Wir zwei zu dritt (Junge Liebe) (German Edition)
wehmütig.
Er kam zu der Sofaecke und legte sich hin. Seinen Kopf bettete er dabei auf Francis’ Schoß. Die verstand sofort, worum es ging, doch sie blieb erstaunlich ruhig. „Dann musst du also weg?“
Ihr Bruder nickte. „Wenn ich euch nicht alle zurücklassen müsste, würde ich mich auf London freuen.“ Er biss sich auf die Unterlippe. Man konnte förmlich erahnen, wie ihm Bilder von Piccadilly Circus oder Big Ben vor den Augen herumtanzten. Manchmal vermisste er diese Stadt, wobei sie auch unheimlich viele negative Erinnerungen in ihm weckte.
Francis strich ihm sanft über das Gesicht, fast so, als hätte sie Mitleid.
„Wenn du erst mal dort bist, geht alles sicher schnell vorbei. Und denk an deine Karriere...“
Neal atmete geräuschvoll aus. Die Worte seiner Schwester trösteten nicht wirklich. Und er schreckte regelrecht zusammen, als Francis weiter nachfragte:
„Was sagt denn Gero dazu?“
Ihr Bruder schwieg.
„Weiß er es etwa immer noch nicht?“ Neals Schwester machte ein betroffenes Gesicht.
„Ich kann es ihm noch nicht sagen“, erwiderte Neal mit Nachdruck. „Er ist gerade erst umgezogen. Das war Aufregung genug. Wenn ich ihm jetzt noch erzähle, dass ich nach London muss ...“ Er schüttelte den Kopf. „Das geht nicht.“
Francis verzog die Mundwinkel. „Du hast auch immer wieder eine neue Ausrede.“
„Das ist keine Ausrede!“ Neal verteidigte sich sofort. „Es ist nur so verdammt schwer - auch für mich.“ Er machte eine Pause und versuchte dann, sich selbst gut zuzureden. „Na ja, etwas Zeit bleibt mir ja noch.“
„Fühlt er sich denn inzwischen schon wohl in der WG?“
Neal bejahte. „Es ist zwar noch ungewohnt für ihn, ohne seine Eltern, aber ich habe das ja auch in die Wege geleitet, damit er von zu Hause weg und unter Leute kommt. Er muss selbstständig werden - verstehst du? Wenn ich in London bin, muss jemand für ihn da sein ...“
Francis schwante es. „Verstehe. Ich habe mich schon gewundert, warum er nicht gleich bei dir eingezogen ist.“
Neal wehrte ab. „Dann wäre er ja auch alleine, wenn ich weg bin. Das geht einfach nicht.“
Francis griff in eine Schale voller Erdnüsse. Ein paar steckte sie Neal in den Mund.
„Mir wird es auch nicht leicht fallen, wenn du weg bist. Ich darf gar nicht dran denken.“ Traurig senkte sie ihr Gesicht.
„Mach es mir nicht noch schwerer.“ Neals Worte klangen harsch, und gleichzeitig wusste er, dass er von seiner Schwester viel abverlangte. „Momentan möchte ich auch gar nicht mehr darüber reden.“ Er drehte seinen Kopf zur Seite. „Gibt es nicht etwas Nettes im Fernsehen?“
Francis fütterte ihn weiter mit Erdnüssen, während sie nach der Fernsehzeitung griff.
„Gleich gibt es noch einen Psychothriller.“
Neal nickte. „Ist mir recht. Hauptsache - abschalten!“
Da klingelte es an der Tür.
„Wer ist das denn noch so spät?“ Francis richtete sich verwundert auf. Neal kam ihr zuvor und erhob sich genervt von dem Sofa. „Ich mach auf!“
Er staunte nicht schlecht, als er öffnete, und Gero vor der Tür stand.
„Wieso schläfst du nicht? Ich denke, du hast morgen Frühschicht?“
Sein Freund machte ein zerknirschtes Gesicht. „Tut mir leid, dass ich störe ...“
„Und warum klingelst du?“, hakte Neal weiter nach, „du hast doch einen Schlüssel.“
Gero ließ die Schultern hängen. Er sah wirklich unzufrieden aus. „Ich wollte nicht einfach so hereinplatzen ...“
„Was ist los?“, erkundigte sich Neal nun direkt. Dass Gero so spät am Abend noch vorbeikommen würde, damit hätte er am wenigsten gerechnet.
„Ich kann nicht schlafen“, gestand dieser wehleidig. „Ich fühle mich einsam, ohne dich.“
Er stand da und sah Neal mit großen Augen an. „Ich weiß, du wolltest den Abend mit Francis verbringen, aber ... kannst du nicht lieber bei mir schlafen?“
Neal strich ihm über die Wange.
„Ist gut, Kleiner. Ich komme zu dir. Geh schon mal zurück ins Bett. Ich komme gleich nach.“
„Das ist lieb von dir.“ Gero atmete erleichtert auf, ging dann in seine Wohnung zurück. Neal schloss die Tür. Kopfschüttelnd trat er seiner Schwester gegenüber.
„Es geht schon los. Gero kann nicht ohne mich schlafen.“ Er biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. „Ich fass das nicht.“
Doch seine Schwester hatte sofort ein Argument parat. „Sicher ist es noch so ungewohnt für ihn in der WG. Es wird sich schon wieder geben.“
Neal zuckte mit den Schultern.
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