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Wir wollen Freiheit

Wir wollen Freiheit

Titel: Wir wollen Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Gerlach
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gefunden zu haben, wie er doch noch an der Macht bleiben kann: Er stürzt sein Land in einen Bürgerkrieg. Am 3.   Juni jedoch wird er bei einer Explosion in seinem Palast schwer verletzt. Vermutlich – so zumindest Mohammed al Mikhlafi, Menschenrechtler und Politiker der Sozialistischen Partei – wurde der Anschlag von einem Mitglied seines Hofstaates oder sogar der Familie begangen. Ali Abdullah Saleh wird zur Behandlung nach Saudi Arabien ausgeflogen und es gilt als unwahrscheinlich, dass seine saudischen Gastgeber ihn in den Jemen zurückkehren lassen würden, sollte er sich wieder erholen. Allerdings hat er seine Söhne und einige Neffen im Jemen zurückgelassen und diese kommandieren nun gut ausgerüstete Truppen, die den Kampf um die Macht noch nicht aufgegeben haben. Ein Anhalten der Kämpfe im Jemen droht das Land in einen Abgrund zu stürzen: Zu sensibel ist das Gleichgewicht der verschiedenen Stämme und auch Al Kaida würde davon profitieren. So bemüht sich ein breites Oppositionsbündnis darum, möglichst schnell Wahlen abzuhalten und das Problem Ali Abdulla Saleh auf diese Weise zu lösen.
    |120| Syrien
    Mallath Aumran ist eines der Gesichter hinter der Revolte in Syrien. Kurze Haare, gleichmäßige Züge, starrer Blick: Irgendwie sieht das Bild auf seiner Facebook-Seite nicht echt aus. Zu glatt, zu schön. Kein Wunder, denn Mallath Aumran ist kein Aktivist, sondern ein Avatar. Das Foto ist am Computer entstanden und die Seiten werden von einem sehr deutlich verwitterten jungen Mann gefüllt. Rami Nakhle sitzt in einer geheimen Wohnung in Beirut und verbringt Tag und Nacht am Laptop. Neben sich ein voller Aschenbecher. Ständig piept sein Telefon: Nachrichtensender, Zeitungen, Agenturen wollen von ihm wissen, was in Syrien los ist. Rami Nakhle gehört zu den jungen Syrern, die zum Aufstand in Syrien über Facebook aufgerufen haben. Er ist auch derjenige, der per Massenmail seinen Landsleuten beigebracht hat, wie man die staatliche Zensur der Internets austricksen kann und viele gelangten so auf Facebook und andere Seiten, als diese noch gesperrt waren. Anfang 2011 gibt die Regierung auf und lockert die Zensur. Auf den Blogger aber hat es die Staatssicherheit dennoch abgesehen und er bringt sich in Beirut in Sicherheit. Jetzt laufen bei ihm viele Fäden zusammen. Er bekommt Nachrichten von Bekannten und Unbekannten aus den verschiedenen Städten Syriens: Es gibt eine kleine Demo in Baniyas, in Damaskus versammeln sich Aktivisten in der Medizinischen Fakultät, in Deraa wird geschossen. Diese Nachrichten twittert Rami Nakhle dann in die Welt. Es geht nicht unbedingt darum, die Aktionen in Syrien zu koordinieren. Die Revolte in Syrien ist weitgehend offline: Weniger als ein Fünftel der Syrer haben überhaupt Zugang zum Internet und die Anschlüsse in Privathaushalten sind meistens langsam. Nur einige Tausend schnelle UMT S-Modems hat die syrische Regierung in den letzten Jahren auf den Markt gelassen und erst ab Anfang 2011 wurden |121| schnelle Internetanschlüsse für alle freigegeben. So müssen die meisten Syrer ins Internet-Café und dort schaut ihnen regelmäßig der Geheimdienst über die Schulter. Die Revolte in Syrien ist daher zum großen Teil traditionell organisiert: Man trifft sich, bespricht das Nötige und gibt den anderen Bescheid. Um ihre Videos ins Netz zu laden, benutzen die Aktivisten in Syrien ausländische Handys und zudem – so heißt es – gibt es Satellitenschüsseln, die von Exil-Oppositionsgruppen ins Land geschmuggelt wurden.
    Das, was Rami Nakhle macht, richtet sich vor allem an ausländische Medien: Die Regierung von Baschar al Assad hat gleich zu Anfang der Demonstrationen alle ausländischen Journalisten verbannt. Selbst Nachrichtenagenturen covern den Konflikt nur aus Beirut und Amman. Und was machen sie? Sie lesen Twitter und Facebook. Für den Aufstand in Syrien ist es wichtig, dass international berichtet wird. Nicht nur, um Europa und Amerika dazu zu ermuntern, Druck auszuüben. Es geht auch darum, der staatlichen Propaganda etwas entgegenzusetzen. Viele Syrer schauen BBC und
Al Dschasira
. Deswegen ist es wichtig, dass diese Sender darüber berichten, wie die syrischen Truppen auf die friedlichen Demonstranten schießen und wie die Demonstranten trotzdem weitermachen.
    Der Aufstand in Syrien beginnt in der kleinen Stadt Deraa ganz im Süden, da wo seit Jahren eine Dürre die Menschen ins Elend treibt. Am 6.   März werden hier mehrere Schuljungen verhaftet,

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