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Wir zwei sind Du und Ich

Wir zwei sind Du und Ich

Titel: Wir zwei sind Du und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Raufelder
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früher, als sie sich hier mit Ben vorgestellt hat, an einem exotischen Südseestrand zu liegen. Aber es funktioniert nicht, ihre Zähne klappern unkontrolliert. Traurig schaut sie auf die Spree. Ihr macht die Kälte nichts aus, denkt Ri. Sie fließt unaufhörlich weiter. Auf ihrer Oberfläche glitzern die Lichter der Stadt wie tanzende Sterne. Laut ratternd fährt ein hell erleuchteter Wagen der U1 über die Oberbaumbrücke.
    Ri hat Angst. Langsam wird ihr bewusst, was es bedeutet, kein Zuhause mehr zu haben. Allein zu sein. Kurz überlegt sie, ihre Mutter anzurufen, aber die Worte ihres Vaters, seine Vorwürfe und Androhungen drängen sich in ihr Bewusstsein und erlauben kein Zurück.
    Ri will nicht mehr feige sein, aber die Angst ist überall in ihr – eine unsichtbare Macht. So sitzt Ri auf dem gefrorenen Schnee und weint. Sie weint um Ben, um ihre verlorene Kindheit, um all das vergangene Glück.
    „Warum weinst du Prinzessin?“, fragt da auf einmal jemand hinter ihr.
    Ri dreht sich erschrocken um. „Ben!“
    Kein Traum, keine Erinnerung, mitten in den Dornensträuchern steht Ben und lächelt sie an. „Du erfrierst ja, Ri!“
    Aber Ri kann nicht antworten. Sie sitzt nur da und starrt Ben an. Sie kann es nicht glauben.
    Mit sicheren, festen Schritten tritt Ben neben sie und streckt ihr seine Hand entgegen, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Instinktiv greift sie nach Bens warmer Hand, die sie mit einem kräftigen Ruck hochzieht.
    Dann stehen sie sich gegenüber, nach so vielen Jahren, einfach so, hier auf der Insel.
    Ri versucht zu verstehen, was gerade passiert, aber da umschließen sie schon Bens Arme ganz fest.
    „Das wollte ich schon so lange tun“, flüstert Ben in Ris Ohr. Seine Stimme ist fremd und doch vertraut.
    Ri kann es immer noch nicht glauben. Das alles kommt ihr wie ein langer Traum vor, aus dem sie einfach nicht erwacht.
    „Bist du’s wirklich?“, fragt sie deshalb vorsichtig.
    Ben muss lachen, dasselbe Lachen wie einst. „Was denkst du denn?“
    Jetzt muss auch Ri lachen. Und so stehen die beiden mitten in der Nacht bei eisiger Dezemberkälte auf der Insel und halten sich aneinander fest, als könnten sie so all die verlorenen Jahre nachholen. Als wäre kein Tag vergangen, seit sie sich zum letzten Mal gesehen haben.
    „Woher wusstest du, dass ich hier bin?“, fragt Ri nach einer stillen Weile.
    „Ich wusste es nicht. Aber ich habe gehofft, dass du hier bist.“ Bens helle Augen lächeln.
    „Rick, der Türsteher vom Romeo, hat mir erzählt, dass ein Mädchen nach mir gefragt hat. Nach seiner Beschreibung konntest nur du das sein! Ich habe ihn angemotzt, weil er mir nicht gleich Bescheid gegeben hat und dann bin ich die Straßen abgefahren, bis mir die Insel eingefallen ist.“
    „Also kannte dich der Typ doch!“, grummelt Ri wütend. „So ein Arsch!“
    „Na, jetzt haben wir uns ja trotzdem gefunden“, lacht Ben versöhnend und legt Ri zärtlich den Arm um die Schultern.
    Das tut so gut.
    „Komm, jetzt lass uns erstmal von hier verschwinden, hier ist es ja schweinekalt!“
    „Hm“, murmelt Ri, die zum ersten Mal an diesem Tag die Kälte vergessen hatte. Vielleicht weil sie einfach nur glücklich war.
    Am Straßenrand wartet das rote Auto auf Ri und Ben. Als Ben seinen Schlüsselbund herausholt, die Beifahrertür aufschließt und Ri die Tür aufhält, fällt ihr sofort der Mondanhänger ins Auge. Dankbar lächelt sie ihn an.
    „Cooles Auto!“, sagt Ri anerkennend zu Ben, der neben ihr sitzt und den Motor startet.
    „Leider nicht meins“, antwortet Ben schulterzuckend. „Es gehört Micha, meinem Mitbewohner.“
    „Aber auf der Fahrertür sind doch Mond und Stern?“
    „Die sind natürlich von mir, Sternenkind!“ Ben lächelt. „Aber wann hast du die entdeckt?“
    Während Ben den Wagen durch die hell erleuchteten Straßen Berlins steuert, erzählt Ri vom Sound-In, wo sie ihn zum ersten Mal gesehen hat, von dem roten Auto und ihrer Suche.

Ein klärendes Gespräch
    Als Ben die Tür zu seinem Zimmer öffnet, schlägt Ri die gleiche Wärme und Gemütlichkeit entgegen, wie damals in der alten Wohnung in Kreuzberg. Überall liegen Plüschkissen wie aus 1001 Nacht. Nur Lola fehlt. Ihr Fußkettchen mit dem Glöckchen hängt stumm über dem goldenen Wandspiegel.
    Ben zieht Ri auf das rote Bett, wie in Kindertagen. Verstohlen betrachtet sie Bens Gesicht. Ihr Ben aus Kindertagen versteckt sich hinter hohen Wangenknochen und kantigen Zügen. Aber in seinem Lächeln entdeckt Ri

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