uns zu.
    „Das sieht verdammt nach Ärger ...“, begann der Größere von ihnen. Leo stellte sich den Jungen in den Weg und wedelte mit seinen mageren Armen vor ihren Bäuchen herum. „Verpisst euch! Wir müssen uns hier in Ruhe unterhalten! Es ist wichtig!“
    „Häh?“, machten die Großen gleichzeitig. Markus baute sich hinter Leo auf und setzte seinen grimmigsten Blick auf.
    „Genau! Verschwindet!“, rief Töffel mit seiner hellen Kinderstimme. Ich ballte meine Fäuste. Es gab Wichtigeres als diese zwei Idioten, die hier versuchten, eine miese Kopie irgendwelcher Filmbösewichter abzuliefern. Sie würden uns jetzt nicht in die Quere kommen. Die streitsüchtigen Oberklässler sahen sich plötzlich einer Mauer aufmüpfiger Zwerge gegenüber. Na ja, zumindest Leo, Töffel und ich waren sehr viel kleiner als sie. Wir waren zu fünft, aber das gab nicht den Ausschlag für die beiden, sich mit einer patzigen Bemerkung abzuwenden. Es war unsere Entschlossenheit. Man konnte sie spüren.

    „Gegen vier“, hatte Töffel uns zum Abschied gesagt. Jetzt war es bereits halb fünf und von ihm und seinem Begleiter – dem Onkel Eugäähn – war nichts zu sehen. Markus spähte mit einem alten Fernglas durch das Fenster im Dachgeschoss. Er suchte pausenlos den Feldweg nach den zwei näherkommenden Gestalten ab. Bisher ohne Erfolg.
    Alles war bis ins letzte Detail vorbereitet. Die Kamera stand im Kellerflur, die Tür mit den neuen Riegeln hatte auch einen letzten Test bestanden: Einem gemeinsamen Ausbruchversuch von Markus und mir. Mit aller Kraft und allem Anlauf, den der Raum bot, hatten wir die Tür von innen gerammt. Meine Schulter schmerzte noch immer.
    „Was machen wir, wenn sie nicht kommen?“, fragte Leo. „Vielleicht hat der Kerl Lunte gerochen.“
    „Wie denn das?“ Hilko war gereizt. „Töffel wird es schon nicht verpatzt haben.“
    „Da kommt ein Auto!“, rief uns Markus von seinem Beobachtungsposten zu.
    „Der Bauer?“, fragte ich nach. Wir kannten dessen förstergrünen Mercedes ganz genau. Ein anderes Fahrzeug verirrte sich so gut wie nie in die Sackgasse.
    „Nein!“, brüllte Markus und duckte sich. Jetzt hörten wir den Wagen näherkommen. Nicht mit dem nagelnden Geräusch eines Dieselmotors, sondern mit einem hellen, fast gequält klingenden Singen. Wir rannten in die Deckung des alten Wohngebäudes und spähten vorsichtig durch die zerschlagenen Fensterscheiben. Hinter den Büschen entdeckten wir zuerst eine beigefarbene, eckige Karosserie, dann bog der Opel Kadett langsam in die Hofeinfahrt. Glassplitter knirschten unter den Reifen. Sonnenstrahlen spiegelten sich auf den Chromstoßstangen.
    „Scheiße!“, fluchte Leo. Am Lenkrad kurbelte Graukittel Eugen, darauf bedacht, dem herumliegenden Müll auszuweichen. Auf dem Beifahrersitz hockte Töffel.
    „Was machen wir jetzt?“, flüsterte ich aufgeregt. „Der Typ ist mit dem Auto gekommen. Das war nicht geplant.“
    „Scheiße!“, wiederholte Leo.
    Draußen wurde eine Wagentür geöffnet und Graukittel tönte: „So, so! Sieh an! Nettes Versteck!“
    Ich riskierte einen Blick. Eugen trug heute nicht seinen Hausmeisterkittel, sondern eine knappe Lederjacke, die er sich zugelegt haben musste, als er noch zwanzig Kilo weniger auf die Waage brachte. Eine riesige, silberne Gürtelschnalle drückte sich in seinen Wanst und blitzte kurz in der Sonne auf. Er sah lächerlich aus, stemmte die Arme in die Hüften und blickte sich wichtigtuerisch um. Zuhause hörte er sicher Elvis und posierte vor dem Schlafzimmerspiegel. Töffel machte keine Anstalten, aus dem Opel zu steigen.
    „Der Bauer oder sonst jemand wird den Wagen sehen

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